Sandoz, das Generika-Geschäft von Novartis, soll nächstes Jahr ausgegliedert werden und an die Börse gehen. Doch bevor es so weit ist, macht die Sparte nochmals Schlagzeilen. Es sind keine positiven. Der US-Branchenblog «Fierce Pharma» kommt zum Jahresende auf die zehn Storys zum Thema Pharmaproduktion zurück, die am häufigsten gelesen wurden; zwei von ihnen betrafen die Generikasparte des Schweizer Pharmakonzerns.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Lieferengpässe, Rückrufe und Pausen bei der Produktion: Immer wieder machte die Pharmaindustrie im auslaufenden Jahr mit Störungen auf sich aufmerksam. Im März musste der amerikanische Pharmakonzern Pfizer alle Chargen seines Medikaments Accuretic zurückrufen. Bei dem Blutdrucksenker waren zu hohe Werte eines N-Nitrosamins festgestellt worden, einer potenziell krebserregenden Stoffklasse. Nur Wochen zuvor hatte Pfizer Kanada 15 Chargen eines anderen Blutdrucksenkers zurückgezogen; auch dort ging es um Verunreinigungen mit Stoffen aus der Klasse der N-Nitrosamine.

Potenziell krebserregende Substanzen

Potenziell krebserregende Substanzen seien inzwischen einer der grössten Schwachpunkte in der Industrie, ein «common pain point», schreibt «Fierce Pharma». Ebenfalls im März, nur Tage nach Pfizer, musste Sandoz 13 Chargen seines Produkts Orphenadrine Citrate zurückrufen; es waren zu hohe Mengen an Nitroso-Orphenadrin festgestellt worden. Das Medikament wird zu Behandlung von Muskelschmerzen eingesetzt. 

Nitrosamine finden sich in der Luft, im Trinkwasser, in Milchprodukten, in Gemüse und in gepökeltem und grilliertem Fleisch. Sie können Krebs verursachen, wenn sie dem Körper über lange Zeit und in hohen Dosen zugeführt werden. Das Unternehmen habe keine Kenntnis von nachteiligen Effekten, hielt Sandoz fest.

Im Zusammenhang mit dem Blutdrucksenker von Pfizer riet die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA den betroffenen Patienten und Patientinnen, das Produkt «vorübergehend» weiter zu einzunehmen und mit dem Arzt oder der Ärztin über Alternativen zu sprechen. Zudem warnte sie: «Die Behandlung auszusetzen, könnte ein grösseres Risiko für Ihre Gesundheit sein.»

Mehr ADHS-Diagnosen

Im August kam es zu einem Engpass bei Adderall. Das Medikament wird beim Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ADHS verschrieben. Zuerst traf es den israelischen Generika-Giganten Teva, dann die beiden US-Unternehmen Amneal und Rhodes Pharmaceuticals, eine Tochter des Opioid-Herstellers Purdue, und Sandoz. Gemäss Daten von Bloomberg stellt das Quartett die Hälfte aller Adderalls her.  

Die Lieferengpässe standen im Zusammenhang mit einem Anstieg der ADHS-Diagnosen in Kombination mit einer besseren Verfügbarkeit des Mittels bei Online-Startups, wie Bloomberg berichtete. Wobei zwei der Startups, Cerebral und Done, für ihre Verschreibungspraktiken kritisiert wurden. Adderall wirkt stimulierend und hat ein grosses Missbrauchspotenzial.

Produktionsstopp bei Novartis in den USA

Und schliesslich musste Novartis im Mai in den USA vorübergehend die Produktion des Krebsmedikaments Lutathera stoppen, ebenso wie jene von Pluvicto, einem frisch zugelassenen Medikament gegen Prostata-Krebs. Bei beiden Produkten handelt es sich um nuklearmedizinische Therapien, eine Technologie, bei der Novartis stark ist und die Konzernchef Vas Narasimhan gerne ins Schaufenster rückt. Lutathera ist ein wichtiger Umsatzträger. Der Produktionsunterbruch bei Pluvicto betraf Anlagen im italienischen Ivrea und in Millburn, New Jersey, wo Novartis einen bedeutenden Fussabdruck hat.

Das Unternehmen sagte, der Unterbruch geschehe «aus einem Überfluss an Vorsicht in der Folge eines möglichen Qualitätsproblems», das beim Produktionsprozess identifiziert worden sei. Novartis musste die Auslieferung von Lutathera in die USA und nach Kanada stoppen. In den USA wurde auch der Verkauf von Pluvicto angehalten. Die Produktionsanlage für Lutathera in Saragossa in Spanien war nicht tangiert. Sie versorgt die europäischen und asiatischen Patienten und Patientinnen mit der Therapie.

Es war nicht das erste Mal, dass Novartis bei neuen, bahnbrechenden Technologien Produktionsprobleme hatte. Auch bei Kymriah, einer Zelltherapie zur Behandlung von Leukämie, kämpfte das Unternehmen zu Beginn mit Schwierigkeiten in der Produktion.

Auch Impfhersteller Moderna blieb nicht verschont

Ein weiteres prominentes Unternehmen, das im ablaufenden Jahr Produktionsprobleme hatte, ist Moderna. Der Impfstoffhersteller musste im April in Europa eine Charge Spikevax zurückziehen. Sie war vom spanischen Pharmaunternehmen Rovi produziert worden, enthielt mehr als 750’000 Dosen und war an Norwegen, Polen, Portugal, Spanien und Schweden ausgeliefert worden. In einem Fläschchen war ein Fremdkörper gefunden worden.