Der Sonnenuntergang zum 1. August zog sogar die Bergführer vor die Hütte. Auf 4554 Metern über Meer herrschte Windstille rund um das Refugio Margherita. Höher liegt keine Hütte in den Alpen und keine bietet einen besseren Ausblick bei so optimalen Bedingungen. Für gewöhnlich herrschen Wind, Sturm und Schneefall auf der Signalkuppe.
Hart sind auch die Bedingungen im Geschäft mit den Gästen, die die Bergführer als Höhepunkt einer Monte-Rosa-Tour über die Margherita führen. Die sogenannte Spaghettitour soll hier als Beispiel für den Kampf um Kunden und Deckungsbeitrag dienen. In Bergsteigerkreisen ist die Tour vom Kleinen Matterhorn über die Margherita zur Monte-Rosa-Hütte und zurück nach Zermatt ein Klassiker. Bei optimalen Bedingungen liegen in fünf Tagen elf und mehr 4000er drin.
Die Hütten auf der Spaghettitour waren in der Woche des 1. Augustes ausgebucht. Teilweise musste Bergsteiger im Esssaal schlafen. Zu Hunderten wimmelte es zwischen Pollux und Zumsteinspitze von Bergsteigern aus aller Welt. (siehe Bildergalerie)
Zu einem grossen Teil waren es auch Gäste von Schweizer Bergsportschulen. Anbieter aus der Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien buhlen mit unterschiedlichen Angeboten um die Kunden. Trotz Euro-Krise boomen Outdoor-Sportarten. In der Schweiz schiessen Bergsportschulen und Anbieter von Outdoor-Sport-Aktivitäten wie Pilze aus dem Boden.
Grosser Konkurrenzdruck
Wer sich in der Szene umhört, stellt schnell fest: Es herrscht ein Preiskampf auf Blankeis, zu dem auch Angebote aus dem Ausland beitragen. Die Bandbreite der Preise für eine leichte Monte-Rosa-Tour bewegt sich zwischen 1265 und 1980 Franken. Handelszeitung.ch hat die sieben Bergsportschulen auf die Angebote untersucht und dabei festgestellt, dass sich Schwierigkeitsgrad, die Teilnehmerzahlen und auch Übernachtungspauschalen stark unterscheiden.
Von den sieben Bergsportschulen bieten vier die wenig schwierige Variante ohne die Überschreitung der Schlüsselstellen an Castor und Naso an. Dabei geben sie dem Bergführer maximal fünf Personen mit ans Seil. Hier ist die Preisspanne von 1265 bis 1595 Franken mit 330 Franken recht gross. Bei der Variante mit den Schlüsselstellen und den höheren Ansprüchen an die Gäste liegt die Differenz bei 430 Franken. Wobei der teuerste Anbieter nur zwei Personen pro Bergführer zulässt.
Genau hinschauen
Christian Frischknecht, Bereichsleiter Bergsport und Jugend beim Schweizer Alpenclub SAC, sagt: «Allgemein sind die Angebote genau zu studieren.» Die Leistungen können Stark voneinander abweichen und vor allem bei Angeboten aus dem Ausland sollte drauf geachtet werden, ob die Übernachtungskosten nicht noch extra zu Buche schlagen. In der Schweiz entpuppt sich eine Preisdifferenz beim genauen Hinschauen als oftmals zusätzliche Hotelnacht.
Doch auch Schweizer Anbieter haben ihre Tricks, um die Touren zu optimieren. «Um den Deckungsbeitrag einer Tour zu erhöhen, kann es vorkommen, dass gewisse Anbieter Bergführer aus dem Ausland engagieren.» Diesen wird dann nicht den vom Schweizer Bergführerverband angesetzten Tagessatz von 645 Franken bezahlt.
Auch mit der Anzahl der Teilnehmer kann eine Tour für den Anbieter lukrativer werden. So wurden in der Woche vom ersten August Gruppen mit einem Bergführer und sechs Teilnehmern an exponierten Stellen beobachtet (siehe Bildergalerie). Dazu sagt der SAC-Mann Christian Frischknet: «Auf einem schmalen Firngrat mit sechs Leuten am Seil wird es gefährlich.»
Verlockung gross
Die Verlockung, eine Tour, die nur als Höhepunktpunkt schwierige Stellen zu passieren hat, mit mehr Gästen laufen zu lassen als vorgesehen ist sicher gross. Dass dies aber vorsätzlich so gehanhabt wird, glaubt der Beobachter vom SAC nicht. «Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass bei den Anbietern die Zahl der Teilnehmer pro Bergführer vernünftig gehandhabt wird.»
Im Grundsatz gilt laut Christian Frischknecht: «Je schwieriger die Tour ausgestaltet ist, umso weniger Bergsteiger sollten eine Seilschaft bilden. Dies wirkt sich dann auf den Preis aus.»
«Am Schluss wird im Gelände entschieden»
Die Monte-Rosa-Tour mit der Überschreitung von Castor und Naso bieten vier Anbieter mit einer Obergrenze von drei Teilnehmern an, eine Bergsportschule mit maximal vier Bergsteigern am Seil. Laut Fachleuten sind auf dieser Route drei Gäste pro Bergführer problemlos.
Christian Frischknecht ist vor allem eines wichtig: «Am Schluss muss der Bergführer im Gelände entscheiden was mit einer Gruppe möglich ist und was nicht.» Denn neben dem Preis spielt die Gruppengrösse zusammen mit den Anforderungen einer Tour einen wichtigen Sicherheitsfaktor.
Vergleich der Angebote für die ungefähr gleiche Leistung:
Bergschule Touren-Typ Teilnehmer Peris Dauer
Berie.ch Schwierig max. 3 1550 5 Tage Schaffhausen 11 x 4000
Alpinschule Tödi Schwierig max. 4 1630 5 Tage Kaltbrun 9 x 4000
Berg & Tal Schwierig max. 3 1785 6 Tage Root-Luzern 11 x 4000
Bergschule Uri Schwirig max. 3 1825 6 Tage Andermatt 11 x 4000
Bergfalke Schwierig max. 2 1980 5 Tage Thun 9 x 4000
Berg & Tal Mittel max. 5 1265 5 Tage Root-Luzern 5 x 4000 (ohne Castor / Naso)
Höhenfieber Mittel max. 5 1285 5 Tage Root 5 x 4000 (ohne C/N)
Bergpunkt Leicht/Mittel max. 5 1340 5 Tage Worb 2 x 4000 (ohne C/N)
Bergschule Uri Mittel max. 4 1595 5 Tage Andermatt 6 x 4000 (ohne C/N)