Die glänzenden Quarzklötze liegen in einer Reihe auf dem Tisch und erwecken den Eindruck, sie seien aus einem riesigen Bergkristall herausgeschnitten worden. Bei näherem Hinschauen sehen sie dafür aber zu regelmässig aus. Tatsächlich sind diese Quarze nicht in den Bergen gewachsen, sondern im Labor gezüchtet worden.

Beim durchsichtigen Material, das aussieht wie ein Schmuckstein, handelt es sich um den hochwertigen Rohstoff, aus dem die Herzstücke der Kistler-Sensoren angefertigt werden. CEO Rolf Sonderegger erklärt: «Quarz oder Kristall verfügt über ideale physikalische Eigenschaften zur Herstellung von Sensorelementen. Neben den eingekauften Quarzen züchten wir auch eigene Kristalle. Sie sind weltweit einzigartig, da sie eine noch höhere Empfindlichkeit und extreme Temperaturresistenz aufweisen.» Hier im Labor der Winterthurer Firma wird der Kristall sorgfältig und in hochpräziser Arbeit in dünne Scheiben geschnitten und geschliffen.

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Die Quarzsensoren sind am fertigen Produkt, nachdem sie zum Beispiel in eine Messzündkerze eingebaut wurden, nicht mehr zu sehen. Dennoch spielen sie etwa in der Entwicklung von modernen, leistungsfähigen und schadstoffarmen Verbrennungsmotoren eine Schlüsselrolle: Die Sensoren messen mit hoher Präzision den Druckverlauf im Zylinder. «Die präzise Erfassung des Druckverlaufs im Zylinder hat die Entwicklung neuer Verbrennungsverfahren, wie zum Beispiel die Direkteinspritzung im Dieselmotor, erst möglich gemacht», erklärt Rolf Sonderegger. Weitere Anwendungen finden die Sensoren im Bereich Fahrzeugsicherheit oder etwa auch in Wänden von Auto-Crashtest-Anlagen. Die Automobilindustrie gehört sodann zu den wichtigsten Kunden von Kistler; über 60% der Produkte gehen an die Automobilindustrie oder deren Zulieferer.

Rolle der Forschung zentral

Eng ist auch die Zusammenarbeit mit der universitären Forschung. Kistler arbeitet weltweit mit 50 Hochschulen zusammen. Unter anderem gibt es eine Kooperation mit dem Laboratorium für Biomechanik an der ETH Zürich, wo der menschliche Gang untersucht wird. Messplattformen von Kistler, beispielsweise in Laufbändern, liefern exakte Informationen darüber, wie die beim Gehen oder Laufen entstehenden Kräfte auf den Körper wirken. Diese Daten sind wichtig für die Arbeit von Orthopäden, Sporttrainer und Schuhhersteller.

Gemeinsam mit führenden Instituten arbeitet Kistler ausserdem an neuen Verfahren, mit denen Prozesse in der Kunststoffverarbeitung wirtschaftlicher und effizienter gestaltet werden können.

Gemäss Rolf Sonderegger können die Sensoren in unzähligen weiteren Bereichen angewendet werden: «Das piezoelektrische Prinzip jedoch ist immer dasselbe: Wir nutzen ein Naturphänomen kommerziell. Quarz oder Kristall gibt bei mechanischer Belastung eine Ladung ab, die sich direkt proportional zur einwirkenden Kraft verhält. Dies ermöglicht ein exaktes Messresultat. Dank der hohen Eigenfrequenz eignen sich die Quarzsensoren hervorragend zum Messen schnellster Vorgänge im Mikrosekundenbereich.»

Pioniere in der Familie

Seit zwölf Jahren arbeitet Sonderegger für Kistler, seit 2001 als Geschäftsführer. Er ist auf spezielle Art und Weise mit seinem Unternehmen verbunden. Sein Vater erwarb in den 50er Jahren bei der Firma Sulzer Know-how über das Messen des Drucks in Dieselmotoren. Weil Sulzer kein Interesse an dieser Aufgabenstellung hatte, beschlossen Hans Conrad Sonderegger und sein Arbeitskollege Walter Kistler im Jahr 1957 mit ihrem Wissen eine eigene Firma zu gründen.

Bereits ein Jahr später brachten sie den ersten Miniatur-Quarz-Drucksensor auf den Markt, der sich in der Druckmesstechnik zu einem Standard entwickelte. In den folgenden Jahren folgten weitere Weltneuheiten wie der erste Quarz-Kraftsensor und der Kraftsensor, der erstmals alle drei Komponenten einer Kraft erfassen konnte.

In China fünf Veretriebsbüros

Heute liefert Kistler nicht nur Messtechnikprodukte, sondern ganze Systeme mit speziell entwickelter Hard- und Software, Datenerfassungs- und Überwachungsgeräten, sodass die Gesellschaft inzwischen weltweit zu den führenden Messtechnik-Anbietern gehört. Die jährliche Umsatzsteigerung beträgt 6 bis 8%. Die Firma ist in 50 Ländern vertreten, allein mit fünf Vertriebsbüros in China. Seit 2003 gibt es die skandinavische Kistler Nordic AB mit Verkaufsbüros in Schweden, Dänemark und Finnland. Eben wurde eine eigene Vertriebs- und Servicegesellschaft in Bangkok eröffnet, und weitere Standorte sind geplant. Mit Zuversicht blickt Rolf Sonderegger in die Zukunft. 200 Mio Fr. Umsatz sind als Ziel für 2008 gesetzt: «Heute ist Wachstum zwar schwieriger als in den 90er Jahren. Aber die Automatisierung in der Industrie wird noch zunehmen, ebenso das Qualitätsbewusstsein», stellt der Geschäftsführer fest.

Produziert wird neben der Schweiz auch in Deutschland und in den USA. Die gesamte Produktion nach Fernost zu verlegen, ist gemäss Sonderegger kein Thema. «Wir bleiben nicht aus Heimatschutzgründen hier, sondern weil wir in der Schweiz die besten Bedingungen für die Herstellung unserer Produkte vorfinden. Wir haben ein eingespieltes Team von Spezialisten. Bei uns stehen die Mitarbeiter mit ihren Fähigkeiten und ihrem Wissen im Mittelpunkt.» Nicht zuletzt sei hier zu Lande der intensive Austausch mit der Forschung und Entwicklung besser gewährleistet. Derzeit arbeiten in Winterthur 200 Mitarbeiter ausschliesslich in der Produktion und erzeugen kleine Stückzahlen von wenigen hundert Exemplaren, darunter oft Massanfertigungen. Dies soll sich ändern: Kistler will sich in den nächsten Jahren zusätzlich auf grössere Stückzahlen konzentrieren, um neue Märke zu erschliessen.

Firmen-Profil

Name: Kistler Instrumente AG, Eulachstrasse 22,

CH-8408 Winterthur, Tel. 052 224 11 11

Gründung: 1957

Geschäftsführer: Rolf Sonderegger (Bild)

Umsatz: 150 Mio Fr.

Beschäftigte: 650 Mitarbeiter

Produkte: Sensoren und Elektronik zur Messung von Druck, Kraft und Beschleunigung Kunden: Automobilindustrie, Kunststoffverarbeitende Industrie, Werkzeugmaschinenindustrie, Luft- und Raumfahrt

Internet: www.kistler.ch