Frau Colatrella, ein Prämienschock jagt den nächsten. Hört denn das nie auf?
Derzeit ist hier leider kein Ende abzusehen. Die Kosten im Gesundheitswesen steigen und steigen, und folglich steigen auch die Prämien.

Wieso eigentlich?
Es gibt viele Gründe: die Demografie, der medizinische Fortschritt und die Mengenausweitung. Und natürlich gibt es im Gesundheitswesen sehr viele Ineffizienzen und Fehlanreize.

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Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
Ja, der Tarmed, der Ärztetarif für die Abgeltung ambulanter Leistungen in Praxen und Spitälern. Das heutige System ist absurd: Je mehr Behandlungen ein Arzt macht, je mehr Abklärungen er trifft, desto mehr verdient er.

Die Krankenkassen könnten ja einen besseren Tarifvertrag aushandeln.
Die Verhandlungen für die Tarmed-Revision sind leider gescheitert, trotz Nachfrist bis zum 31. Oktober. Jetzt kann Bundesrat Alain Berset aktiv werden. Wir werden ihm Vorschläge unterbreiten. Er hat es nun in der Hand, den Tarmed zu korrigieren.

Wie bitte? Sie geben auf?
Nein, wir haben bei der CSS den Kostenanstieg als Kernthema definiert. Aber oft sind uns die Hände gebunden. So können wir etwa die Zusammenarbeit mit Ärzten und Spitälern, die schlechte Qualität liefern, nicht beenden und müssen deren Rechnungen begleichen. Wir können aufgrund des gesetzlich vorgeschriebenen Vertragszwangs nicht einmal drohen, dass wir den Vertrag mit ihnen nicht weiterführen werden, wenn es nicht bessert. Es ist zudem wirklich schade, dass die Bevölkerung die «Managed Care»-Vorlage im Juni 2012 versenkt hat. Diese wäre hilfreich gewesen im Kampf gegen den Kostenanstieg.

Nebst den Ärzten: Sehen Sie noch andere Kostentreiber im Gesundheitswesen?
Ja, die Pharma. Die Medikamentenpreise sind noch immer zu hoch. Diese müssten vom Staat jährlich statt nur alle drei Jahre überprüft werden. Das würde allein bei der CSS Kosteneinsparungen von 15 Millionen Franken pro Jahr bringen. Und auch die Kantone stehen in der Pflicht. Sie sollten die Spitaldichte reduzieren, statt diese zu zementieren. Derzeit investieren sie nicht weniger als 20 Milliarden Franken in ihre Spitäler. Das werden wir alle über Steuern und Prämien bezahlen müssen.

 

Philomena
 Colatrella (48) führt seit September die CSS-Gruppe, mit 1,31 Millionen Kunden die Nummer eins in der Grundversicherung. Zuvor war die Juristin stellvertretende CEO und Generalsekretärin.