Katar startet den Angriff zur Eroberung des Weltsports von Genf aus. Gleich gegenüber einem Einkaufszentrum, in einem Bürogebäude mit Glasfassade, liegt der Sitz einer Gesellschaft namens «Pilatus Sports Management». Was sehr schweizerisch klingt, ist es in Wirklichkeit nicht. Pilatus gehört dem katarischen Fonds Qatar Sports Investments, einer Art Untergruppe des Staatsfonds vom Golf. Vor sechs Jahren gegründet, hat Pilatus die Marke Burrda Sport ins Leben gerufen. Burrda Sport sieht sich als Konkurrent globaler Marken wie Nike, Adidas oder Puma.
Angesichts versiegender Ölquellen versucht Katar, sich neue Standbeine aufzubauen. Neben Tourismus und Bildung soll Sport der dritte Pfeiler der Monarchie werden. Auf der katarischen Halbinsel finden bereits zahlreiche Events statt. Mit dem Zuschlag zur Austragung der Fussball-WM 2022 hat das Emirat einen Prestigeerfolg verbuchen können und sich auf die Weltbühne katapultiert.
Katar und die «Roten Teufel»
Jetzt soll von Genf aus mit der Marke Burrda zusätzlich der Markt der Sportartikelhersteller erobert werden. Und auch hier steht der erste grosse Erfolg bevor. Er ist nur noch ein Pünktchen entfernt, Belgien sei Dank.
Die «roten Teufel», wie Belgiens Fussball-Nationalmannschaft genannt wird, sind gegenwärtig auf Platz 6 der Fussballweltrangliste. Sollten sie in den zwei verbleibenden Spielen zur WM-Qualifikation noch einen einzigen Punkt holen, hätte sich Burrda dank der WM mindestens viereinhalb Stunden globaler Fernsehpräsenz gesichert. Denn das Firmenlogo ist auf den belgischen Trikots prominent zwischen Verbandswappen und Spielernummer platziert.
Schweizer Entwicklungshilfe
Es wäre ein früher Höhepunkt in der noch jungen Geschichte von Burrda, deren Planung erst 2006 begonnen hat. Mit Hilfe von Marken- und Marketingexperten aus Deutschland und der Schweiz, darunter dem inzwischen verstorbenen Jörg Zintzmeyer, beschloss das Emirat damals, einen neuen Sportbrand zu kreieren. Ausdrückliche Zielsetzung war eine «Sportmarke auf dem Niveau von Adidas oder Nike», sagt einer, der dabei war.
Unter Federführung der Markenentwickler aus Europa wurden 200 Namen getestet, drei kamen in die engere Auswahl, Favorit der Experten war «FreeeGo». Doch Scheich Jassam Al-Thani, Sohn des damaligen Emirs von Katar und Bruder des heutigen Machthabers, legte sein Veto ein. Er wollte, dass die Marke in Anlehnung an «Burdah» – ein Umhang des muslimischen Propheten Mohammed – Burrda genannt werde. Der Scheich und Geldgeber setzte sich gegen die Experten durch. Das heutige Logo stellt entsprechend ein Tuch des Propheten dar, das im Wind flattert.
Um Katar als eigentliches Ursprungsland der neuen Marke zu kaschieren, wurde in Genf die Gesellschaft Pilatus Sports Management gegründet. Burrda als Schweizer Label sollte es den Katari einfacher machen, ihre Sportartikel in Länder wie den Iran zu exportieren, die im Streit mit Katar standen.
Von Puma abgeworben
Wie viel Burrda heute umsetzt, ist nicht bekannt. Ebenso wenig, ob Gewinn geschrieben wird. Niemand wollte Fragen beantworten – weder am Sitz in Katars Hauptstadt Doha noch im Europabüro in Paris. Die Zweifel an einem Erfolg der katarischen Marke halten sich indes hartnäckig. So munkelt man im Markt, es sei pures Glück gewesen, dass Burrda Belgiens Nationalmannschaft für sich gewinnen konnte. Ein langjähriger Berater von Puma sagt: «Eigentlich wollte Belgien uns als Ausrüster haben. Doch wir hatten schon genug Mannschaften unter Vertrag und sagten ab.»
Mit Tunesien hat eine zweite Mannschaft in Burrda-Trikots ebenfalls noch Chancen auf eine WM-Teilnahme in Brasilien. Auch hier war für die Katari viel Glück im Spiel: Nach Querelen im tunesischen Verband und mehreren Präsidentenwechseln wollte keine der globalen Sportmarken mehr mit dem Fussballverband geschäften. Burrda schlug zu.
Probleme mit Qualität
Entsprechend entspannt sehen die beiden deutschen Branchenriesen ihren finanzstarken Mitbewerber aus dem Orient. «Burrda lässt uns kalt», sagt der Puma-Berater. Bei Adidas wollte man sich zur katarischen Marke nicht äussern. Ein Firmeninsider indes sagt, man merke nicht viel von der neuen Konkurrenz aus dem Nahen Osten. «Burrda fehlt es an Erfahrung in der Produkteentwicklung», sagt der Berater von Puma.
Burrda habe keinen Namen, die Qualität hinke jener der etablierten Marken hinterher, heisst es im Markt weiter. So hat der holländische Profifussballklub Twente Enschede eine Kooperation mit Burrda nach nur einem Jahr wieder aufgelöst. Burrda hatte die Sportbekleidung geliefert, dabei aber die Erwartungen nicht erfüllt, teilte der Klub vor einem Jahr offiziell mit. Heute ist Nike Trikotlieferant.