Wie der Luftfahrt-Weltverband IATA prognostiziert hat, steckt die Aviatikindustrie weiterhin im Abwärtssog der Wirtschaftskrise. Im laufenden Jahr sollen die Passagierzahlen um rund 10% und die Frachtvolumen gar um über 20% zurückgehen. Diese globalen Einbrüche gehen auch an den hiesigen Dienstleistungsunternehmen nicht spurlos vorbei, wie Recherchen der «Handelszeitung» ergeben haben.

Beim Wartungskonzern SR Technics sollen im Verlaufe des Jahres hierzulande 200 bis 300 der rund 3000 Mitarbeitenden abgebaut werden. Nun kommt auch der Catering-Anbieter Gategroup an seinen Standorten in Zürich (640 Vollzeitstellen) und Genf (150 Vollzeitstellen) nicht mehr um Entlassungen herum.

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Gategroup entlässt punktuell

«Da die natürliche Fluktuation bei Gate Gourmet Switzerland sehr gering ist, konnte der Volumenrückgang, den unsere Kunden bei der First und Business Class hinnehmen mussten, trotz Anstellungsstopp nicht ohne punktuelle Kündigungen aufgefangen werden», bestätigt Sprecherin Brigitt Trindler auf Anfrage - Zahlen werden keine bekannt gegeben.

Daneben sollen weitere Massnahmen die Beschäftigungssituation entschärfen, etwa die Reduktion von akkumulierten Stunden oder von Zeitarbeitskräften. Trindler ergänzt: «Juli und August gehören im Catering-Geschäft zu den stärksten Monaten; wir werden aber die wirtschaftliche Entwicklung weiterhin sorgfältig beobachten und den Personaleinsatz möglichst vorausschauend planen.»Nicht infolge der Wirtschaftskrise, sondern aufgrund neuer Ge-samtsarbeitsverträge «kommt es bei Belair zu etwas weniger als zehn Entlassungen beim fliegenden Personal - ausschliesslich Flight Attendants», wie Thomas Frischknecht, CEO der Schweizer Beteiligung der deutschen Air Berlin (49%), gegenüber der «Handelszeitung» bestätigt. Den Rest der Belair hält die Migros-Reisetochter Hotelplan.

Belair wechselt per 1. Januar 2010 vom fixen Lohnmodell auf das leistungsbezogene Blockstundensalärsystem von Air Berlin, mit dem sich gemäss Frischknecht sogar mehr verdienen lässt als früher. Die rund 200 Angestellten in der Schweiz hatten bis 15. Juli 2009 Zeit, den neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben. «Wer dies nicht getan hat, erhält nun eine Änderungskündigung per Ende Jahr», sagt der CEO von Belair.

Diese sowie durch die Fluktuation bedingte Abgänge werden laut Frischknecht ersetzt. 20 neue Flugbegleiterinnen nehmen am 1. September 2009 ihre Arbeit auf. Mittelfristig sollen hierzulande wieder über 250 Personen für Belair tätig sein. Während man im Cockpit und am Boden genug Leute habe, suche man für die Kabine noch Personal.

Cargo-Firmen arbeiten kürzer

Besonders hart trifft die Krise die Aviatikfrachtanbieter, weil der Warenumschlag an den Schweizer Flughäfen um 20 bis 30% zurückgegangen ist. Doch anstatt Leute zu entlassen, setzen die Firmen auf Kurzarbeit: Cargologic (Rhenus-Tochter), Dnata Switzerland (Emirates-Tochter) sowie Swiss World Cargo (Swiss-Tochter) lassen viele ihrer Angestellten seit Frühling kürzer arbeiten und wollen diese Massnahme bis Herbst verlängern, wie sie unisono erkären.

Auch die Servicegesellschaft Swissport bedient sich seit kurzem der Kurzarbeit, jedoch nur für ihr Cargo-Personal in Basel. «Rund 80 Angestellte sind betroffen», erklärt Sprecher Stephan Beerli. Total sind in der Schweiz über 5000 Personen für Swissport tätig. Die Krise wolle man bei den restlichen Angestellten mit dem Abbau von Überstunden und Ferientagen meistern.

Ähnlich klingt es bei weiteren Schweizer Aviatikdienstleistungsunternehmen wie Jet Aviation (Geschäfts- und Privatfliegerei) oder Dufry (Duty-free-Shops). Auch die Flughafenbetreiberinnen Unique (Zürich) und EuroAirport (Basel) wollen keine Leute verlieren, indem sie Anstellungsstopps erlassen haben sowie Personalabgänge selektiv ersetzen. Keine Veränderung erfahren die bislang getroffenen Sparmassnahmen bei Swiss, so Sprecher Jean-Claude Donzel. 



Air Berlin steigt in der Schweiz in die Wartung ein

Am 1. Juli hat die deutsche Air Berlin Technik am Flughafen Zürich von der Schweizer Jet Aviation die Division Airline Line Maintenance erworben, sprich die Wartung von Flugzeugen im Liniendienst. Alle zehn Mitarbeitenden würden am gleichen Standort weiter beschäftigt, so Wolfgang Kurth, Chief Maintenance Officer der Air Berlin Group. Im Gespräch mit der «Handelszeitung» sagt er: «Für die Transaktion haben wir nicht viel investiert, sondern wir übernehmen Mieten und Löhne von Jet Aviation.»

Die zweitgrösste Fluggesellschaft Deutschlands steigt laut Kurth aus drei Gründen in der Schweiz ins Wartungsgeschäft ein: «Erstens hat uns der langjährige Partner Jet Aviation signalisiert, dass er in Zürich die Airline Line Maintenance aufzugeben gedenkt.» Air Berlin war der grösste Kunde. Kurth weiter: «Zweitens haben wir geprüft, ab wann unser Aufkommen in Zürich tragfähig genug ist, um die Wartung selbst zu betreiben.» Dies sei mit sechs Maschinen, die Air Berlin aktuell in der Schweiz stationiert habe, bereits der Fall. «Drittens haben wir bei den übrigen Kunden abgeklärt, ob sie uns nach einem allfälligen Wechsel erhalten bleiben», erklärt der Technikvorstand, «was sie bejaht haben.» Zu den Auftraggebern von Air Berlin Technik in Zürich gehören Fluggesellschaften wie British, American, United oder Continental.

Zu weiteren Schweizer Plänen im Wartungsbereich meint Kurth: «Gegenwärtig haben wir keine Ambitionen.» Trotzdem lasse sich aus dem Engagement von Air Berlin Technik in Zürich ableiten, dass sich die Air Berlin Group nicht aus dem Markt zurückziehen werde. Die Schweiz bedient man seit 2003.

Jet Aviation gibt die Airline Line Maintenance hierzulande übrigens nicht ganz auf, sondern nur am Flughafen Zürich. In Genf und Basel hält der Spezialist für Geschäfts- und Privatfliegerei daran fest, so Sprecherin Christine Schindler.(ncb)