Die Schweizer Uhrenbranche zeigt sich unbeeindruckt von Smartwatches und dem neuesten Wurf von Apple. Intelligente Uhren werden von der Branche nicht als Risiko betrachtet - im Gegenteil. Sie könnten gemäss einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte gar stimulierend wirken.
«Sicher, Smartwatches sind ein Faktor. Sie werden aber nicht als Risiko wahrgenommen», sagte Karine Szegedi, Partnerin bei Deloitte Schweiz und Co-Autorin der «Swiss Watch Industry Study», die das Beratungsunternehmen am Donnerstag zum dritten Mal publiziert hat. Demnach steht die Smartwatch auf der Risikotabelle nur auf dem neunten Platz, auch wenn 44 Prozent der Befragten die Smartwatch als «the next big thing» bezeichnen würden.
Nur das untere Preissegment betroffen
Gemäss den Ausführungen Szegedis ist nur das untere Preissegment bis zu 500 Franken betroffen. Damit stellten Smartwatches nur für dieses Segment eine Konkurrenz dar. Doch dieses Segment wächst kaum, da gemäss der Export-Statistiken von 2013 nämlich das Verkaufsvolumen teurerer mechanischer Uhren stieg, während preisgünstigere Quarzuhren einbüssten.
Ausserdem könne das neue Produkt auch eine Chance sein. Jugendliche, welche die Zeit bisher nur von ihren Smartphones abgelesen und deshalb nie Uhren getragen hätten, könnten so den Markt auffrischen. «Diese Jugendlichen werden wohl nicht ihr Leben lang eine Smartwatch tragen», hält Szegedi fest.
Die Branche setzt denn auch auf Bewährtes. «Die Uhr von morgen? Die klassische Uhr ist immer noch Zukunftsmusik», sagt Szegedi und verweist auf neue Chronographen-Modelle und andere High-End-Produkte. Zwar wurden die Befragungen für die Studie vor der Vorstellung der neuen Apple Watch durchgeführt, «doch man weiss, dass die Schweizer Hersteller sich noch Zeit nehmen darauf zu reagieren.» Kurzum: Die Branche nimmt den Markteintritt der Elektronikfirmen gelassen hin.
Probleme liegen im Osten
Die Schweizer Uhrenhersteller haben andere Sorgen. So sehen 57 Prozent der mehr als 50 befragten leitenden Uhrenindustriemanager, die nachlassende Nachfrage aus dem Ausland als grösstes Risiko für die Schweizer Uhrenbranche in den nächsten zwölf Monaten. Im Vorjahr betrug dieser Wert lediglich 44 Prozent. Allerdings hatte er mit 66 Prozent im Jahr 2012 auch schon wesentlich höher gelegen.
Am meisten Sorgen bereitet den Uhrenherstellern der Weltmarkt China. «Hier wirkt ein doppelter Effekt», sagte Szegedi. «Einerseits ist das Wachstum in China stark gesunken. Andererseits beeinflusst das Anti-Korruptionsgesetz die Verkäufe negativ.» Teure Uhren als Geschenk an korrupte Beamte, Reisen in die Schweiz inklusive eines Besuchs beim lokalen Juwelier waren bis anhin gang und gäbe. Seit 2013 wird Bestechung in der Volksrepublik rigoros verfolgt.
Dennoch sehen die Schweizer Uhrenhersteller China mehrheitlich als Wachstumsmarkt und beurteilen die Entwicklung positiv. Demgegenüber erwarten jedoch signifikante 13 Prozent ein negatives Wachstum in China. Im Vorjahr gingen rund sechs Prozent der Befragten von derselben Annahme aus.
Aber nicht nur in China laufen die Geschäfte schlechter. Die einzige Region, die sich positiv entwickelte, war ausgerechnet das gebeutelte Europa - aufgrund von Käufen von Touristen aber auch dank der anziehenden Konjunktur, wie Szegedi weiter ausführte.
Arbeitskräfte fehlen
In den Top-3 der grössten Risiken der Uhrenbranche finden sich ausserdem die üblichen Verdächtigen: der starke Franken, sowie die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal. So glauben fast zwei Drittel der befragten Branchenvertreter, dass sich die Masseneinwanderungsinitiative negativ auf den Geschäftsverlauf ihrer Firma auswirken wird.
Um dem Problem entgegenzutreten, wollen 78 Prozent der Befragten interne Weiterbildungen entwickeln oder fördern. 29 Prozent versuchen mehr Arbeitskräfte ausserhalb der Schweiz zu rekrutieren. Ausserdem wollen deutlich mehr Uhrenhersteller Arbeitskräfte von der Konkurrenz abwerben. Bei den Lehrstellen treten die Unternehmen auf die Bremse. Nach 54 Prozent im Vorjahr planen nur noch 42 Prozent die Anzahl Lehrstellen zu erhöhen.
(awp/sda/ccr)