Den typischen Brillenträger gibt es immer weniger», sagt Daniel Mori. Der Trend gehe dahin, dass die Leute zweigleisig fahren: Linsen tragen sie eher beim Sport oder in der Disco und die Brille als Modeaccessoire im Geschäft oder an gesellschaftlichen Anlässen. Mori spricht aus Erfahrung: Schliesslich ist er der Chef von Visilab, der grössten Optikkette der Schweiz. Ihr Logo ist ein markanter Schriftzug in Grossbuchstaben auf hellblauem Grund, in über 40 grösseren Orten an 75 Geschäften angebracht.
Zu Hause ist die Firma indessen im berühmten Arc lémanique. Sie ist ein Urgestein unter den Genfer Firmen. 1912 gründeten die Familien Toledo und Mori die Pharmacie Principale, eine Apotheke, die sich im Laufe der Jahrzehnte zu einer Kette und später zu einer Unternehmensgruppe entwickelte, zur Groupe PP. Diese ist heute noch in dritter Generation Eigentum der beiden Familien und Herrscherin über mittlerweile sechs Tochtergesellschaften im Gesundheitsbereich, von denen Visilab, ohne zu übertreiben, die weitaus erfolgreichste ist.
Die Geschäftsidee der 1988 gegründeten Visilab ist einfach und bestechend: Bereits eine Stunde nachdem ein Kunde eine Filiale von Visilab betreten hat, überreicht ihm die Optikerin die angefertigte Brille. «Im Gegensatz zu unserer Konkurrenz haben wir die Konfektion der Brillen in die Filialen verlegt», sagt Daniel Mori. Der Kunde liest die Brille unter 1000 bis 3000 Modellen aus, und die Spezialisten schleifen wenig später die Gläser an hochmodernen Maschinen im angegliederten Atelier zurecht. 60 Prozent der Gläser sind bereits auf die entsprechende Augenkorrektur zugeschliffen und müssen nur noch an die Brillenform angepasst werden. 40 Prozent hingegen werden aus Rohlingen direkt vor Ort für den Kunden dioptriengerecht geschliffen. Auch diese Gläser liefert Visilab binnen einer Stunde.
«Wir sind total serviceorientiert», sagt der Chef, «das ist unsere Geschäftsphilosophie und unsere Positionierung gegenüber der Konkurrenz.» Das Geschäftsmodell verfängt: Die Firma ist in den letzten Jahren raketenschnell gewachsen. 1988 setzte Visilab sieben Millionen Franken um, 1995 waren es 25 und drei Jahre später schon 50 Millionen. In den letzten neun Jahren hat die Firma im Jahresdurchschnitt um rund 24 Prozent zugelegt. Letztes Jahr brachten die Verkäufe 157 Millionen ein, und heuer sollen es gar 175 Millionen werden. «Mitte Jahr haben wir das Budget schon weit übertroffen», sagt Mori, «das Geschäft läuft hervorragend.»
In einem seiner Flaggschiffe an der Genfer Einkaufsmeile rue de Rive lässt er sein Personal die neuste Errungenschaft vorführen, die in allen Filialen installiert wurde. In bodenständigem Französisch nennt sie sich «essai virtuel» (virtueller Versuch) und ist eine Art Videosystem mit integriertem Computer. Der Kunde kann sich mit vier verschiedenen Brillenmodellen fotografieren oder filmen lassen und deren Wirkung auf sein Aussehen am Monitor sofort überprüfen und vergleichen. Ist die passende Brille ausgewählt, können die Gläser ebenfalls am Computer exakt auf das Auge zentriert werden. Auch die Form der Brille wird vom Computer erfasst. Die Daten werden sogleich an die Produktion weitergeleitet, die den entsprechenden Schliff vornehmen kann.
«Wir müssen besser sein als die anderen», sagt Mori. Und er weiss, warum. Der Schweizer Optikmarkt ist hart umkämpft. 750 Millionen Franken beträgt das Verkaufsvolumen, das sich rund 1000 Geschäfte streitig machen. 20 Prozent der Geschäfte gehören Ketten, die 50 Prozent des Umsatzes generieren. Nach wie vor werden hauptsächlich Brillen abgesetzt. Fassungen und Gläser machen 70 Prozent des gesamten Umsatzes aus. Zu 15 Prozent werden Kontaktlinsen und ihr Zubehör verkauft. Der Rest entfällt auf Sonnenbrillen und andere Accessoires.
Wie stark der Markt wächst, ist umstritten. Die Angaben reichen von zwei bis vier Prozent. Es ist von einer relativen Sättigung auszugehen und davon, dass der Konkurrenzkampf eher noch härter wird. Viele Einzelgeschäfte geben auf oder werden Franchisenehmer eines Grossen. «Die kleinen Geschäfte können nicht genügend Volumen einkaufen, und so sinken ihre Margen bis zur Schmerzgrenze ab», sagt Mori. Visilab selbst ist mit einem Marktanteil von 23 Prozent vor Fielmann (19 Prozent) und McOptik (7 Prozent) mittlerweile Nummer eins. Mori selbst ist überzeugt, dass dies so bleiben wird: «Wir werden mit unserem Geschäftsmodell auch in zehn Jahren noch Erfolg haben.»
Für die nächsten fünf Jahre jedenfalls hat sich Visilab eine Wachstumsstrategie verordnet. «Wir wollen gesamtschweizerisch einen Marktanteil von 30 Prozent erobern», sagt Mori. Wachstum generieren will er vorab in der Deutschschweiz, wo in den Einkaufszentren noch ein grosses Potenzial schlummert. Im Tessin will Visilab möglichst bald drei oder vier Filialen aufs Mal eröffnen. Aber auch Kochoptik soll von derzeit 17 auf 30 Filialen wachsen. Diese Expansionsstrategie mittragen wird auch die anhaltende Innovationsfähigkeit der Firma. Sie hat mit Titan Light erfolgreich eine eigene Brillenfassung kreiert, Polarisationsfilter für Korrekturgläser entwickelt und mit Memory Flex eine nicht verformbare Brille auf den Markt gebracht.
Visilab
Firmenname: Visilab SA
Hauptsitz: Genf
Umsatz: 157 Millionen Franken
Mitarbeiter: 740
Filialen: 75, davon 17 Kochoptik
Produkte: Brillen, Kontaktlinsen und Accessoires