Noch gar nicht lange ist es her, dass dem Herrenhemd das Image des Unanständigen anhaftete. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gelangte selbiges nämlich als Unterwäsche in den Verkauf. Erst in den 1920er Jahren durfte Mann sein Hemd versehen mit Knopf und Kragen sichtbar spazierenführen. Allerdings, ein originär weisses Hemd war jenen vorbehalten, die erstens das Geld dafür in den Taschen hatten und zweitens über die Möglichkeit verfügten, die getragene Textilie auch regelmässig zu waschen der Upperclass also. So richtig in Mode kamen die Herrenhemden, zumal die farbigen wie für jedermann erschwinglichen, erst nach dem Zweiten Weltkrieg.
Zu diesem Zeitpunkt bereits ein halbes Jahrhundert im Geschäft war hier zu Lande der Betrieb der Familie Kauf aus Ebnat-Kappel. 1904 von Wilhelmine Kauf-Frey gegründet, hat sich das Unternehmen mit den Jahren vom einfachen Ein-Frau-Schürzen-Nähatelier zum schweizweit führenden Bügelfrei-Hemden-Produzenten entwickelt, der sich nicht zuletzt durch die Übernahme der Marke Dorani vor zwei Jahren seinen Platz im mittleren und hohen Preissegment gesichert hat. Heute stellt Kauf in seinem Produktionsbetrieb in Tschechien jährlich 350000 hochwertige Serien- und Masshemden her. Gesteuert werden die Aktivitäten nach wie vor vom Hauptsitz im Toggenburg aus, wo sämtliche Marketing-, Vertriebs- und Servicebereiche untergebracht sind.
Textile zweite Haut
Ein Hemd ist ein Hemd ist ein Hemd ist ein Hemd: Eine Vorder-, eine Rückseite, zwei Ärmel, ein Kragen, et voilà, fertig ist des Mannes liebstes (Oberbekleidungs-) Stück. Könnte man auf jeden Fall meinen ist aber nicht so, wie Geschäftsführer Michael Kauf versichert. Denn die Mode fordert von ihren Versorgern stete Innovation, nicht allein hinsichtlich Schnitt und Farbe, sondern oder vor allem auch was die Materialien anbelangt. «Das Wort Hemd ist vom althochdeutschen abgeleitet, was so viel bedeutet wie Haut», erklärt Michael Kauf, der das Familienunternehmen in vierter Generation führt, «entsprechend soll sich ein Hemd auch anfühlen wie eine zweite Haut eben.» Um den Tragkomfort zu erhöhen, greift man in Ebnat-Kappel bisweilen zu auf den ersten Blick ungewöhnlichen Mitteln. Zu Aloe Vera beispielsweise, dem Gel der Wüstenlilie, das Fasern und Hemd weich und geschmeidig macht. Oder, wie in der aktuellen Herbstlinie namens «Sea Cell» angewandt, zur Meeresalge. «In Socken haben die entsprechend behandelten Fasern bereits vor zwei Jahren Einzug gehalten, wir sind nun die Ersten, die diese zukunftsgerichtete Technologie in der Hemdenproduktion zur Anwendung bringen», zeigt sich Michael Kauf überzeugt vom Erfolg der «Algen-Hemden» aus Seacellfasern. Die Meerespflanze soll nicht nur für mehr Atmungsaktivität und Geschmeidigkeit im Stoff an sich sorgen, sondern, ähnlich dem Aloe Vera, dank Spurenelementen auch schützend und pflegend auf die Haut einwirken. Werbewirksam behaupten allerdings darf dies Kauf nicht er bekäme wohl Probleme mit dem Heilmittelgesetz. Und in erster Linie ist ein Hemd auch in Zeiten von Lifestyle und Wellness nach wie vor ein Kleidungsstück, kein Pflegeprodukt.
Schleudern, nicht tumblern
Und die sieht wie folgt aus: Das Hemd mit nach innen gestülpter Aussenseite waschen, Knöpfe schliessen, Kragen und Manschetten ebenfalls nach innen schlagen. Geheimtipp: Hemden zum Waschen in ein Kissenduvet oder einen Schonanzug packen. Nicht schleudern, Nähte glattziehen, tropfnass aufhängen oder in den Tumbler geben, und das nur so lange, als dass das Hemd noch leicht feucht ist. Die Lebensdauer eines Hemdes aus dem eigenen Hause beraumt Michael Kauf bei 48 Waschgängen an. Bei industrieller Reinigung dürfte sie bei deren 28 liegen. «Es lohnt sich also, sich selber um die Wäsche zu kümmern», ist er überzeugt.
Weg mit dem Unterleibchen
Mit seinen Kollektionen, die in vier Auflagen jährlich auf den Markt kommen, hat das Schweizer Traditionsunternehmen primär zwei Kundensegmente im Fokus: Den, wie Michael Kauf sagt, «jungen Wolf» mit beschränktem Budget (ab 59 Fr.) und jene Zeitgenossen, die es vorab beruflich geschafft haben («Royal Class») und über das nötige Kleingeld verfügen, auch mal nach Mass fertigen zu lassen. Im Durchschnitt kostet ein Kauf-Hemd im Fachhandel zwischen 79 und 129 Fr.
Und was hat an den Bügeln des Mannes von Welt heutzutage so zu hängen? 30 bis 40 Hemden, propagiert Kauf, 10 davon in Weiss, ein Dutzend in blau/weiss-gemischten Tönen, der Rest bunt. «Noch in den 60er Jahren trugen 80% der Männer weisse Hemden und 20% farbige. Heute hingegen verhält es sich gerade umgekehrt. Der Mut zur Farbe nimmt zu, und wir fördern diesen auch ganz bewusst.» Und was ist out? «Diagonal gestreifte Hemden und grossflächig bedruckte», sagt Michael Kauf.
Eines versteht sich jedenfalls von selbst: Auch wenn das Hemd mittlerweile den Sprung von der Unter- zur Oberbekleidung geschafft hat nach einem Tag gehört es in die Wäsche. Denn der wahre «Hemlianer» trägt seinen textilen Panzer nicht über einem Leibchen, sondern auf barer Brust!
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Firmen-Profil
Name: Kauf AG
Gründung: 1904 als Einzelgesellschaft Jacob und Wilhelmine Kauf-Frey
Umsatz: 14,5 Mio Fr.
Beschäftigte: 180
Geschäftsleitung: Michael Kauf und Gaby Kauf
Produkte: Herrenhemden der Marke «Kauf» und «Dorani by Claude Dufour»
Kunden: Detailhandel (66% Umsatzanteil), Grosskunden wie Jelmoli, Loeb, Coop City oder Manor
Internet: www.kauf.ch