Während am 16. September 1938 von Sir Malcolm Campbell auf dem Hallwilersee mit dem Schnellboot «Blue Bird» ein Wassergeschwindigkeit-Weltrekord von 210,67 km/h aufgestellt wurde, dürfen Freizeitkapitäne von heute noch maximal 20 km/h schnell unterwegs sein. Wasserskifahren ist demzufolge nicht möglich. «Alles, was Spass macht, ist hier verboten», sagen viele, auch Wanderboote mit Verbrennungsmotor sind verboten. Dennoch sind heute auf der 10,3 km2 grossen Fläche 600 Boote mit Verbrennungsmotor und 900 Segelschiffe, beide mit maximalen Massen von 7,5 m Länge und 2,5 m Breite, zugelassen. Hier ist es zudem reine Glückssache, von den Gemeinden einen Bootsplatz zu bekommen.
Gesamthaft gibt es 2000 Schiffe auf dem Hallwilersee, Motor-, Segel-, Elektro- und Ruderboote. Die müssen bis Ende November aus versicherungstechnischen Gründen allesamt aus dem Wasser. «Der See kann zufrieren», besagt das Reglement. «Das war zwar letztmals vor 21 Jahren der Fall», erinnert sich Elisabeth Breitenstein von der Bootswerft Männich AG in Beinwil am See.
Nur im Sommer Betrieb
Von Ostern bis Oktober herrscht im Mittelland auf dem Haussee der Basler, Aargauer und Solothurner Hochbetrieb. Über 40 Jahre gibt es die von Heinz Männich gegründete Bootswerft. An die 150 bis 7,5 m lange Motor- und Ruderboote der Marke Polymarin aus Glasfaserkunststoff liefen vom Stapel und sind heute noch neben dem sechzehntgrössten Schweizer See im Mittelland auf zahlreichen anderen Gewässern zu finden.
Michael Männich ist schon über 30 Jahre an Bord und leitet die Geschäfte seit knapp zwei Dutzend Jahren. Heute ist die Männich AG die einzige Werft an der Westseite des Sees und, neben zwei weiteren alteingesessenen Werften auf der anderen Seeseite, die einzige mit Seeanstoss.
Trailer als ein Zusatzgeschäft
Bis November setzt die sechsköpfige Mannschaft denn auch alles daran, die Motor- und Segelboote auf die 300 Lagerplätze in den zwei grossen Hallen in Beinwil und Menziken zu hieven. «Wir bieten einen kompletten Unterhalt, Service und Reparaturarbeiten für alle Gfk-Segel- und -Motorboote an», freut sich Michael Männich. Der Zubehörshop ist ein kleines Mekka für Freizeitnautiker, und die in Beinwil am See offerierte Reparatur von Trailern beziehungsweise der Verkauf von Marken wie Huwyler und Stüssi sind eine Zusatzleistung.
Seit 50 Jahren profitieren Tausende von der heute von zwei Fahrlehrern geführten Motorboot- und Segelschule Männich AG. «Denn nach Beinwil am See kommt auch, wer sich entschlossen hat, das Ruder auf Schweizer Binnengewässern selbst in die Hand zu nehmen und sich zum Motorbootführer ausbilden zu lassen oder als angehender Skipper die Faszination des Segelsports zu erlernen, zu erleben und zu geniessen», freut sich Männich.
Für leidenschaftliche Wasserfreunde mit und ohne Motorboot- oder Segelschein können hier Schiffe gechartert werden. Die 60 PS starken, 7,5 m langen Saphir gibt es inklusive Benzin für 380 Fr. pro Tag, die Segelboote des Typ Larsen 23 für 200 Fr.
Lago Maggiore:
Poroli Special Boats
Bodensee: Steiner Bootbau GmbH
QUARTINO/PORTO RONCO Getreu dem Motto «Special Boats for special People» hat die moderne Poroli-Werft mit dem 300 m2 grossen Showraum in Quartino am Lago Maggiore mit Riva und Colombo seit 33 Jahren eine sehr prominente Kundschaft.
Edle, zeitlos elegante Boote sind seit jeher die grosse Leidenschaft von Linneo Poroli (59), der 1976 mit Riva anfing. Die edlen Yachten aus dem italienischen Sarnico mit so melodisch klingenden Namen wie Sunriva, Aquariva Super, Rivamare oder Athena importiert Poroli in die Schweiz und seit drei Jahren auch nach Deutschland. Die 900000 Fr. teure, 33 Fuss grosse Aquariva mit zwei 308 PS starken Dieselmotoren gehört zu den Favoriten der Palette.
Boote für besondere Ansprüche
«Aus Qualität, Design und Leidenschaft entstehen unsere Luxusyachten für besondere Ansprüche», freut sich Poroli und meint damit auch seine zweite italienische Marke, Colombo aus Bene Lario. Es sind qualitativ hochstehende, klassische Boote mit zeitloser Eleganz, vom 24 Fuss grossen Super Indios über Noblesse, Aliante, Romance, Virage bis hin zur 42 Fuss langen Algarve. Der Preisbogen für die Colombo-Palette spannt sich von 107000 Fr. bis zu einer halben Mio Fr.
Auch am Lac Léman Beziehungen
Als dritte Marke findet man bei Poroli schnelle Magnum-Sportboote aus Florida. Wer etwas weniger ausgeben möchte, stösst bei Poroli immer auch auf eine Reihe top gepflegter Occasionen. «Wer bei mir ein Boot kauft, bekommt am Lago Maggiore oder am Genfersee einen Liegeplatz», verspricht Poroli seiner internationalen Kundschaft und verhehlt nicht, dass der Lac Léman einer seiner Lieblingsseen ist.
Die Faszination Wasser wurde Linneo Poroli in die Wiege gelegt. Schon sein gleichnamiger Vater, Linneo Poroli senior, war zuständig für den Shuttle zu den Brissago-Inseln. Er eröffnete als Erster in Porto Ronco eine Tankstelle direkt am See und vermietete Bojen mit dem entsprechenden Service.
Zehn Personen sind heute bei Poroli in der 4200 m2 grossen Halle und auf dem umfangreichen Grundstück in Quartino beschäftigt. «Damit die von uns gewarteten Boote problemlos laufen, wenn sie anderswo eingewassert werden, betreiben wir - einzigartig in der Schweiz - zwei grosse Testbecken. Eines davon ist 15 m lang, 4,5 m breit und 1,3 m tief», erklärt Linneo Poroli beim Rundgang und führt in die grosse Lackiererei.
Der Dieselmotor wird beliebter
Bei pro Jahr rund 90 verkauften neuen Schiffen geht der Trend auch bei Poroli zu grösseren Yachten. Rund 90% davon sind mit 308- bis 3000-PS-Dieselaggregaten von Yamar, MAN und MTU motorisiert. «Zurzeit testet Audi für uns einen 340 bis 350 PS starken V8-Diesel, den wir ganz neu in einen Riva einbauen möchten», verrät Poroli. Schiffsdieselmotoren kosteten zwar bei der Neuanschaffung das Doppelte eines Benziners, verbrauchten aber nur die Hälfte Treibstoff.
Wer sich mal einen schönen Tag auf dem Lago Maggiore gönnen will, kann bei Poroli ein tolles Schiff von 22 bis 42 Fuss und acht Plätzen mieten. 700 bis 1800 Fr. kostet der Plausch.
ALTENRHEIN Die Steiner Bootbau GmbH war schon immer fürs Spezielle gut. In den frühen 60er Jahren wurden von Walter Steiner senior neben der Holzbildhauerei Boote gebaut, am Anfang kleinere Ruderboote, später Fischerboote mit Kunststoffschalen, kleiner Holzkabine und Aussenbordmotor. Anfang der 70er Jahre wurde das Angebot mit einem 8-m-Arbeitsboot und dem Fischerboot K72 erweitert. Eigens für diese Typen wurde eine Kunststoffproduktionshalle gebaut.
Die Nachfolgemodelle K80 - davon wurden bis heute über 300 Stück gebaut - und das etwas grössere K92 werden noch heute in der Werft hergestellt. Dazu kommen die STE 2000, Steiner 560 und 660. Die meisten Boote sind absolut unsinkbar, weil der ganze Zwischenraum ausgeschäumt ist.
Nebenbei verschaffte sich Walter Steiner junior in der olympischen Bootsklasse Tornado einen Namen und qualifizierte sich 1976 und 1980 für die Olympischen Sommerspiele. Zu dieser Zeit wurden in der Steiner-Werft auch Rennkatamarane gebaut.
Im Schnee statt auf dem Wasser
Und im Winter? Wenn die Kundenboote eingewintert waren, wirtete Walter Steiner auf 2000 m über Meer im Berggasthaus Arflina in den Fideriser Heubergen, präparierte Pisten und die 12 km lange Schlittel- und Zufahrtspiste. Dort war dann auch Sohn Marcel, der im 1100 m tiefer gelegenen Fideris zur Schule ging und quasi mit dem Snowboard an den Füssen aufwuchs. 1996 beendete der heute 31-Jährige die Lehre als Bootbauer und leitet jetzt in dritter Generation den Familienbetrieb.
Zusammen mit Patrick Hasler erweitert er laufend das Dienstleistungsangebot und passt die Werft den neuen Marktbedürfnissen rund ums Boot an. Dazu gehören auch Restaurationen, Umbauten, An- und Verkauf, Zubehör, Transport, Vermietung, Reparaturen und Motorenservice für jede Kategorie Boote. Neu dazugekommen ist gerade die Form von Stirnimann in Kreuzlingen. Der Grossteil aller Berufsfischer und viele Freizeitkapitäne setzen auf dieses 6,60 m lange Boot.
Auch für Snowboards bekannt
Mindestens ein Boesch- oder Pedrazzini-Boot wird neben dem Bootsbau bei Steiner pro Jahr restauriert. Und weil vorwiegend mit Holz und Gfk gewerkt wird, entwickelte Marcel Steiner mit Peter Rapp, dem Kollegen von einer benachbarten Werft, einen Snowboard-Prototyp. In den vergangenen zehn Jahren wurden 200 Snowboard-Unikate gefertigt und bis nach Australien verkauft. «Ein aufwendiges Verfahren und mindestens zwölf Stunden Handarbeit», verrät Steiner. Der Standardpreis für ein individuelles Snowboard vom Bootsbauer aus Altenrhein beträgt 1390 Fr. Wenn es aus edlem Mahagoniholz sein muss, sinds 1800 Fr. Dutzende Rennen wurden damit gewonnen. Eine Österreicherin erreichte mit einem Steiner Board im Weltcup den 8. Platz und Bruder Reto Steiner aus Chur fuhr gar den 6. Rang heraus.
So nebenbei sehen wir ein anderes Gefährt. Ein Prototyp eines Schiffs? «Nein», lacht Steiner bescheiden, «das wird ein Anhänger für einen Schneetöff. Die bauen wir auch noch!»