Man sieht ihm die Verwandtschaft sofort an. Sein Lächeln, sein Charme, seine ganze Erscheinung: Der grosse Sänger und Entertainer der 60er und 70er Jahre, Vico Torriani, ist sein Grossonkel. Jonathan Stent-Torriani hat die Weltgewandtheit und die sympathische Offenheit des Stars geerbt. Kein Wunder, seine Familie ist seit Generationen in der Hotellerie tätig, und die Qualitäten eines Gastgebers und diejenigen eines Entertainers liegen ja irgendwie in denselben Genen. Einzig singen kann er nicht. «Im Singen versuche ich mich nur, wenn ich alleine bin», lacht er, «vielleicht am ehesten unter der Dusche.»

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Ansonsten ist Jonathan Stent-Torriani zweifellos ein Spross einer grossen Familie. Der Vater, Marco Torriani, führt noch heute das «Mandarin Oriental du Rhône» in Genf, er ist der Sohn des legendären Eishockeyspielers Bibi Torriani, war lange Jahre Präsident des FC Servette Genf und hat den Klub von der dritten Liga bis zur Nationalliga geführt.

Jonathan selbst hat die typische Kindheit eines international tätigen Hoteliers erlebt: Immer auf Achse, mehr oder weniger im Luxus. «Das hatte den Vorteil, dass wir jederzeit Room-Service hatten», erinnert er sich, «und den Nachteil, dass wir nicht mit Jeans in die Hotel-Lobby durften.» Das Leben in einer solchen Familie prägt. «Wir lebten in Afrika, Kanada, den USA, in Deutschland und der Schweiz», und weil ein solches Leben es schwierig machte, Freundschaften zu schliessen oder Kinderbanden anzugehören, konzentrierten sich alle in der Familie mehr auf die Familie selber. «Wir waren zu fünft», erinnert er sich, «vier Brüder und eine Schwester, durch dick und dünn», und alle haben sie eine internationale Karriere gemacht. Der eine Bruder ist heute bei der «Air Canada», der andere führt das Event-Marketing für MCI in Genf, der Dritte ist Investmentbanker in Monaco, und die Schwester studierte anfangs Medizin, besann sich dann aber auf die Talente von Grossonkel Vico und singt heute auf den Opernbühnen der Welt.

Üben, üben, üben

«Familie und Freunde bleiben immer das Wichtigste für mich», sagt Stent-Torriani. «Sie sind der andere Teil der Balance. Ich freue mich jeweils, wenn ich beruflichen Erfolg erreiche, aber wirklich glücklich bin ich, wenn ich eine meiner drei Töchter auf dem Arm habe.» Stent-Torriani lebt, zumindest am Wochenende, mit seiner Familie in der Genfer Region, mit Schwiegermutter und Grossmutter in unmittelbarer Nähe. Viel Weiblichkeit für einen Mann. «Freunde sagen, dass ich deswegen so viel weg bin und in der Welt herumreise», lacht er, «aber die Aufgaben, die der Beruf mit sich bringt, verlangen vollen Einsatz, deshalb bin ich mehr von zuhause weg, als mir lieb ist.»

Das Meiste, was Jonathan Stent-Torriani für seine Karriere gebraucht hat, hat er von den Eltern bekommen: Die besten Schulen und Universitäten und die Haltung, die Einstellung zur Leistung, die Lebensphilosophie. «Wir haben immer darauf geachtet, dass viel Sport getrieben wird», erzählt er, «Eishockey, Tennis, Golf, Ski, denn die Gesetze des Sports gelten überall: Streng, aber fair sein, üben, üben, üben, Fehler akzeptieren, aber sofort probieren, es besser zu machen. Um sich zu verbessern, um zu gewinnen, muss eine klare Strategie erstellt werden, man muss im Team spielen. Du kannst Freude haben an einem guten Ergebnis, aber du sollst nie zufrieden sein, denn sonst sitzt du da, lehnst dich zurück, und es besteht die Gefahr, dass du am andern Tag mit Schrecken feststellst, dass deine Konkurrenz inzwischen nicht geschlafen hat.»

Diese Maximen gibt Stent-Torriani an seine Leute weiter, aber auch an seine Kinder. «Ich sage immer: Was immer du machst, mach das Beste, was du kannst. Hör gut zu, nimm Ratschläge an, arbeite hart und lerne von deinesgleichen und Mitbewerbern und aus deinen Fehlern.»

«Wissen wir, wie glücklichwir sind?»

Es ist diese Arbeits-Ethik, die Jonathan Stent-Torrianis Karriere auszeichnet. Schon während des Studiums hat er nebenbei gearbeitet. Meist aus finanziellen Gründen, aber auch weil es ihn schon früh in interessante Jobs gezogen hat. «Natürlich habe ich dadurch einen Teil des Studiums verpasst», sagt er, «zumindest den Teil mit den Partys und dem Kater am andern Morgen, aber ich habe dafür früh mein Zeitmanagement in den Griff bekommen, habe in interessante Jobs reingesehen, habe grossartige Persönlichkeiten aus allen Schichten kennen gelernt, und als das Studium fertig war, hatte ich bereits ein funktionierendes Netzwerk und einige Erfahrung.»

Heute, mit bald 40 Jahren, hat Jonathan Stent-Torriani schon viel gesehen von dieser Welt, hat in Buenos Aires, Santiago de Chile, Südafrika, Australien gearbeitet, «und immer wenn ich nach Genf zurückkomme, stelle ich mir die Frage, ob wir Schweizer denn wissen, wie glücklich wir sind. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten in einem Unternehmen und 25% Ihrer jugendlichen Belegschaft haben Aids. Solchen Problemen begegnet man, wenn man in Afrika arbeitet!»

Angefangen hat Stent-Torriani seine Karriere bei Ritz Carlton in Montreal. Als Kellner, Tellerwäscher, Mann hinter dem Buffet. Noch heute, wenn er als CEO der Compass Group eine seiner Divisionen besucht, erlaubt er sich, das Unternehmen und den Job von unten anzusehen. «Ich stelle mich schon mal in die Reihe der Frontleute, arbeite als Stagiaire mit ihnen für einen oder zwei Tage, frage sie, was sie verändern würden, wenn das Unternehmen ihnen gehören würde. Das bringt oft überraschend einfache Lösungen.» Im Laufe seiner Karriere hat er einmal einen Abstecher ins Consulting gemacht, aber nur Ratschläge erteilen, das war nichts für ihn. «Mir fehlte das Klappern des Geschirrs, die Verantwortung der direkten Umsetzung.»

Einen grossen Teil seiner Sporen hat er sich bei Gate Gourmet abverdient, zuerst in der Division «Dishwashing & Stores» in Genf, wie es sich gehört, und am Ende als Präsident Division Europa. Den Wechsel zur Compass Group vollzog er im Januar dieses Jahres. «Ich habe hier ein grundsätzlich gesundes Unternehmen angetroffen», sagt er. «Die Herausforderung besteht für einmal nicht nur darin, zu restrukturieren, Kosten zu senken, die Löhne zu kürzen und die Verluste in schwarze Zahlen umzuwandeln. Wir sind gefordert, den Wandel der Märkte vorweg zu spüren und uns darauf einzurichten, was die Kunden und Auftraggeber morgen an innovativen Ideen verlangen und es als Erste anzubieten.» Viel Potenzial sieht er darin, die Strukturen auf Vereinfachungsmöglichkeiten zu durchforsten und mit den Mitarbeitenden zusammen neue Ideen zu entwickeln.

Crashkurs in Spanisch

Bei so viel Engagement in der Karriere braucht es besondere Anstrengungen, neben der eigenen Familie auch noch etwas für sich selber, für das eigene Seelenleben zu tun. Jonathan Stent-Torriani hat da zwei Leidenschaften. Zum einen ist es die Welt des Zirkus, in die er sich von seinen Töchtern gerne entführen lässt, dann die Besuche der Opernhäuser dieser Welt, in denen seine Schwester auftritt. Und ganz nebenbei hat er sich eine dritte Leidenschaft angelacht. Als er im Laufe seiner Karriere einen Job in Santiago de Chile annahm, sprach er bis dahin noch kein Wort Spanisch. Stent-Torriani besuchte einen Crashkurs in Spanisch und entdeckte seine Leidenschaft für südamerikanische Literatur. «Borges, Paz, Fuentes, Gabriel Márquez einfach grossartige Literatur.» Und wenn er dann wirklich mal Zeit hat für sich, dann verbringt er sie einfach zuhause bei seiner Frau und den Kindern.



300 Betriebe in der Schweiz: Steckbrief

Name: Jonathan Edward Stent-Torriani

Funktion: Chairman Compass Group Schweiz

Geboren: 12. Oktober 1965

Wohnort: Genf, Wochenaufenthalter in Kloten

Familie: Verheiratet, drei Töchter

Karriere

1997 Nuance Australasia, CEO

1999 Gate Gourmet, Zürich, President Division Europe

2005 Compass Group Schweiz, Chairman und CEO, und Compass Group Zone Director Europe

Firma: Compass Group (Schweiz) AG

Sie gehört zur englischen Compass Group PLC, die mit weltweit über 400000 Beschäftigten einer der marktführenden Anbieter im Bereich Gastronomie in über 90 Ländern ist. Im Jahr 2002 realisierte die Gruppe einen Umsatz von über 24 Mrd Fr. Die Compass Group (Schweiz) AG deckt mit 300 Betrieben in der ganzen Schweiz eine Vielzahl von kulinarischen Bedürfnissen ab. Die 135 Gastrobetriebe der Westschweiz werden von Bursins aus betreut, die 165 Restaurants der Deutschschweiz vom Hauptsitz in Kloten.