Der Versicherer Zurich fasst eine Übernahme des britischen Mitbewerbers RSA Insurance ins Auge. Der Schweizer Konzern reagierte am Dienstagmorgen mit dieser Aussage auf entsprechende Marktspekulationen an der britischen Börse.
Das bedeute aber nicht, dass auch tatsächlich ein Angebot unterbreitet werde, so die Zurich. Man werde die Öffentlichkeit bei Bedarf und zu gegebener Zeit informieren.
Vier Wochen Zeit für Übernahmeangebot
RSA wurde gestern Abend von der Börse mit rund 4,5 Milliarden Pfund oder mit 6,7 Milliarden Franken bewertet. Daran gemessen ist die Zurich mehr als sechs Mal so gross. Gemäss «Financial Times» könnte Zurich Insurance für den britischen Versicherer 550 Pence je Aktie oder rund 5,6 Milliarden Pfund hinblättern - das sind rund 8,4 Milliarden Franken. Wie die «Financial Times» weiter berichtet, hat die Zurich nun nach britischem Recht vier Wochen Zeit, ein Übernahmeangebot zu lancieren oder von einem Kauf abzusehen.
Die von der Zurich offenbarten Kaufgelüste verhalfen den Aktien von RSA am Dienstag zu einem Kurssprung: Die Aktien gewannen bis 13 Uhr 15 Prozent an Wert. Derweil büssen die Aktien der Zurich in einem festen Gesamtmarkt 1,1 Prozent ein. Im Tiefpunkt ging es für die Zurich sogar um 3,5 Prozent in den Keller.
Aus einer Fusion entstanden
Die im FTSE 100 gelistete RSA Insurance wies per Ende 2014 ein Netto-Prämienvolumen von 7,5 Milliarden Pfund (11,2 Milliarden Franken) und einen Vorsteuergewinn von 275 Millionen Pfund aus. Das Unternehmen war 1996 aus einer Fusion der Sun Alliance mit der Royal Insurance entstanden. Neben Grossbritannien und Irland gehören Skandinavien, Kanada und Lateinamerika zu den Kernmärkten des Versicherers.
Der Schweizer Versicherer Zurich Insurance wies im vergangenen Geschäftsjahr bei einem Umsatz von 74,4 Milliarden Dollar einen Gewinn von 3,9 Milliarden aus. Der Konzern beschäftigt weltweit 55'000 Angestellte.
Kommt es zum Kurswechsel?
Für die Zurich würde die Übernahme eines grösseren Versicherers wie der RSA einen Strategiewechsel bedeuten. Bis anhin setzte Zurich in erster Linie auf organisches Wachstum, kaufte kleinere Versicherer oder Portfolios etwa in Wachstumsmärkten oder ging in der Lebensparte Kooperationen mit Banken ein.
Am Investorentag im vergangenen Mai hielt CEO Martin Senn fest, dass die Zurich Überschusskapital (geschätzte 3 Milliarden Dollar) weiter in das operative Geschäft investieren will. Die Kapitallage diene in erster Linie zur Sicherung einer «nachhaltig attraktiven» Dividende für die Aktionäre und soll zudem das organische Wachstum der Gruppe unterstützen, sagte er. «In einem weiteren Schritt schauen wir uns nach Übernahmemöglichkeiten um, die allerdings strenge Profitabilitätsvorgaben erfüllen müssen.»
Investoren haben den Zurich-Chef für das fehlende Wachstum in den vergangenen Monaten immer wieder kritisiert. Denn Senn war vor allem mit Verkäufen aufgefallen. Zurich ist dabei, Bereiche abzustossen, die den Ansprüchen nicht genügen und die nicht saniert werden können. Vor einem Jahr hatte etwa der Konzern in Russland das unrentable Geschäft mit Unfall- und Haftpflichtversicherungen für Privatkunden abgegeben und dafür einen herben Verlust in Kauf genommen.
Kapitalrückführung an Aktionäre in Gefahr
Analysten sind bezüglich den Vor- und Nachteilen einer RSA-Übernahme für die Zurich geteilter Meinung. Die Zurich müsste deutliche Synergien realisieren, um die Übernahme zu rechtfertigen, meint ZKB-Analyst Georg Marti. Mit einer Combined Ratio von 98,8 Prozent sei die RSA jedoch kein Restrukturierungsfall, was die Realisierung umfangreicher Effizienzsynergien erschwere. So oder so dürfte eine solche Übernahme aber eine Kapitalerhöhung nötig machen.
Marti sieht seine Übergewichten-Einstufung im Falle einer Übernahme als gefährdet an. Die ZKB geht, wie andere Marktteilnehmer auch, von einer verstärkten Kapitalrückführung an die Aktionär durch die Zurich aus. Diese umfasse eine anhaltend hohe Dividende sowie die Möglichkeit einer Sonderausschüttung oder eines Aktienrückkaufes. Im Falle der RSA-Übernahme sei aber nicht mehr damit zu rechnen, so der Analyst.
Auch die Experten der UBS glauben im Fall einer Übernahme nicht mehr an eine Spezialdividende für die Zurich-Aktionäre. Positiver zeigt sich die Bank Vontobel in einer ersten Reaktion. Für Analyst Stefan Schürmann wäre eine Übernahme ein «sinnvoller Schritt», dies angesichts des Synergiepotenzials im UK-Geschäft und einer profitablen nordeuropäischen Geschäft und Verstärkungen in Lateinamerika.
(awp/ccr)