Angst, dass es ihm langweilig werden könnte, hat Leonhard Fischer nicht. «Das ist kein Vorruhestandsposten», sagt der 44-Jährige, der kurz Lenny gerufen wird. Er werde auch in Zukunft viel und gern arbeiten.



Erstmals in der wechselvollen Karriere des einstigen Jungstars der deutschen Finanzszene wird dies nicht bei einer grossen Bank sein, sondern bei dem kleinen, in Belgien beheimateten Finanzinves-tor RHJ International. Fischer trat vergangene Woche überraschend von seinem Posten in der Konzernleitung von Credit Suisse zurück.

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Unternehmerrolle reizt



Über die Gründe für den Verzicht auf seinen alten Job schweigt sich Fischer aus. An seiner neuen Aufgabe reize ihn die Unternehmerrolle, sagt er. Der als unkonventionell geltende Manager will angreifen und dabei auch Risiken eingehen.

Bei der börsennotierten Beteiligungsgesellschaft RHJ kann er dies. Fischer wird sich in den nächsten Monaten nach lukrativen Beteiligungen umschauen – vor allem in Europa, vor allem im Finanzsektor. «Ich bin ein Frontline-Manager», sagt Fischer. Der Mann will in der ersten Reihe stehen.

Nach Stationen in den obersten Führungsgremien von Morgan

Stanley in Frankfurt, der Dresdner Bank und der Allianz wechselte Fischer, der den Ruf eines brillanten Vordenkers und Analytikers geniesst, 2003 an die Spitze der CS-Versicherungstochter Winterthur. Manche sprachen damals von einer Flucht aus Deutschland, nachdem er sich in der Allianz-Führung mit seinen Ideen für die Zukunft des Investmentbankings der Dresdner Bank nicht durchsetzen konnte.

Bei der angeschlagenen Winterthur rehabilitierte sich Fischer schnell. Er baute Stellen ab, reduzierte die Geschäftsleitung und verkaufte das Unternehmen im vergangenen Jahr zum guten Preis von 12,3 Mrd Fr. an den französischen Wettbewerber Axa.

Spätestens seit diesem Zeitpunkt trauten viele dem Liebhaber expressionistischer Kunst den Sprung nach ganz oben zu. Doch nicht Fischer, sondern der Amerikaner Brady Dougan wird die Nachfolge von Credit-Suisse-Chef Oswald Grübel antreten.

Fischer füllte seinen Posten als Mitglied der CS-Konzernleitung und CEO der Region Europa, Middle East and Africa nur gerade drei Wochen aus, bevor er zurücktrat. Die Finanzzeitung «Financial Times» wirft bereits die Frage auf, wer von den einstigen Kronprinzen in der Credit-Suisse-Führung als Nächster die Grossbank verlassen werde.

Zürich bleibt Standort



Fischer muss dies nicht mehr kümmern. Eine Rückkehr nach Frankfurt, wo er für seine rauschenden Feste bekannt war, ist nicht geplant. Er wird von Zürich aus die Geschäfte von RHJ leiten, gemeinsam mit Timothy Collins, Grossaktionär und Chef des Private-Equity-Hauses Ripplewood. «Tim ist ein brillanter Investor, wir liegen voll auf einer Wellenlänge», sagt Fischer. Führungsspitzen europäischer Banken müssen sich jetzt fragen: Wo klopfen die beiden als Erstes an?