«Geldwäsche-Verdacht bei Firma XY», «Ermittler stellen grösseren Geldbetrag sicher – Verdacht auf Geldwäsche» oder «Staatsanwalt ermittelt gegen Geldwäsche» – solche Schlagzeilen möchte kein Mitglied des Verwaltungsrats oder einer Unternehmensleitung in den Medien sehen. Denn die Folgen betreffen nicht nur die Finanzdienstleister, die Firmen und ihre wichtigsten Exponenten. Auch ihre Verwaltungsräte sind auf vielfältige Weise involviert und gefordert.
Am 19. Juni 2024 richtet KPMG in Zürich die Financial Crime Compliance Conference aus. Diese Konferenz beleuchtet die wachsende strategische Bedeutung von Geldwäscherei und Sanktionen angesichts globaler geopolitischer Herausforderungen und bietet Einblick in neueste Entwicklungen. Teilnehmende können sich in strategischen Debatten engagieren und erhalten Updates zu technologiegetriebenen Entwicklungen. Es ist zudem eine Plattform zum Netzwerken und Entwickeln von AML-Strategien.
Gemäss dem jüngsten Jahresbericht der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) in Bern, die zum Bundesamt für Polizei gehört, ist die Zahl der Meldungen 2022 gegenüber dem Vorjahr um 28 Prozent gestiegen (jüngere Zahlen liegen noch nicht vor). Auch wenn sich längst nicht alle Verdachtsmomente im Zuge der Ermittlungen erhärten und spätere Urteile noch seltener sind – bei Verdacht auf Geldwäsche werden Sanktionen eingeleitet, Konten gesperrt, Transaktionen untersucht und der Betrieb in einer Bank unter Umständen empfindlich gestört. Es genügen Anfragen ausländischer Partnerstellen des MROS, um diesen Prozess in Gang zu setzen. «Die Internationalität und die Komplexität der verschiedenen Fallkomplexe haben in den letzten Jahren stetig zugenommen», heisst es im erwähnten Jahresbericht weiter.
Interne Kontrollen sind gut – die Prävention ist noch besser. Dazu gehört die Verpflichtung, die Geschäftspartner von Banken, Versicherungsgesellschaften, Immobilienmaklern, Händlern und von Spielbanken zu identifizieren. Die Mitarbeitenden müssen über die aktuellen Methoden, Vorschriften und Pflichten rund um das Thema Geldwäscherei regelmässig informiert und über die Folgen aufgeklärt werden. Zusätzlich werden die Systeme, mit denen Zahlungen abgewickelt und verbucht werden, um weitere Systeme, mit denen verdächtige Transaktionen aufgespürt werden können, ergänzt.
Doch das allein genügt nicht, denn auch die Gegenseite rüstet auf. Grosse Summen werden beispielsweise in kleinere Beträge aufgeteilt, mit einer Vielzahl von Transaktionen wird die ursprüngliche Herkunft verschleiert und wenn Scheinunternehmen sowie Briefkastenfirmen genutzt werden, wird es sehr schnell sehr kompliziert. Die bei solchen Transaktionen erforderlichen Abklärungen und Sicherheitsmassnahmen sind teuer und aufwendig. Auch kann es passieren, dass viele falsche Verdachtsfälle hängen bleiben. Gerade in einer offenen, mit vielen Staaten wirtschaftlich verflochtenen Volkswirtschaft sind die Waren- und Geldströme umfangreich und unübersichtlich – selbst wenn alles legal und legitim ist. Und die globalen Handelskonflikte und kriegerischen Handlungen erhöhen die Komplexität weiter.
Deshalb muss man in der Praxis eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse vornehmen. Beispielsweise mit einer Überprüfung des eigenen Unternehmens in Hinblick auf Schwachstellen.
Dabei gilt es, nicht nur die finanziellen Kosten der Überprüfungs- und Kontrollmassnahmen gegen mögliche Schadenkosten abzuwägen und gegebenenfalls die Zusatzkosten auf einzelne oder alle Kunden umzulegen. Hinzu kommen weitere potenzielle immaterielle Reputations- und Sanktionskosten, für die die Unternehmensleitung die Verantwortung mitträgt.
Als wirksames Präventionsinstrument gelten deshalb Verfahrensüberprüfungen. Bei diesen gehen Compliance- und Geldwäschereispezialistinnen und -spezialisten der Frage nach, ob und wo bei den untersuchten Finanzdienstleistern Schwachstellen bestehen und wie sich diese beheben lassen. Hier kommen nicht nur Kosten-Nutzen-Überlegungen ins Spiel. Eine gut geprüfte, in dieser Hinsicht resilient gemachte Bank weist auch ein strategisches Asset auf: Verdachtsfälle werden rechtzeitig erkannt, weil die Prozesse im Rahmen eines umfassenden Riskmanagements so ausgelegt sind. Im Idealfall sind Prozesse und Organisation so organisiert, dass sie auf die sich ständig erfolgenden Veränderungen elastisch reagieren.
Natürlich gibt es auch hier keine hundertprozentige Sicherheit. Die bereits erwähnte Komplexität dürfte in den kommenden Jahren eher noch zunehmen. Auch die «Gegenseite» reagiert flexibel, passt sich an, lernt – und das beachtlich schnell.
Die Vertreter der Verwaltungsräte und die Verantwortlichen in den Leitungen von Finanzdienstleistern und Firmen stehen deshalb vor der anspruchsvollen Aufgabe, solche Entwicklungen mit geeigneten Fragen frühzeitig zu antizipieren, um ein Gespür für möglicherweise später problematische Konstellationen zu entwickeln. In der Praxis hat sich gezeigt, dass es viel bringt, wenn man sich mit Personen in ähnlichen Konstellationen auf neutralem Boden bzw. an Fachveranstaltungen austauschen und voneinander lernen kann.
Daraus ergeben sich nicht nur kurzfristige Vorteile. Denn wenn ein Unternehmen dieses heikle Thema im Rahmen seines Riskmanagements beherrscht, lassen sich die Erkenntnisse und Vorteile auch auf andere Bereiche übertragen. Das wiederum stärkt die ganze Unternehmung. Neue Entwicklungen lassen sich dann rascher integrieren und umsetzen – und die eingangs erwähnten Schlagzeilen liest man dann nicht über die eigene Firma, sondern über andere Finanzdienstleister.