Die Thurgauer Kantonalbank hat ihre Anteile an der Nationalbank verkauft, der Kanton Obwalden ebenfalls. Zahlreiche andere Kantonalbanken haben Anteile abgestossen. «Na und?», könnte man fragen. Die Schweizer Geldpolitik ist sicher, eine feindliche Übernahme der Nationalbank durch die Europäische Zentralbank ist ebenfalls nicht möglich. Viel Lärm um nichts also?

Nein, denn die Tatsache, dass die Kantone sich direkt oder indirekt aus der Nationalbank zurückziehen, hat eine politische Note. Und es ist höchst fragwürdig, denn einerseits sind die Kantone die grössten Profiteure von Nationalbankgewinnen. Anderseits haben sie einst lange darum gestritten, dass sie es sind, die die Nationalbank kontrollieren. Und nicht etwa die Eidgenossenschaft.

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Der finanzielle Zusammenhang ist offensichtlich. Nehmen wir den Kanton Thurgau: Sein Anteil an der Nationalbank – direkt und indirekt – dürfte im Verlauf der Geschichte maximal 2 Prozent betragen haben. Zum aktuellen Börsenwert wären diese Aktien etwas mehr als 10 Millionen Franken wert. Dem steht jedoch eine jährliche Ausschüttung von mehr als 40 Millionen Franken aus den SNB-Gewinnen gegenüber. Der grösste Teil der Gewinnausschüttung ist gesetzlich den Kantonen vorbehalten. 

Das Medium «Top Online» hat einmal ausgerechnet, dass kein Kanton einen so grossen Teil seiner Finanzen über SNB-Gelder finanzieren kann wie der Thurgau. SNB-Gelder kassieren, aber gleichzeitig Aktien verkaufen? Juristisch ist das heute kein Problem. Moralisch dagegen schon.

Die Kantone wollten einst die Macht.
Dann sollen sie diese auch ausüben

Nicht minder relevant ist der historische Zusammenhang. Die Kantone sind nicht einfach irgendwelche Aktionäre der SNB. Sie bilden ihre staatliche Trägerschaft. Die einzige. Die Kantone waren gegen eine Bundesbank im Besitz der Eidgenossenschaft, weil sie diese als Konkurrentin ihrer eigenen Banken sahen. Nachdem eine solche vom Volk in einer Abstimmung abgelehnt worden war, hat man das heute noch geltende Konstrukt einer Notenbank unter kantonaler Kontrolle geschaffen. Die NZZ schrieb 1905 klar, zu wessen Gunsten das war: «Es waltet im Gesetzesentwurf eine väterliche Fürsorge für die Interessen der Kantone und Kantonalbanken.»

Selbstverständlich könnte man das nach über hundert Jahren ändern und die Kantone aus der Pflicht nehmen. Der Bund könnte die Aktionäre auszahlen und eine staatliche Notenbank schaffen. Ein solcher Prozess müsste aber politisch gelenkt sein und darf nicht aus dem Missmut einzelner Kantonalbänkler heraus geschehen, die sich von der Nationalbank zu sehr gegängelt fühlen. 

Wenn Kantonsregierungen ihre Banken anweisen müssen, Verkaufsorder nachträglich zu korrigieren – wie im Fall der Basler Kantonalbank –, so spricht das von mangelndem Polit- und Geschichtsbewusstsein in den jeweiligen Instituten. Gerade von staatlichen Banken mit ihren Privilegien sollte man da eigentlich mehr erwarten können.