Das Marktvolumen im schweizerischen Kurier-, Express- und Paketmarkt wird mit «weit über 1 Mrd Fr.» beziffert. Lässt sich dieses Volumen etwas genauer definieren?
Christian Fritz: Absolute Zahlen existieren keine, doch man kann feststellen, dass allein die drei KEP-Anbieter, nämlich PostLogistics, DPD Schweiz und DHL Express (Schweiz), zusammen ein Umsatzvolumen von rund 1 Mrd Fr. generieren. Zählt man das Auslandgeschäft sowie den Werkverkehr im KEP-Bereich dazu, ergeben sich nochmals einige 100 Mio Fr. Umsatzvolumen. Die Eingrenzung des relevanten Marktes und daraus abgeleitet die Ermittlung des Gesamtmarktvolumens stehen ganz zuoberst auf der gemeinsamen Traktandenliste.
Wie ist der KEP-Markt genau definiert? Welche Dienstleistungen umfasst er?
Fritz: Der KEP-Markt grenzt sich durch eine Reihe von Merkmalen von traditionellen Transportmärkten ab. Er umfasst im allgemeinen Verständnis sämtliche Dienstleistungen im Kurier-, Express- und Paketdienstbereich sowohl im Inland wie im Ausland. Dazu kommen – vor allem im Expressbereich – eine ganze Reihe spezifischer Dienstleister dazu, wie zum Beispiel die Velokuriere oder andere lösungsorientierte Dienstleister für spezielle Branchen. Auch hier sind wir daran, ein differenziertes Verständnis des Leistungsspektrums der KEP-Branche zu entwickeln.
Wer sind die fünf wichtigsten Anbieter in diesem Markt ?
Fritz: Neben den bereits erwähnten Anbietern PostLogistics, DPD (Schweiz) AG und DHL Express (Schweiz) AG zählen auch TNT Swiss Post, GLS, UPS und Fedex zu den bekannten Dienstleistern im KEP-Bereich.
Wie viele Firmen sind in diesem Markt tätig, und gibt es prominente Abwesende, welche noch nicht dem Fachbereich KEP angehören ?
Fritz: Derzeit laufen Gespräche mit den Firmen UPS und Fedex, die bis jetzt noch nicht Mitglied des Fachbereiches KEP innerhalb der Spedlogswiss sind.
Ist in den kommenden Jahren damit zu rechnen, dass weitere Logistik- und Speditionsdienstleister sich im Schweizer KEP-Markt engagieren werden?
Fritz: Der nationale KEP-Markt gilt als weitgehend gesättigt und kann vom Marktvolumen her betrachtet nicht unbeschränkt viele Anbieter aufnehmen. Mehr als die derzeit aktiven Anbieter werden kaum ein vernünftiges Umsatzvolumen erzielen können. Zudem ist ein solcher Markteintritt auch mit Investitionen verbunden. Wo wir uns dagegen eine Zunahme vorstellen könnten, ist in spezialisierten Branchen und Nischengeschäften. Hier können noch Marktchancen genutzt werden.
Welche Branchenprobleme stehen derzeit im Vordergrund, und welche Ziele verfolgt der Fachbereich KEP ?
Fritz: Mit dem Fachbereich KEP wurde primär eine Plattform zur Diskussion und Meinungsbildung in firmenübergreifenden Fragestellungen geschaffen. Zuerst einmal möchten wir im Rahmen der Imagepflege der Branche ein profilierteres Gesicht geben. Konkret: Wir wollen die volkswirtschaftliche Bedeutung des KEP-Marktes in der Öffentlichkeit stärker darstellen. Im Weiteren werden derzeit verschiedene Möglichkeiten einer Zusammenarbeit innerhalb der Mitglieder geprüft. Beispielsweise macht es ja wenig Sinn, wenn drei verschiedene KEP-Dienstleister auf den gleichen Destinationen unterwegs sind und keiner mit voller Auslastung fahren kann. Hier wollen wir in Zukunft verstärkt Synergien nutzen, nicht zuletzt im Sinne eines vernünftigen Umweltschutzes. Bei all diesen Bemühungen bleiben wir aber natürlich Konkurrenten.
Was wird im Bereich Aus- und Weiterbildung im Fachbereich unternommen?
Fritz: Diesbezügliche Überlegungen gehören ebenfalls zu den Aufgaben des Fachbereiches. Vor allem wollen wir dazu beitragen, dass auch kleinere Dienstleister im KEP-Markt in Zukunft in der Lage sein werden, Nachwuchskräfte auszubilden. Gerade in diesem Bereich kann Spedlogswiss einen namhaften Beitrag leisten. Wir beabsichtigen, das breite Ausbildungsangebot der KEP-Anbieter auch Dritten zugänglich zu machen.
Welche Rolle spielt die Technologie?
Fritz: Diesem Bereich widmen wir ganz besonders unsere Aufmerksamkeit, ist es doch ohne moderne Technik gar nicht mehr möglich, effiziente Dienstleistungen im KEP-Markt zu erbringen.
Gibt es dazu Beispiele?
Fritz: Ein wichtiger Bereich ist RFID, die Radio Frequency Identification. Hier muss noch viel Aufbauarbeit geleistet werden. KEP-Dienstleister spielen eine immer wichtiger werdende Rolle innerhalb der logistischen Kette. Den Multiplikator zur Weiterentwicklung von RFID sehen wir in den Standardisierungs- und Normierungsbemühungen innerhalb der Branche, die dieser Technologie zum Durchbruch verhelfen wird. Denn erst wenn Industrie, Handel und KEP-Dienstleister in einem Informationsfluss integriert sind, läuft die logistische Kette reibungslos.
«Ein Ziel des Fachbereiches KEP ist die Förderung der kommerziellen Zusammenarbeit unter den Mitgliedern», heisst es im Gründungsbericht der Spedlogswiss. Gleichzeitig sind die einzelnen Mitglieder jedoch harte Konkurrenten. Wie kann diese Zusammenarbeit funktionieren?
Fritz: Unsere Kunden erwarten von uns interessante Preise für unsere Dienstleistungen. Ohne eine rationelle Organisation ist dies kaum mehr möglich. Allerdings können gewisse Dienstleistungen durchaus gemeinsam erbracht werden, ohne dass deswegen der Wettbewerb beeinträchtigt würde. Das ist nicht ganz einfach, setzt dies doch ein gewisses gegenseitiges Grundvertrauen der einzelnen Anbieter voraus, welches durch die gemeinsamen Aktivitäten innerhalb des Fachbereiches KEP erarbeitet und gefestigt werden.
Wirksame Interessenvertretung in der politischen Arena ist eine zentrale Aufgabe eines Verbandes. Wie engagiert sich der Fachbereich KEP innerhalb Spedlogswiss für seine Mitglieder?
Fritz: Der Fachbereich KEP kümmert sich in erster Linie um Prozessverbesserungen in den Wertschöpfungssystemen. Die politische Arbeit von Spedlogswiss in Güterverkehrsfragen wird vom Cargo Forum Schweiz – dem CFS – wahrgenommen. Das CFS ist die Interessenvertretung der Güterverkehrsbenutzer sowie der Speditions-, Transport- und Logistikanbieter. Zusätzlich ist Spedlogswiss selbstständig politisch aktiv bei spezifischen Interessen seiner Mitglieder und somit auch in Themen des Fachbereichs KEP.
Wie ist das Verhältnis des Fachbereiches KEP innerhalb der Spedlogswiss und dem Verband KEP und Mail?
Fritz: Wir kennen uns und reden selbstverständlich miteinander. Der Fokus des Verbandes KEP und Mail liegt nach unserem Verständnis in erster Linie bei der Liberalisierung der postalischen Märkte. Da der Paketmarkt seit 2004 geöffnet ist, haben wir in diesem Bereich wenig Berührungspunkte und bearbeiten unterschiedliche Themen.
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Steckbrief
Name: Christian Fritz
Alter: 45
Familie: Verheiratet, vier Kinder
Funktion: Mitglied der Geschäftsleitung PostLogistics AG, Bern
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FACHBEREICH KEP
Gemeinsames Podium
Verschiedene Vertreter der führenden Unternehmungen in der Schweizer Kurier-, Express- und Paketdienstleistungen (KEP) entschlossen sich im November vergangenen Jahres zur Gründung des Fachbereiches KEP unter dem Dach von Spedlogswiss, dem Verband schweizerischer Speditions- und Logistikunternehmen. Ziel des neuen Bereiches ist die Schaffung einer Plattform für die KEP-Branche zur Diskussion und Meinungsbildung auch in branchenübergreifenden Fragestellungen. Der Fachbereich soll überdies der Branche «ein Gesicht» zur Förderung des öffentlichen Verständnisses für eine moderne Logistik im KEP-Markt geben. Im Interview auf dieser Seite äussert sich der Vorsitzende, Christian Fritz, zu den Zielen des Fachbereiches.