Nach beinahe zwei Stunden lebhafter Diskussion über den Gang der Geschäfte führt Henry Kravis seinen Besucher durch das elegante Büro von Kohlberg Kravis Roberts & Co. an der 42. Strasse von Manhattan in die Bibliothek. Rechts eröffnet sich die atemberaubende Aussicht über den Central Park; an der Wand hängt eine grossformatige Collage, zusammengesetzt aus den Firmenlogos vergangener KKR-Deals: Safeway, Duracell, RJR Nabisco. In der Mitte prangt ein gelber Einzahlungsbeleg über 10 000 Dollar – jene Einlage, mit der die Aufkäuferfirma wenige Tage nach ihrer Gründung am 1. Mai 1976 ein Checkkonto bei der Chemical Bank eröffnete.

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Das Werk, Geschenk eines Investment-Bankers von J.P. Morgan Chase, illustriert die schillernde Vergangenheit von KKR und ihre Rolle in der Geschichte der Wall Street. Zwar waren es nicht die Manager von KKR, die das Prinzip des Leveraged Buy-out erfanden, gleichwohl avancierte KKR in den achtziger Jahren zum unbestrittenen König der Branche – die einzige Firma, die 1989 die 25 Milliarden teure Übernahme von RJR Nabisco hätte stemmen können, den bis heute grössten LBO-Deal aller Zeiten. Aber RJR erwies sich für KKR als Wendepunkt, ein teures Fiasko, dem eine Phase peinlicher Fehleinschätzungen bei der Beurteilung von Märkten und Managements folgte. «Wir sind wohl ein wenig zu arrogant geworden und haben schreckliche Fehler gemacht», gibt Kravis heute zu. Und denkt dabei wohl vor allem an Regal Cinemas, einen der missratensten Deals der Leveraged-Buy-out-Geschichte, der KKR und Hicks Muse einen Verlust von einer Milliarde Dollar bescherte.

Aber es waren auch jene Niederlagen, die Kravis und George Roberts, dessen Partner, Cousin und Alter Ego, vor etwa fünf Jahren zum Handeln trieben. Das Duo krempelte die Ärmel hoch und begann, sein Unternehmen und die Art und Weise, wie es investierte, wieder auf Vordermann zu bringen. Es ist noch zu früh, den Erfolg zu beurteilen, zeichnen sich in diesem Gewerbe die Resultate doch erst mit einiger Verzögerung ab. Zweifellos ist es KKR in dieser Zeit gelungen, eine starke Präsenz in Europa aufzubauen und sich dort auf breiter Front zu engagieren. Anfang 2004 übernahm KKR darüber hinaus die Marketingfirma Visant und beteiligte sich daneben an acht weiteren Firmen, etwa an PanAmSat, Sealy und am Energieerzeuger Texas Genco. Zugleich begann KKR damit, Teile ihrer Holdings zu versilbern. Mit dem Ergebnis, dass KKR seit Anfang 2004 rund sieben Milliarden Dollar an ihre Investoren ausschütten konnte. Ist KKR mithin in diesem Geschäft wieder das Mass aller Dinge?

Tatsache ist: Sogar Rivalen verbeugen sich heute vor der Zähigkeit der Buy-out-Veteranen. KKR habe «so viele schlechte Deals abgeschlossen, wir dachten schon, sie hätten es verlernt», bekannte neulich ein Konkurrent. Für David Roux von Silver Lake Partners, lange Zeit ein Konkurrent von KKR, heute Partner bei der Übernahme von SunGard Data Systems, ist die wechselvolle KKR-Geschichte eine faszinierende Saga: «Ihre schiere Grösse war einst atemberaubend, von ihnen haben wir alle das Geschäft gelernt. Dann verabschiedeten sie sich gewissermassen ins Exil. Jetzt plötzlich sind sie wieder da – wie einst Winston Churchill.»

Die Art und Weise des Comebacks spricht auch Bände über die Veränderung im Leveraged-Buy-out-Geschäft der letzten zwanzig Jahre. KKR kann nicht mehr wie früher das Königreich der Firmenübernahmen beherrschen – deshalb, weil sich heute zu viele Raubritter auf dem Turnierplatz tummeln. Gleichzeitig hat das Unternehmen die Strategien ändern müssen, wie es sein Business betreibt. Statt im Alleingang Übernahmen durchzuziehen, kooperiert KKR zunehmend mit anderen Firmen – auch um das Risiko auf mehrere Schultern zu verteilen. So zuletzt bei der 6,6 Milliarden Dollar teuren Übernahme der Spielzeugkette Toys R Us, die KKR mit Bain Capital und Vornado Realty stemmte. Oder SunGard: Nicht weniger als sieben Private-Equity-Gesellschaften mit Silver Lake als Konsortialführer wollen die Firma für 11,4 Milliarden übernehmen, eine Summe, die SunGard nach RJR zum zweitgrössten Buy-out aller Zeiten machen würde.

Obwohl beide nun 61 Jahre alt sind und Milliardenvermögen angehäuft haben, zeigen Kravis und Roberts keinerlei Interesse daran, sich aus dem Tagesgeschäft zurückzuziehen. Beide verfügen noch immer über eine intensive, ja fordernde Präsenz, beide lieben den Wettbewerb und sind nicht bereit, ihren Rivalen auch nur den kleinsten Vorteil zuzugestehen. Kaum verwunderlich, dass auch Roberts’ Einschätzung von KKR von grossem Selbstbewusstsein zeugt: «Ich denke, dass wir noch immer die Besten in diesem Geschäft sind.»

Rein äusserlich leiten die Cousins (die sich bereits 1987 von ihrem Co-Gründer und Mentor Jerry Kohlberg trennten) das Unternehmen heute noch so, wie sie es immer getan haben. Roberts, der New York nur wenig abgewinnen kann, arbeitet seit Jahrzehnten von Kalifornien aus – früher San Francisco, jetzt Menlo Park. Vier- bis fünfmal am Tag verständigen sich er und Kravis am Telefon über den Stand der Geschäfte. Henry Kravis behauptet, die beiden Vettern hätten noch nie einen ernsthaften Streit miteinander gehabt. Advokat des Teufels indes, diese Rolle spielen sie sich schon gegenseitig vor: «Wenn einer von uns in eine Investitionsidee verliebt ist, vertritt der andere oft die kritische Position», verrät Roberts.

In ihrem Privatleben haben sie schmerzliche Verluste hinnehmen müssen. Roberts’ Frau Leanne starb vor zwei Jahren im Alter von nur 57 Jahren. Henry Kravis’ Sohn Harrison kam 1991 bei einem Autounfall ums Leben, als er gerade 19 Jahre alt war. Kravis ist heute in dritter Ehe mit Marie-Josée verheiratet, Wirtschaftswissenschaftlerin und Verwaltungsratsmitglied von Ford und InterActive Corp.

Neben der Arbeit teilen Kravis und Roberts viele Interessen: die zeitgenössische Kunst etwa, die ihre Büros schmückt, und natürlich Golf. Kravis war Kapitän seiner Golfmannschaft am Claremont Men’s College. Roberts hat sich in den letzten 15 Jahren zum Handicap 4 vorgearbeitet. Physisch sind weder er noch Kravis sonderlich imposant: Beide wirken eher klein und schmächtig. Charakterlich scheinen sie auf fast komische Weise gegensätzlich: Roberts spricht leise und zurückhaltend, Kravis ist extrovertiert und gilt als gesellig. Roberts erinnert sich mit Schaudern an die Zeit, als beide noch Junggesellen in New York City waren und ein Apartment teilten – Kravis, so erinnert sich sein Cousin, sei damals jede Nacht auf der Piste gewesen. «Das hat mich fast wahnsinnig gemacht!»

Trotzdem haben die beiden Vettern zusammen eine der aussergewöhnlichsten Erfolgsstorys der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte geschrieben. Als privat geführtes Unternehmen veröffentlicht KKR keine Details seiner Einkünfte. Wenn sich das Management aufmacht, frisches Kapital einzusammeln, breitet es vergangene Erfolge zu Marketingzwecken gewöhnlich in einem Private Placement Memorandum aus. Eines dieser Dokumente, 69 Seiten lang, ermöglichte jetzt einen Blick auf den finanziellen Leistungsnachweis von KKR.

Seit ihren Anfängen im Jahre 1976 bis zum September 2004 eröffnete KKR zehn Private-Equity-Funds und investierte dabei 21 Milliarden Dollar (einschliesslich 500 Millionen Dollar der KKR-Partner) in 93 Unternehmen; über Kredite wurde die Summe auf 130 Milliarden aufgestockt. Das Bruttoeinkommen bis September 2004 belief sich auf 34,7 Milliarden Dollar. Davon wurden 26 Milliarden realisiert, 8,7 Milliarden Dollar stecken in jenen 28 Firmen, an denen KKR zu diesem Zeitpunkt beteiligt war (siehe Grafik «Von Accuride bis Zumtobel» unten). Insgesamt gesehen erwiesen sich Engagements in 62 Firmen als profitabel, bei 22 schrieb KKR Verluste, bei neun Engagements belief sich das Ergebnis am Ende auf plus/minus null. Roberts bringt die Dimension der 34,7 Milliarden Dollar Gewinne auf den Punkt: «Das ist vermutlich mindestens das Fünffache dessen, was unsere grössten Konkurrenten zusammengerechnet erwirtschaftet haben.»

Um zwei Messgrössen dreht sich in der Buy-out-Industrie alles. Zunächst ist da die so genannte Internal Rate of Return (IRR), die «interne Rendite», die sich aus einer komplizierten Berechnung der Geldflüsse ergibt. KKR behauptet, über die Jahre eine IRR von 27 Prozent per annum erwirtschaftet zu haben. Die zweite wichtige Kennziffer beschreibt das Verhältnis der Rendite zum investierten Kapital. Demnach flossen für jeden von KKR investierten Dollar (wobei «investiert» im Leveraged-Buy-out-Geschäft dank der grossen Hebelwirkung nicht ganz wörtlich zu nehmen ist) rund 1.65 Dollar zurück (Stand September 2004). Eine beeindruckende Zahl, doch eine sorgfältigere Prüfung zeigt, dass die langfristige Tendenz nicht sonderlich gut aussieht. Die ersten fünf Kapitalfonds von KKR produzierten in den Anfangsjahren nämlich Erträge von fast 37 Prozent. In den folgenden Jahrzehnten fiel der Durchschnitt auf 16 Prozent ab. Zum einen wegen vieler Fehlentscheidungen, wie Henry Kravis offen einräumt. Zum anderen erwies sich das Geschäft als zunehmend schwierig. Undenkbar, dass die Firmenjäger heute noch zu Bedingungen zuschlagen könnten wie 1986. Damals finanzierte KKR seine 4,3 Milliarden Dollar teure Übernahme von Safeway mit nur 132 Millionen an Eigenkapital – gerade einmal 3,1 Prozent des Kaufpreises. KKR, die oft gegen den Trend lange an ihren Akquisitionen festhält, beliess Safeway für nicht weniger als 17 Jahre im Portfolio, um nach dem Verkauf 7,4 Milliarden Dollar an Profiten zu kassieren – bis dato der grösste finanzielle Triumph der Buy-out-Profis. Geschäfte wie diese gibt es auch für KKR nicht mehr viele.

Die prozentuale Beteiligung an den realisierten Gewinnen ist für KKR der bei weitem lukrativste Teil des Deals, aber nicht alles. Wie Hedge-Funds berechnen die Firmenjäger eine Managementprovision, die sich dieser Tage auf 1 bis 1,5 Prozent des eingesetzten Kapitals belaufen kann. In den achtziger und frühen neunziger Jahren kassierte KKR daneben noch 100 Prozent jener Gebühren, die sie den übernommenen Firmen etwa für Beratungstätigkeit in Rechnung stellte. Dagegen rebellierten die beschränkt haftenden Teilhaber inzwischen: Heute erhalten die Partner 55 bis 80 Prozent dieser Zahlungen. Anders als früher ist KKR heute auch an möglichen Verlusten der Deals beteiligt – eine bedeutende Änderung und Verschlechterung des Geschäftsmodells. Doch mit dem enormen Anschwellen der Kapitalfonds sind auch die Gebühren in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen. Und das Potenzial für mögliche Gewinne sowieso.

Beschweren können sich Kravis und Roberts also nicht, auch wenn ihr Anteil an den Profiten der Firmen in den vergangenen Jahren durch die Aufnahme neuer Partner – heute ingesamt 14, inklusive Jerry Kohlberg, der noch einen 1-Prozent-Anteil hält – kontinuierlich gesunken ist. Ein Insider vermutet, dass jeder der Cousins über die Jahre mindestens zwei Milliarden Dollar nach Steuern verdient hat. Während die Verwalter von Hedge-Funds gewöhnlich einen grossen Teil ihres Nettovermögens in die eigenen Fonds stecken, ist diese Praxis im Buy-out-Business nicht üblich – auch einer der Gründe, warum diese Unternehmen auf externes Kapital angewiesen sind.

Warum schaffen es die Firmenjäger offenbar immer wieder leicht, Milliarden einzusammeln? Weil die Anleger von ihnen erwarten, dass die Fonds überdurchschnittliche Renditen abwerfen, weit mehr, als sie an den Aktien- und Obligationenmärkten verdienen könnten. Und die Kunden von KKR – vor allem amerikanische Pensionskassen und US-Versicherer – überlassen das Spekulieren lieber den Leveraged-Buy-out-Firmen. Vom Anfang an waren die grössten Investoren von KKR die Pensionskassen zweier Bundesstaaten, nämlich Washington und Oregon. Beide behaupten, ihr Einsatz in KKR habe über die Jahre 16 Prozent abgeworfen. Und sind damit zufrieden. So sehr, dass sie immer wieder grosszügig ihre Schatullen öffnen, wenn KKR frisches Kapital einsammelt.

Der Optimismus der Grossinvestoren steht in krassem Gegensatz zu jenen Zeiten in der Geschichte von KKR, als die Ertragskurven steil nach unten zeigten. Der Abstieg begann mit der verhängnisvollen Übernahme von RJR Nabisco im Jahre 1989. Nach einer endlosen Schlacht zwischen dem Management des Genussmittelkonzerns und KKR hatten Kravis und Roberts schliesslich «gewonnen» – wenn man das angesichts des Kaufpreises von 25 Milliarden Dollar so sagen will. Der Deal geriet schnell in unruhiges Fahrwasser, als erste Klagen im Zusammenhang mit der Gesundheitsgefährdung durch Tabak auftauchten und der Anleihenmarkt plötzlich verrückt spielte. Am Ende verloren die Investoren rund 958 Millionen Dollar; KKR erging es zwar besser: Man folgte damals noch nicht dem Prinzip, die Verluste zu teilen, und kassierte 200 Millionen Dollar an Gebühren. Doch war der Ausgang des Deals für KKR überaus demütigend. Wie tief die Sache das Unternehmen getroffen hatte, ist noch heute spürbar, wenn Henry Kravis seine reumütigen Erinnerungen an den desaströsen Deal schildert. Jahre später brachte es die Saga zu Kinoruhm, in «Barbarians at the Gate» mit Jonathan Pryce als Kravis und Peter Dvorsky als Roberts.

John Canning von Madison Dearborn, einer der Konkurrenten von KKR, glaubt, dass so ein Desaster wie der RJR-Deal «eine Menge Unternehmen ruiniert hätte». Die schiere Tatsache, dass KKR sich am Schopfe gefasst und aus dem Sumpf gezogen habe, spreche für die Kraft des Unternehmens. KKR setzte Mitte der neunziger Jahre tatsächlich wieder Meilensteine, etwa als sie sechs Milliarden Dollar für den so genannten «1996 Fund» einsammeln konnte. Aber eine wachsende Meute junger, hungriger Konkurrenten blieb den Veteranen auf den Fersen. Und KKR konnte längst nicht mehr schalten und walten, wie sie wollte: Sie musste sich zur anteiligen Übernahme etwaiger Verluste bereit erklären, verzichtete fortan, in eine einzelne Firma zu investieren, und stimmte den Forderungen vieler Investoren zu, die Managementprovision von 1,5 auf 1,1 Prozent zu senken und die von den übernommenen Firmen eingeforderten Provisionen zu teilen.

Der 1996 Fund befindet sich inzwischen in der «Erntephase», wie es die Insider nennen, und kann folglich einigermassen bewertet werden. Und es stellt sich heraus, dass sich die Investments ordentlich entwickelt haben: Im vergangenen September zeigte der Fonds eine IRR von 13,4 Prozent; bis März ist sie nach Auskunft eines Teilhabers auf 14,3 Prozent geklettert. Der Fonds konnte einige Volltreffer vorweisen, etwa den britischen Versicherungsmakler Willis Group. 1998 hatte KKR Willis im Rahmen eines Management-Buy-out für rund 1,7 Milliarden Dollar übernommen. Willis ging 2001 an die Börse und weist heute eine Marktkapitalisierung von 5,6 Milliarden Dollar auf.

Die Schwäche des 1996 Fund ist seine miserable Trefferquote. Von den 34 Unternehmen, in die KKR Geld investierte, entpuppten sich 15 als Verlierer. Einige Betroffene des Flops waren Telekommunikationsfirmen, auf die KKR zu Zeiten der Internethysterie gesetzt hatte. Ein weiterer Fehlgriff ist der Verlag Primedia, der ungefähr 120 Zeitschriften herausgibt, unter anderem «Motor Trend». Die Aktie von Primedia, die vor drei Jahren bis auf 85 Cent abstürzte, wird heute für rund 3.75 Dollar gehandelt, doch KKR steht immer noch mit ungefähr 20 Millionen Dollar in den roten Zahlen.

Für Kravis und Roberts dürften die schlimmsten Verluste allerdings jene sein, die sie auf ihrem ureigenen Terrain der Verbraucherprodukte einfuhren. Einer war der berühmt-berüchtigte Kauf von Regal Cinemas, den KKR und Hicks Muse 1997 zu einer Zeit durchführten, als die Buy-out-Branche verrückt nach Filmtheaterfirmen war. Als in der Folge überall neue Kinos aus dem Boden gestampft wurden, brach das Geschäft schnell zusammen. Ernüchterndes Resultat: Bankrotterklärung und ein Verlust für beide Firmen von 1 Milliarde Dollar an Kapital.

Manchmal bedarf es grosser Qualen, um Fortschritte einzuleiten. Irgendwann Ende der neunziger Jahre entschieden Kravis und Roberts, dass ihr Unternehmen neu aufgestellt werden müsse. In der Folge implementierten sie fünf organisatorische Änderungen, alle mit dem Ziel, die Firma schlagkräftiger zu machen. Und vielleicht auch ein bisschen unabhängiger vom Bauchinstinkt ihrer beiden Chefs. Der Umbau begann damit, dass Henry Kravis und George Roberts ihre Gewohnheit aufgaben, sämtliche Investitionsentscheidungen selbst zu fällen. Stattdessen sind die beiden jetzt Mitglieder eines Ausschusses, dem eine Hand voll ihrer Hauptgesellschafter angehört und der jeden Montag zusammenkommt.

Als Nächstes beschloss KKR die Einberufung eines Portfoliokomitees, das vierteljährlich die Zusammensetzung des Firmenportfolios überprüft (27 sind es im Augenblick). Kravis und Roberts und ihr Partner Perry Golkin führen den Ausschuss, dem eine Reihe gestandener Berater angehört, die KKR auf Grund ihrer Expertise und Praxisnähe angeheuert hat. Unter den Consultants sind einige ehemalige Chief Executives wie beispielsweise Ed Artzt von Procter & Gamble oder George Fischer von Motorola.

Des Weiteren richtete KKR elf Industriegruppen ein, von der Chemie bis zur Gesundheitspflege. Jeweils ein Partner, ein Geschäftsführer, ein Abteilungsleiter und ein Analytiker erstellen Analysen und halten nach möglichen Übernahmekandidaten Ausschau. Kravis forderte seine Mitarbeiter auf, ihre Kenntnisse der Firmen nicht allein durch das Gespräch mit dem Chief Executive zu erwerben, sondern sich aktiv im Unternehmen umzutun – auf den Fluren, bei Messen. «Sprechen Sie auf jeden Fall auch mit externen Einkäufern», schärfte der Veteran ein, «die wissen am ehesten, wer das beste Produkt hat.»

Für eine weitere Änderung erntete KKR schon das Lob vieler Experten: für die Implementierung von 100-Tage-Aktionsplänen, die sofort nach der Übernahme eines Unternehmens in Kraft treten (und denen weitere 100-Tage-Pläne folgen). Profitiert hat KKR auch von der Wiedereinführung eines innerbetrieblichen Consulting-Dienstes – sogar unter eigenem Markenzeichen: Capstone. Seine 18 Mitarbeiter sind vor allem auch im Rahmen der intensiven Due Diligence gefragt, die KKR vor jeder Übernahme durchführt.

Es ist zu früh zu sagen, ob sämtliche Bemühungen zur Erneuerung Früchte tragen werden. Immerhin: Die Resultate des ersten Europa-Fonds, der im Jahre 2000 aufgelegt wurde, sahen bis zum letzten September mit einer IRR von 14,7 Prozent durchaus ordentlich aus. KKR ist fest davon überzeugt, dass ihr Einstieg in Europa eine rundum gelungene Sache sei. Der Betrieb in London wurde von Edward «Ned» Gilhuly (45) aus dem Boden gestampft, einst Statthalter von KKR in Menlo Park. Heute leitet der Deutsche Johannes Huth (45), früher bei Investcorp, die Geschicke der Firmenjäger in Europa.

Edward Gilhuly und zwei weitere Partner, Michael Michelson (54) und Scott Stuart (45), scheinen die aussichtsreichsten Anwärter, Kravis und Roberts eines Tages zu beerben. Sie waren es, die gemeinsam mit den beiden Gründern den neu eingerichteten Investitionsausschuss bildeten. Und Stuart hat mit KKR Financial den ersten unternehmerischen Ableger von KKR ins Leben gerufen. Wie Kravis und Roberts sind auch Gilhuly und Stuart gleich alt, studierten an derselben Universität (Stanford Business School), waren Zimmergenossen und sind heute an den gegenüberliegenden Küsten beheimatet: Edward Gilhuly in Kalifornien, Scott Stuart in New York.

Aber «eines Tages» scheint im Zusammenhang mit allen Nachfolgespekulationen wohl der wichtigste Ausdruck zu sein. George Roberts kann angesichts der Idee des Ruhestands lediglich schallend lachen. Henry Kravis geht es ähnlich: «Ich liebe Herausforderungen. Wenn ich loslegen und Firmen auf Vordermann bringen kann, gibt es für mich nichts Schöneres.»

Man muss ihm wohl glauben – warum sonst hätte sich der 61 Jahre alte Multimilliardär zuletzt zu einer dreiwöchigen Geschäftsreise nach Asien aufgemacht? Der Trip sei ausgesprochen strapaziös gewesen, bekennt Kravis. Aber er hat seine Ziele erreicht: nachzuforschen, wie KKR, deren Unternehmen bereits 35 Fertigungsstätten in China unterhalten, in Zukunft noch besser nach Fernost outsourcen könne; auszuloten, inwieweit chinesische Firmen an Investitionen interessiert sind, etwa durch Partnerschaften oder Kooperationen mit KKR; und herauszufinden, welche Investment-Möglichkeiten sich für KKR in China bieten.

Kravis fand zu seiner grossen Zufriedenheit, dass chinesischen Geschäftsleuten der Name KKR geläufig ist. Ein Manager erklärte Kravis, dass er seine Mitarbeiter für Trainingszwecke «Babarians at the Gate» habe ansehen lassen. «Wirklich?», entgegnete Kravis, vielleicht sei das doch nicht eine so gute Idee. Doch, erwiderte der Manager, «ich will, dass meine Leute Risiko auf sich nehmen. Ich will, dass sie spüren, dass es fast keine Grenzen gibt.»

Das wiederum war ein Gedanke, dem Kravis nicht widersprechen konnte. Also liess er es.