Führungskräfte neigen dazu, in der Hierarchie aufzusteigen bis zur Stufe der eigenen Unfähigkeit. So will es das Peter-Prinzip, beschrieben im Klassiker von Peter und Hull. Damit diese Situation nicht vor der Pensionierung eintritt, ist Initiative gefragt: Lebenslanges Lernen und beständiges Arbeiten an der eigenen Person.
Doch was gibt es zu lernen, wenn man an der Spitze der Pyramide steht? «Unsere oberste Managementebene ist bereits durch erstklassige Ausbildungsinstitute gegangen», bestätigt Frank Waltmann, Head Corporate Learning bei Novartis. Weiterbildung konzentriert sich beim Pharmakonzern deshalb auf Inhalte mit hoher Relevanz für das Unternehmen.
Die UBS betraut eine spezielle Abteilung mit der Gestaltung von Massnahmen für das Top-Management. Dessen Lernverhalten soll anderen Führungskräften Vorbild sein. «Obere und oberste Kader setzen ein prägendes Zeichen für die Lernkultur im Unternehmen. Erfahrung und Expertise entstehen ja gerade in einem Prozess kontinuierlichen Lernens», begründet Gabriela Payer Fruithof, Leiterin Education & Development UBS Wealth Management und Business Banking.
Ähnlich klingt es bei ABB: «Ausbildung über alle Stufen, auch für hohe Kaderfunktionen ist ein zentrales Thema», betont Beat Knechtli, Knowledge Manager in Baden.
Zeit ist Mangelware
Zeit ist stets Mangelware bei Top-Kadern, darum achten Unternehmen auf höchste Wirksamkeit. Unabdingbar ist die enge Verzahnung von Weiterbildung und Firmenstrategie.
So prüft z. B. Novartis mit Interviews bei Führungskräften, welche Inhalte für die Entwicklung des Unternehmens relevant sind. Renommierte Business Schools wie INSEAD, Harvard, IMD oder das MIT packen die so identifizierten Themen in massgeschneiderte Fallstudien und Seminare.
Auch für die UBS steht Praxisbezug im Vordergrund. In Top-Seminaren treten Geschäftsleitungsmitglieder oder der CEO persönlich auf, um mit Teilnehmenden aktuelle Herausforderungen zu diskutieren.
Bei ABB legt man ebenfalls Wert auf massgeschneiderte Qualität. «Die meisten Angebote entstehen unter Beizug von «best practices» in Form von externen Anbietern oder aufgrund von Erfahrungen unserer HR Development Experten», so Beat Knechtli.
Optimale Performance des Unternehmens ist ein Kernthema für obere Kader. Schliesslich hängt an der wirtschaftlichen Ertragskraft die Zukunft der Firma und das Salär des Managements. Damit die Zahlen stimmen, müssen Mitarbeitende entsprechende Leistung bringen. Themen rund um die Personalführung zählen daher zu den Rennern in der Weiterbildung für die obersten Kader.
Gefragte Führungsthemen
«Wir haben eine starke Nachfrage nach dem Thema «Wirksame Führung» bzw. «Managerial Effectiveness» sowohl bei öffentlichen als auch bei internen Seminaren», bestätigt Peter Stadelmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung Management Education & Development am Malik Management Zentrum St. Gallen (MZSG).
Bei der UBS haben Führungsthemen ebenfalls oberste Priorität. Mit Programmen zur Leadership-Entwicklung soll die bisherige transaktions- und kostenorientierte Kultur stärker auf den Markt ausgerichtet werden. «Das heisst, mittels Leadership die Wertvorstellungen des Einzelnen zu beeinflussen und damit über interne Führung und Kommunikation das Verhalten gegenüber dem Kunden zu prägen», kommentiert Gabriela Payer Fruithof. Von Top-Managern wird erwartet, dass sie erwünschte Verhaltensweisen glaubwürdig vorleben und in Zeiten rasanter Veränderungen Orientierung bieten.
Aber woran orientiert sich die Führungsspitze? Sparringspartner finden sich für Mitglieder der Chef-Etage am ehesten unter Gleichgestellten. Der Erfahrungsaustausch ist für Top-Manager eine intensiv genutzte Art des Lernens. ABB veranstaltet z.B. für obere Kader ein Executive-Forum, ein Leadership Challenge Programm in Seminarform und das Programm DRIVE, ein Grossgruppenkonzept zur Umsetzung strategischer Schwerpunkte.
Wie ABB betreiben die meisten grossen Unternehmen ähnliche Leadership- oder Executive-Foren. Sie finden regelmässig und meist in den attraktiven firmeneigenen Weiterbildungszentren statt.
Gern genutzt wird auch der Austausch in so genannten «Peer Groups». Hier treffen Kader auf Führungskräfte mit ähnlichem Erfahrungshorizont. Das Vertrauensklima im geschlossenen Kreis erlaubt es, Probleme offen zu legen und für Knacknüsse aus dem eigenen Berufsalltag von den Erfahrungen der anderen zu profitieren.
Eine innovative Methode, um das Wissen Gleichgestellter in strukturierter Form nutzbar zu machen, ist die «Syntegration».
Das Verfahren scheint genau die Pluspunkte zu bieten, die Wissensaufbau für oberste Kader attraktiv macht: Ausrichtung an der Unternehmensstrategie, effiziente Nutzung der knappen Zeit und Lernen im Rahmen persönlicher Begegnungen.
Während beim unteren und mittleren Management der Trend zu elektronischen, standardisierten und darum kostengünstigen Weiterbildungsangeboten anhält, sind Seminare aus der Schublade oder e-Learning für das Top-Management kein Thema. Allenfalls für die Selbstbewertung der eigenen Arbeitssituation kommen elektronische Instrumente zum Einsatz. So entwickelt Novartis derzeit mit der Universität Bern ein «Self Assessment Tool» zur Erhebung von Stress und Burn-out-Symptomen.
Ganz oben herrscht offensichtlich auch weniger Kostendruck. Das MZSG bietet Kader-Seminare zu Tagessätzen ab 4000 Fr. an. Zu konkreten Zahlen, wie viel sie für die Weiterbildung ihres Top-Managements ausgeben, hüllen sich die Vertreter der befragten Unternehmen jedoch in Schweigen.
Einig ist man sich aber in der Einschätzung, dass Unternehmensentwicklung vor allem durch Kompetenzentwicklung erreicht wird. Darum gilt Weiterbildung für das Top-Management als wichtige und lohnende Investition in die Zukunft auch in wirtschaftlich schlechteren Zeiten.
Syntegration: Maximierter Austausch von Wissen
Das Verfahren eignet sich gut, eine Vielzahl von Personen mit unterschiedlichem Wissen auch hierarchieübergreifend - auf eine Fragestellung zu fokussieren.
In der Schweiz haben u.a. Rieter, Migros und UBS die Methode eingesetzt. Sie soll für die Planung strategischer Neuausrichtungen ebenso taugen wie für die Bewältigung von Fusionen oder den Anstoss von Veränderungsprozessen. Die ein- bis dreitägige Veranstaltung für bis zu 40 Personen kostet mit Moderation zwischen 25000 und 90000 Fr. (gv)
www.malik-mzsg.ch