Ob Maschinen- und Fahrzeugbauer Bucher, ob Landert, SFS, Pilatus Flugzeugwerke, Schmolz + Bickenbach oder Uster Technologies: Diese und viele weitere Unternehmen sorgten in den letzten Wochen und Monaten für positive Schlagzeilen in den Medien. Sie reihten sich ein in die lange Liste jener Betriebe, welche die Kurzarbeit massiv zurückfahren oder sich sogar ganz davon verabschieden konnten.

Dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt merklich entspannt hat, belegen auch die Zahlen. Aktuell befinden sich in der Schweiz noch rund 2500 Betriebe mit 30000 Beschäftigten in Kurzarbeit. Das sind bloss noch halb so viele wie auf dem Höhepunkt im vergangenen Sommer mit rund 60000 Betroffenen und jeweils über 3 Mio ausgefallenen Arbeitsstunden in den Spitzenmonaten.

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Rückläufig sind auch die Arbeitslosenzahlen, von 176000 Personen per Ende Januar 2010 auf 158750 Personen per Ende April. Die Arbeitslosenquote sank in diesem Zeitraum von 4,5 auf 4%. Absolut sind das zwar immer noch 56000 Arbeitslose mehr als vor Beginn der Krise im September 2008. Doch die Entspannung an der Beschäftigungsfront - weniger Arbeitslose und weniger Kurzarbeit - war im ersten Quartal 2010 deutlich.

Den rückläufigen Trend bestätigen auch die einzelnen Regionen. Im Kanton St. Gallen, der von der Krise besonders stark betroffen war, sind im Moment noch 290 Firmen mit rund 7200 Angestellten für Kurzarbeit angemeldet. «Effektiv Kurzarbeit beziehen aber bloss noch 60 bis 70% der Angemeldeten», erklärt Johannes Rutz, Leiter des St.Galler Amts für Arbeit. Im Juni 2009, als die Beschäftigungskrise ihren Höhepunkt erreichte, machten im Ostschweizer Industriekanton 470 Unternehmungen mit 15400 Angestellten vom Instrument der Kurzarbeit Gebrauch. Von einer verbesserten Auftragslage profitieren nun am stärksten die exportorientierten Industriebetriebe der Elektrotechnik, des Metall- und Maschinenbaus.

Rutz betont, dass nur wenige Firmen von der per 1. April bewilligten Verlängerung der maximalen Bezugsdauer von 18 auf 24 Monate Gebrauch machen. «Lediglich 19 Betriebe beziehen gegenwärtig Kurzarbeitsentschädigung zwischen 15 und 19 Monaten und rund 80 Firmen zwischen 10 und 15 Monaten», so Rutz.

Mehr Kurzarbeit im Kanton Bern

Neben diesen erfreulichen Erholungszeichen gibt es aber auch andere Signale. Im Kanton Bern etwa gingen im April Kurzarbeitsgesuche für 3024 Angestellte ein. Das waren fast doppelt so viele wie im Vormonat. Diesen statistischen Ausreisser interpretieren die Experten mit dem Rhythmuswechsel bei der Erneuerung: Die Kurzarbeitsgesuche können heute auf 6 Monate Dauer - statt jeweils 3 Monate - beantragt werden. Allenfalls ist der überraschende Anstieg in Bern auch Ausdruck dafür, dass viele Unternehmen die mögliche Verlängerung auf 24 Monate tatsächlich nutzen. «Ob dies der Fall ist, können wir zum heutigen Zeitpunkt nicht abschätzen», meint Stefan Reichen, Mitglied der Geschäftsleitung der Berner Wirtschaft. Zu den Nutzniessern der längeren Bezugsdauer gehört etwa die Fritz Studer AG in Thun, die Rundschleifmaschinen produziert. Mit der 18-Monate-Regelung wäre im Oktober Schluss gewesen mit Kurzarbeit. Ein zu früher Zeitpunkt für diesen Spätzykliker, der sich nun dank der verlängerten Kurzarbeit mitsamt seinen Fachkräften in den nächsten Aufschwung zu retten hofft.

Weiterhin Kurzarbeit für rund 100 Beschäftigte oder einen Fünftel der Belegschaft in der Schweiz gibt es auch beim Werkzeugbauer Feintool. Der Konzern hat in der Krise bereits rund 400 Stellen abgebaut und mit der Mühle-mann AG und der IMA Automation zwei Werke in Biberist und Aarberg geschlossen. «Der Markt hat sich vor allem im Investitionsgüterbereich noch nicht richtig erholt», erklärt Firmensprecherin Karin Labhart.

Nach wie vor im konjunkturellen Gegenwind befindet sich auch der Anlagenbauer Starrag Heckert. «Die Fertigungskapazitäten unserer Werke bleiben unzureichend ausgelastet; entsprechend ist zur Erhaltung der Profitabilität weiterhin beträchtlich Kurzarbeit notwendig», sagt Finanzchef Gerold Brütsch.

Gar neu zum Mittel der Kurzarbeit greifen musste Anfang Mai die Ruag in ihrem Werk Plan-les-Ouates bei Genf. Firmensprecherin Christiane Schneider spricht zwar von einer «leichten Erholung im zivilen Geschäft». Gleichzeitig räumt sie ein, dass die Auftragslage im bei Genf betriebenen Flugzeugstrukturbau weiterhin schlecht ist.

Seco warnt vor Euphorie

Diese Beispiele zeigen, dass die Lage auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor angespannt ist. Serge Gaillard, Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), rechnet zwar für die nächsten Monate mit einem weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit und der Kurzarbeit. Er warnt aber vor Euphorie: «Da die Konjunkturerholung in Europa fragil bleibt und die Frankenstärke sich dämpfend auf das Wachstum auswirken wird, können wir eine erneute Zunahme der Arbeitslosigkeit im nächsten Winter nicht ausschliessen.»

Negative Effekte der Eurokrise auf die Auftrags- und Beschäftigungslage in der Schweiz würden auch David Reichart vom Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Aargau nicht überraschen. «Das könnte wieder zu einem Anstieg der Gesuche um Kurzarbeit führen.»

Ein schwacher Trost: Zumindest administrativ wäre dies für die Ämter und Firmen kein Problem. Die Anschlusslösung nach 24 Monaten Kurzarbeit ist gross- zügig. «Es genügt, während zweier Jahre mindestens einen Monat mit der Kurzarbeit auszusetzen, um für eine weitere Rahmenfrist anspruchsberechtigt zu werden», erklärt Rutz vom St. Galler Arbeitsamt.

Anderseits wäre eine solche Entwicklung schlecht für die Arbeitslosenversicherung (ALV). Auch wenn darüber noch keine definitiven Zahlen vorliegen: Konservativ gerechnet hat die Kurzarbeit die bereits arg verschuldete ALV allein im vergangenen Jahr zusätzlich mit rund 1 Mrd Fr. belastet.

Um das Loch in der ALV zu stopfen, wäre eine längerfristige Entspannung auf dem Arbeitsmarkt dringend notwendig. Mitberücksichtigt in dieser Rechnung sind bereits die vom Parlament im März im Rahmen der ALV-Revision beschlossenen Massnahmen.