Die Lufthansa-Spitze hat bei den Aktionären auf der ausserordentlichen Hauptversammlung für das staatliche Rettungspaket geworben. «Wenn Sie zustimmen, kann die Lufthansa an frühere Erfolge anknüpfen, es wird dann keine Insolvenz geben», sagte Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley am Donnerstag. Ohne Unterstützung drohe der Airline in den nächsten Tagen die Pleite, bekräftigte Kley in der virtuell abgehaltenen Versammlung. «Wir haben kein Geld mehr.»

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Vorstandschef Carsten Spohr kündigte an, die Lufthansa müsse effizienter und agiler werden. «Auch schmerzhafte Personalmassnahmen werden wir umsetzen müssen.» Die Zustimmung zum staatlichen Rettungspaket über bis zu neun Milliarden Euro sei wegweisend. «Es ist ohne Zweifel ein historischer Moment für unser Unternehmen.»

Aktie am Vormittag im Aufwind

Lufthansa hatte rechtzeitig vor der Hauptversammlung die grössten Hürden für eine Rettung aus dem Weg geräumt. Grossaktionär Heinz Hermann Thiele signalisierte in einem Interview, dass er das mit der Bundesregierung ausgehandelte Sanierungspaket trotz anfänglicher Bedenken nicht blockieren werde. «Ich werde für die Beschlussvorlage stimmen», sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Das trieb die Lufthansa-Aktie bis zum Mittag um rund zwölf Prozent nach oben.

Zudem gaben die EU-Wettbewerbshüter am Donnerstag grünes Licht für die Staatshilfen. Mit der Flugbegleiter-Gewerkschaft UFO verständigte sich die Lufthansa auf ein Sparpaket, das bis Ende 2023 ein Einsparpotenzial von mehr als 500 Millionen Euro hat - etwa durch einen Verzicht auf Lohnerhöhungen und reduzierte Flugstunden. Damit könnten betriebsbedingte Kündigungen für die 22'000 Kabinenmitarbeiter für den Zeitraum der Krise vermieden werden, erklärte die Lufthansa.

Die Corona-Krise mit ihren Einreiseverboten hat den Flugbetrieb der Lufthansa fast zum Stillstand gebracht und für einen drastischen Umsatzeinbruch gesorgt. «Wir werden den Restart nicht aus eigener Kraft erfolgreich fortsetzen können», sagte Spohr. «Das Stabilisierungspaket ist kein Geschenk.» Die Airline werde für die Rückzahlung hart arbeiten müssen.

Auch Aufsichtsratschef Kley sprach von einer erheblichen Belastung für die Airline. «Für den Staat ist es ein lukratives Geschäft. Das freut uns für den Steuerzahler.» Nur durch das Paket aus Kredit, Stillen Einlagen und dem Einstieg des Staates sei die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Die Airline werde die Krise aber meistern. «Wir packen das», betonte Kley.

Kritik am niedrigen Einstiegspreis für den Bund

Einige Aktionäre stellten die Frage, ob die Lufthansa als Alternative zur Staatshilfe nicht über den Kapitalmarkt oder private Geldgeber genug Mittel hätte aufnehmen können. Der Liquiditätsbedarf der Lufthansa übersteige mit neun Milliarden Euro deutlich die Marktkapitalisierung, erklärte Spohr. «Eine ausschliessliche Finanzierung der Lufthansa über Fremdkapital hätte zu einer sehr hohen Verschuldung geführt.» Dank der Stillen Einlage werde die Verschuldung deutlich geringer.

Aktionäre kritisierten auch den niedrigen Einstiegspreis des Bundes von 2,56 Euro je Aktie. Vorstand Michael Niggemann erklärte, dies spiegle das Verhandlungsergebnis mit der Regierung wider. Zu bedenken sei, dass bei der ohne Rettung drohenden Insolvenz über ein Schutzschirmverfahren den Aktionären ein Totalverlust ihrer Anlagen gedroht hätte. Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz warb in Berlin für eine Zustimmung. «Es liegt ein gutes Angebot auf dem Tisch, die Lufthansa-Aktionäre sollten es annehmen.»

Thiele sieht Politik als möglichen Bremsklotz

Der 79-jährige Milliardär Thiele hatte sich in den vergangenen Monaten mehr als 15 Prozent an der Lufthansa zusammengekauft. Damit hätte er die nötige Zweidrittelmehrheit für die Kapitalmassnahmen torpedieren können, weil sich nur 38 Prozent der Aktionäre für die Hauptversammlung angemeldet haben. Thiele befürchtete, dass die Politik bei der Lufthansa eine notwendige Sanierung erschweren würde. Auch nach einem Gespräch mit Finanzminister Scholz war offengeblieben, ob er seinen Widerstand aufgeben würde.

Auf der Hauptversammlung stellte er Dutzende juristisch ausgefeilter Fragen, die sich etwa darum drehten, ob die Massnahmen der Bundesregierung gegen die Pandemie verhältnismässig waren und von der Lufthansa daraufhin geprüft wurden. Zudem versuchte er, alle Details der Verhandlungen über das Rettungspaket auszuleuchten - zum Beispiel, ob das Bundesfinanzministerium federführend war, obwohl das Bundeswirtschaftsministerium zuständig ist. Spohr verneinte das.

(reuters/gku)