Da die Postfinance keine Kredite vergeben darf, schrumpfen ihre Gewinne wegen des Negativzinses besonders stark. Erstmals verlangt das Finanzinstitut ab Februar daher für Guthaben ab einer Million Franken einen einprozentigen Strafzins. Gleichzeitig versucht die Postfinance mit Krediten indirekt Geschäfte zu machen. Möglich wird dies, trotz eines Verbotes im Postorganisationsgesetz, durch eine Minderheitsbeteiligung an der Kreditvermittlungsplattform Lendico Schweiz.
Das aus dem deutschen Rocket-Internet-Imperium (Zalando) hervorgehende Start-up legt am 1. Dezember mit der Vergabe von Krediten an KMUs los. Bis zu 20 Investoren werden über die Crowdlending-Plattform an Firmen bis zu 500'000 Franken verleihen. Lendico-Schweiz-Geschäftsführerin Myriam Reinle geht mit zwei Mitarbeitern an den Start und will «mittelfristig die Nummer eins unter den Schweizer Crowdlending-Anbietern» werden.
Für Vertrauen sorgen
Die Postfinance soll vor allem für Vertrauen unter Kreditnehmern und -gebern sorgen. Um dieses nicht zu missbrauchen, versucht man wie bei allen Crowdlending-Plattformen Ausfälle so weit wie möglich zu verhindern.
Lendico will die Vertriebskanäle der Post nutzen. Aktuell dürfen Postfinance-Mitarbeiter Flyer ausgeben und auf die Website verweisen. Inwieweit die Postfinance Lendico-Produkte in das Portfolio integriert, ist noch offen.
Nur für den Betrieb verantwortlich
Dass die Postfinance via Lendico das Postgesetz umgeht, sieht Postfinance-Sprecher Johannes Möri nicht. Sowohl Lendico als auch die Postfinance seien nur für den Betrieb der Plattform verantwortlich. Man vergebe keine Kredite und übernehme keine Kreditrisiken. Die liegen bei den einzelnen Kreditgebern.
«Für Lendico ist der PostFinance-Deal sensationell» sagt Alwin Meyer, Chef des Crowdlending-Konkurrenten Swisspeers. Jedoch sei es das Geschäftsmodell der Lendico-Mutter Rocket Internet, digitale Geschäftsmodelle zu kopieren, um schnell viel Geld zu machen. «Für die solide Postfinance besteht ein Reputationsrisiko», glaubt Meyer.
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