Cashless.ch, die Interessengemeinschaft der Schweizer Kartenanbieter, sieht das bargeldlose Zahlen hierzulande auf dem Vormarsch. «Bargeldloses Bezahlen wird von den Kunden in der Schweiz positiv aufgenommen», sagt Projektleiter Matthias Meihofer von der UBS. Zu diesem Schluss kommt eine Umfrage der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Dabei zeichne sich ein neuer Trend im Nutzerverhalten ab: «Karten werden immer häufiger auch für kleinere Beträge eingesetzt.»
Trotzdem gebe es für Cashless noch Luft nach oben, findet Meihofer. «Im europäischen Vergleich befindet sich die Schweiz beim bargeldlosen Bezahlen etwa im Mittelfeld.» So liege man noch weit hinter den skandinavischen Ländern zurück, wo inzwischen fast alles mit Karten bezahlt wird. Um «Vorurteilen und Stigmata» entgegen zu treten und den Wechsel von der Barzahlung zur Bezahlung mit Karte zu fördern, hat Cashless.ch unter anderem die auf mehrere Jahre angelegte Werbekampagne «Tony Card» ins Leben gerufen. Dazu lud Cashless.ch zusammen mit Migros und McDonald's zum Mediengespräch nach Zürich.
Das Volumen ist noch immer recht klein
Wichtiger Bestandteil der Strategie ist neben der Promotion aber auch die weitere Vereinfachung der bargeldlosen Zahlungsmöglichkeiten. Insbesondere die Technologie «Near Field Communication» (NFC), verspricht eine noch schnellere Abwicklung von Transaktionen. So kann damit bezahlt werden, ohne die Karte in ein Lesegerät zu stecken und – bei kleineren Beträgen – ohne einen Pincode einzugeben. McDonald's Schweiz gehörte 2008 zu den Ersten, die ihre Kassen für die neue Methode umgestellt haben. Nachdem inzwischen auch grössere Marktteilnehmer wie Migros und Coop nachgezogen haben, gewinnt die Technologie merklich an Akzeptanz.
«Moderne Bezahlungsmittel gehören zu den Erfolgsfaktoren von McDonald's Schweiz», sagt Marketingchef Thomas Truttmann. Deshalb habe man auch beim kontaktlosen Bezahlen zu den Pionieren gehören wollen und sich 2007 am Pilotprojekt der Aduno-Gruppe beteiligt. Nach sechs Jahren werden inzwischen rund drei Prozent der Kartenzahlungen bei McDonald's kontaktlos getätigt. Das sehe zwar nach wenig aus, sagt Rolf Fäh von der Kreditkartenherausgeberin Aduno, doch handle es sich dabei bei McDonald's immerhin um 15'000 bis 20'000 Transaktionen im Monat. «Es sind also nicht mehr nur technikaffine Kunden, die auf die Methode zurückgreifen.»
Markante Fortschritte seit 2013
Auch bei der Migros sieht man seit der Einführung 2013 markante Fortschritte. «Inzwischen sind etwa 20 Prozent der Cumulus-MasterCard bei der Migros kontaktlos, bei einem durchschnittlichen Betrag von 25 Franken», so Marketingleiter Benedikt Zumsteg. Das Segment sei auch deshalb interessant, weil die Kartentransaktionen im Vergleich zu Barzahlungen weiter zunehmen würden. «Und wir hatten keine Missbrauchsfälle, was in der Einführungszeit besonders wichtig ist.»
Etwas schweigsamer sind die Cashless-Vertreter bei Fragen nach dem totalen Verhältnis von Barzahlungen und Transaktionen mit Plastikkarten. Bei der Migros würden mehr als 50 Prozent der Zahlungen mit Karten getätigt, sagt Migros-Vertreter Benedikt Zumsteg auf Nachfrage. Genaue Zahlen würden nicht kommuniziert, «doch das Verhältnis liegt in der Nähe der genannten Zahl von 52 Prozent für Coop».
Debitkarten müssen weiterhin eingelesen werden
Weshalb noch immer so ein grosser Teil der Transaktionen in Bar erfolgen, hat für die Vertreter von Cashless.ch mit der langen Anlaufzeit zu tun, die neue Technologien jeweils brauchen. Viel Potenzial bestünde indes auch beim kontaktlosen Zahlen mit Debitkarten, die in der Schweiz weiter verbreitet sind als Kreditkarten. Wann die NFC-Technologie für Debitkarten eingeführt wird, ist aber laut Matthias Meihofer noch offen. Hoffnung setzen die Verfechter des bargeldlosen Zahlens auch in das neue iPhone 6, mit dem die NFC-Technologie weiter popularisiert werden könnte.
Die Abschaffung des Bargeldes sei nie das Ziel gewesen, sagt jedenfalls Thomas Truttmann von McDonald's. «Wir wollen den Kunden die Wahl lassen». Ähnlich sieht man dies offenbar auch bei der Migros: «Wir haben nie gesagt, dass Bargeld verschwinden soll und ich kann mir gut vorstellen, das gewisse Kunden gerne ihre Ausgaben kontrollieren, indem sie das Geld in der Hand halten», findet Benedikt Zumsteg.
Wie sich das Ausgabeverhalten durch einfachere Bezahlmethoden verändert, war wiederholt Gegenstand von Studien. Diese legen nahe, dass die Ausgaben steigen, je unkomplizierter bezahlt werden kann. Für Mediensprecher Jürg Schneider von der Finanzdienstleisterin Six Group, ist es zwar durchaus möglich, dass die Kontrolle beim Bargeld leichter sei. «Doch letztlich hängt das Ausgabeverhalten davon ab, ob man in der Jugend den Umgang mit Geld gelernt hat.»