Mit einem lauten Knall reisst das Seil in der Testanlage. Scheppernd sausen die Gewichte auf den Boden des Schachts, das zerrissene Seil schnellt nach oben. Fünf Testläufe muss ein Kletterseil von Mammut Sports Group im aargauischen Seon durchstehen – mit 80 Kilogramm Gewicht und im freien Fall. Reisst es vorher, hat es nicht bestanden. Mammut-Kletterseile reissen viel später, selbst wenn sie arge Gebrauchsspuren aufweisen. Das müssen sie auch, hängt in den Bergen doch meist mehr als ein Menschenleben von ihrer Reissfestigkeit ab.

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Die Kletterseile von Mammut sind ein Schweizer Qualitätsprodukt. «Wir machen sie zu 100 Prozent selbst hier am Hauptsitz in Seon», sagt Rolf G. Schmid, CEO der Gruppe, «das ist von jeher unsere Kernkompetenz.» Mammut wurde als Handwerksbetrieb 1862 in der Region Lenzburg gegründet. Man stellte Seile hauptsächlich für die Landwirtschaft her. Erst in den zwanziger Jahren, als die wilden Kletterer die Alpen zu erobern begannen, diversifzierte die Firma. In den sechziger Jahren folgten dann der Aufbau eines breiteren Sportsortiments und die Produktion der ersten synthetischen Seile für den Alpinismus und andere Anwendungen.

Der Handwerksbetrieb wurde zum Industrieunternehmen, das in den siebziger Jahren eine ganze Palette von Outdoor-Artikeln anzubieten begann – Kleider, Schlafsäcke und Zelte. Unbestreitbare Umsatzrenner waren indessen die Kletterseile für den Hochalpinismus. 1982 wurde die Firma von der Conzzeta, den ehemaligen Zürcher Ziegeleien von Jacob Schmidheiny, übernommen. Der Name Mammut, zuerst nur für die Bergsportseile verwendet, wurde in jener Zeit als Firmenname eingeführt. Doch das Unternehmen entwickelte sich nicht wunschgemäss. 1996 betrug der Umsatz 25 Millionen Franken, und der Gewinn lag im negativen Bereich.

Vor zwölf Jahren kam die Wende. Schmid wurde Chef und richtete die Firma strategisch neu aus. «Auf 4000 Metern war die Luft einfach zu dünn», sagt er heute. Nur mit einem hochalpinen Angebot habe die Firma nicht weiterfahren können: «Wir mussten absteigen, um mehr Leute als nur die Alpinisten zu erreichen.» Heute bietet Mammut Outdoor-Produkte für eine Kundschaft an, die sich zwischen 1000 und 8000 Höhenmetern bewegt. Das Marktvolumen in diesem Segment beträgt allein in Europa rund 4,5 Milliarden Euro. Die strategische Wende hat sich ausgezahlt. Das Unternehmen wächst seither mit rund zehn Prozent pro Jahr und generiert mit derzeit 320 Mitarbeitern einen Umsatz von 180 Millionen Franken. «Wir haben sicher einiges richtig gemacht, aber wir hatten auch Glück», sagt Schmid rückblickend. Outdoor sei in den letzten Jahren zu einem Trendsportsegment geworden.

Produziert wird in Seon und Altstätten SG, allerdings nur der geringste Teil des Sortiments. 85 Prozent der Produkte – die Kleider, Schuhe, Helme, Ruck- oder Schlafsäcke – werden in Lohnfertigung fast ausschliesslich in Asien und Osteuropa gefertigt. Marketing und Vertrieb sind für die meisten Erzeugnisse am Hauptsitz in Seon konzentriert. Dort entwickelt Mammut Neues, tüftelt am Design, stellt die Prototypen her und organisiert die Qualitätskontrolle. «Unser Markenzeichen ist die Qualität», sagt Schmid. Da gebe es keine Kompromisse. Er betont: «Wir arbeiten mit unseren asiatischen Partnern ausschliesslich mit Hilfe genauer Vorgaben zusammen.» Die Fertigung in China oder Vietnam unterliegt einer strikten Kontrolle durch das Qualitätsmanagement der Firma.

Seit dem Turnaround ist Mammut nicht nur beim Umsatz enorm gewachsen. Das Unternehmen hat auch einige Übernahmen getätigt, um geografisch und sortimentsmässig zu expandieren. Im Jahr 2000 wurde der US-Bergsportspezialist Climb High zur Festigung der Marktposition in den USA akquiriert. Schon ein Jahr später wurde die norwegische Schlafsackspezialistin Ajungilak ins Mammut-Portfolio übergeführt. 2002 folgte Toko, und 2003 wurde Raichle übernommen, allerdings nur der Bereich der Berg- und Trekkingschuhe.

Derzeit sind Übernahmen kein Thema. Mammut will die Marke vor allem im Ausland einem noch breiteren Publikum nahe bringen. In der Schweiz und in Österreich ist die Gruppe die Nummer eins, in Deutschland positioniert sie sich auf dem vierten Rang. Sie macht im Heimmarkt indessen nur ein Viertel ihres Umsatzes, 75 Prozent werden im Ausland abgesetzt. In über 30 Ländern ist Mammut über eigene Distributoren präsent. Bei der Marktentwicklung stehen die USA und Asien im Vordergrund. «Japan ist vielversprechend», sagt Schmid, «da sind wir am Expandieren.» Die Hausaufgaben machen will Mammut auch in Europa und da insbesondere in England und Skandinavien – in Norwegen ist die Firma bereits exzellent im Markt positioniert.

Entwicklungsfähig ist auch das Konzept der Monobrand Stores. In den wichtigsten Märkten will Mammut mit mindestens fünf Shops vertreten sein. «Nur so können wir der Kundschaft unser ganzes Sortiment präsentieren», sagt Schmid. Der erste Schweizer Monobrand Store wurde im letzten November in Basel eröffnet. Aufstocken will Schmid auch bei den Marketingausgaben: «Wir werden sie um 30 bis 40 Prozent erhöhen.» Und den Fokus unter anderem auf Raichle richten, die 2009 hundert Jahre alt wird. Dieses Jubiläum wird Mammut nützen, um bei den Schuhen in die Offensive zu gehen. «Schuhe», ist Schmid überzeugt, «haben grosses Potenzial.»

Mammut

Firmenname: Mammut Sports Group AG
Hauptsitz: Seon AG
Umsatz: 180 Millionen Franken
Mitarbeiter: 320
Produktionsstandorte: Schweiz
Exportanteil: 75 Prozent
Produkte: Outdoor-Sportartikel