Cumulus?», fragt die Migros-Verkäuferin und ist erstaunt, wenn sie einen abschlägigen Bescheid bekommt. Es soll Kunden geben, die zwar gerne bei diesem Grossverteiler einkaufen, aber nicht mit dicken Couverts voller Werbematerial behelligt werden wollen. Zumal es oft Angebote sind, an denen man gar nicht interessiert ist. Hier setzt Ruedi Ullmann von «Marketing und Kommunikation» an. «Das Sammeln von Kundendaten macht Sinn, aber es müsste sich daraus ergeben, dass jemand, der viele Pampers kauft, eine Offerte bekommt, wenn diese beson-ders günstig sind. Davon sind die meisten Datensammler weit entfernt.»

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2,2 Mio Migros-Cumulus-Karten und 2,3 Mio Coop-Supercards sind im Umlauf. Ullmann sowie Marc Bohnenblust von BH Kommunikation zweifeln, ob bei dieser Datenfülle eine individualisierte Zielgruppenpflege möglich ist. «Das würde viel Feinarbeit und Ausdauer bedingen. Kundenbindung ist ein Langstreckensport», sagt Bohnenblust.

Dieser Gedanke steht denn auch hinter der Kreation von Billiglinien bei Migros und Coop, die sich vor allem bei jungen Leuten grosser Beliebtheit erfreuen. «Daher wird Migros diesen Herbst erstmals eine Budget-Party für Junge in Rimini veranstalten», sagt Pressesprecherin Martina Bosshard. Der Kundenbindung dienen gemäss Coop Pressesprecher Karl Weisshaupt auch Angebote von weight watchers und anderer spezialisierter Linien.

Grundvertrauen ist stabil

Im Marketing spielt der Begriff Vertrauen eine wichtige Rolle. «Vertrauen in ein Geschäft oder eine Institution ist die beste Kundenbindung», sagt Ullmann. Das erklärt auch, wieso jemand die Bank nicht so rasch wechselt, auch wenn er über die hohen Gebühren murrt. Marianne Rupf, Spezialistin für Kundenbindungen im Bankensektor, hält dafür, dass eine emsige Bewirtschaftung des Portfolios zur Farce wird, wenn der Kunde realisiert, dass die Bewegungen auf seinem Konto vor allem dazu dienen, Gebühren zu generieren.

Wieso er der Bank dann aber doch nicht den Rücken kehrt, hat der Soziologe Niklas Luhmann beschrieben: Ein System erträgt partielle Frustrationen. Konkret: Erst wenn die CS oder die UBS total versagten, würde ein Absprung erwogen. Dann nützen auch die von vielen Filialleitern versandten Geburtstagskarten nichts mehr.

Daher setzt Thomas Lustenberger, Leiter der Helsana-Filiale in Aarau, ganz auf Kundenverblüffung und trifft mit seinen Ideen ins Schwarze, wenn es um individualisierte Kundenbindung geht. «Banken und Versicherungen sollten nicht davon ausgehen, dass alle ihre Kunden es schätzen, wenn sie mit wildfremden Menschen Weisswein trinken und anschliessend einen Anlass besuchen müssen. Wieso nicht einen Schlüsselkunden zu einem Essen im kleinen Kreis mit Gästen einladen, die nach seinem Gusto ausgewählt worden sind?», fragt er. Lustenberger rät dazu, das Thema Kundenverblüffung an der nächsten Teamsitzung zu behandeln.

Customer Satisfaction Index

Ob mit Boni, Einladungen oder Spezialangeboten alles sollte letztlich dazu dienen, einen Customer Satisfaction Index, CSI, zu erstellen. «Nur der zufriedene Kunde ist ein treuer Kunde», sagt Ralf Nader, Vater der tiefenpsychologischen Auslotung der Konsumentenseele. Das gilt im Zeitalter der hybriden Käuferschaft mehr denn je. «Die grosse Kunst im Wettbewerb um die Kundengunst ist es, herauszufinden, welche Konsumenten lieber in Ruhe gelassen und welche hofiert werden wollen», steuert HTP-Managementberater Stephan Feige einen weiteren Tipp bei.

Er widerspricht der gängigen Meinung, Hopfen und Malz seien verloren, wenn ein Kunde einem Unternehmen den Rücken gekehrt hat. «Es ist nie zu spät», findet er. Das sagt sich auch die Swisscom. Gemäss Pressesprecher Sepp Huber unterhält sie eine Win-back-Abteilung, die sich speziell mit Abtrünnigen befasst.

In einem sind sich alle einig: Ohne Kundenbefragungen geht es nicht. Während sich viele Unternehmen auf Umfragen von bekannten Instituten wie IHA, Demoscope oder Isopublic verlassen, setzen gemäss Feige immer mehr Firmen auf Kundenbefragungen à la carte. Er plädiert für Seminare mit Kunden, die in einer entspannten Atmosphäre durchgeführt werden. Diese müssten das Gefühl haben, frisch von der Leber weg zu reden. Dabei sollten auch die Mitarbeitenden zahlreich vertreten sein. «Sie lernen auf diese Weise sehr viel.»

Auch Fragebögen verwirft er nicht in Bausch und Bogen. «Sie müssen nur intelligent abgefasst sein und Spielraum für individuelle Antworten lassen.» Das hat Coop beherzigt und 400 000 Kunden über ihre Leiden und Freuden befragt. Dabei stellte sich heraus, dass der Ärger über das Warten an der Kasse am grössten ist. Darauf wurde «passa bene» kreiert, ein System, bei dem der Kunde die Ware selber einscannen kann.

Den radikalsten Standpunkt vertritt Marketingexpertin Anne Schüller. Sie spricht konsequent von Kundenloyalität, weil eben längst nicht jeder Kunde angebunden werden will. Die Menschen sind in ihrem Urteil zu «kaufenden Nomaden» geworden. Treue gegenüber Marken und Unternehmen kann von Kunden, die ein T-Shirt bei H&M und eine Tasche von Louis Vuitton kaufen, nicht mehr erwartet werden. Im Gegensatz zu Feige sind für sie Balzrufe an abgesprungene Kunden nutzlos. Gleiches denkt sie über eine Tiefpreispolitik. «Nichts ist austauschbarer als der Preis.»

Berühmt geworden ist Schüller mit der Aussage «Man kann Aldi nicht mit Aldis Waffen schlagen, damit macht man sich höchstens die Bilanz kaputt». Mit Feige geht sie einig, dass es gilt, eine Art Community unter den Abnehmern zu schaffen, die nicht so leicht zu erschüttern ist. «Dazu hilft auch ein gemeinsames Feindbild. Für Apple ist es beispielsweise Microsoft. Nur schon die schwarzen oder eben weissen Ohrenstöpsel senden Signale aus», sagt Feige.

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Veranstaltung

X'06

Die Marketingmesse X'06 und der «Xongress» gehen in die neunte Runde. Vom Dienstag, 22., bis Donnerstag, 24. August, dreht sich im Messezentrum Zürich alles um Marketing, Kommunikation und «Brand-Experience». Unter anderem findet im Mediencafé am Mittwoch, 23. August, von 14 bis 15 Uhr eine Podiumsdiskussion der «Handelszeitung» zum Thema «So denken meine Kunden wer seine Zielgruppe besser kennt, macht die besseren Geschäfte» statt.

www.xpage.chwww.xongress.ch

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Service

Das bindet

Individualisierte Einladungen und Umfragen

Kundenseminare

Erspüren, wer hofiert und wer in Ruhe gelassen werden will

Kunden mit all ihren Marotten ernst nehmen

Umtausch speditiv erledigenDas frustriert

Geburtstagskarten senden

Masseneinladungen mit Massenabfertigungen

08.15-Fragebogen und -Telemarketing

nicht individualisierte Postwurfsendungen

unprofessionelle Behandlung von Reklamationen