Die Technologiebranche ächzt wieder mal unter Katerstimmung. Letzte Woche meldeten IBM und Sun Microsystems massiv enttäuschende Quartalsdaten. Auch der Softwarekonzern Siebel Systems entäuschte mit seinem Umsatz und verzeichnete einen Verlust. Samsung und Apple, beides Firmen mit grossen Retail-Produkteportfolios, blieben unter den Erwartungen. Sogar Kevin Rollins, operativer Chef bei Dell, sprach am Analystentag seines Unternehmens im texanischen Austin von einem «leicht zurückgehenden Geschäft» bei Personal Computern.
Kaum Sorgenfalten hat dagegen Guerrino de Luca, CEO von Logitech. Auch im vergangenen Geschäftsjahr das Unternehmen schliesst seine Bücher Ende März übertraf das Unternehmen den Vorjahresumsatz und steigerte den Gewinn zum siebten Mal in Folge in neue Rekordhöhen.
De Luca «äusserst zufrieden»
Beim vorgelegten Ergebnis 2004/2005 zeigt sich der Erfolg der Neulancierungen von Logitech in einer um 1,8% auf 34% ausgeweiteten Bruttomarge. Zudem stieg der Umsatzanteil aus dem Einzelhandelsgeschäft um 27% gegen-über 12% im Vorjahr. Der Umsatz stieg um 17% auf 1,48 Mrd Dollar, der Betriebsgewinn um 18% und der Reingewinn um 13%. Ohne die einmalige Auflösung einer Rückstellung für latente Steuern hätte der Reingewinn einen Sprung von 26% gemacht.
Guerrino de Luca äusserte sicham Dienstag «äusserst zufrieden» über das Ergebnis. So kann es sich Logitech auch leisten, die Wachstumsziele für das gerade angelaufene Geschäftsjahr 2006 auf ambitiöse 15% festzulegen. Jetzt erwartet Logitech einen Umsatz von 1,7 Mrd Dollar. Der Reingewinn soll 172 Mio Fr. betragen. Das schöne Bild wird lediglich durch das weit unterdurchschnittliche Wachstum in Asien, das heisst einen Rück-gang von 23% beim OEM-Geschäft im letzten Quartal aufgrund fehlender Verkäufe für die Sony-PlayStation 2 und den Anstieg der Lager um 30% auf 176 Mio. Fr., leicht getrübt.
Aktie gibt nach
Zufrieden und teilweise positiv überrascht waren die Analysten. Dennoch gab der Aktienkurs im Verlauf des Dienstaghandels um über 2% nach. Lag es daran, dass Logitech die Gewinnprognosen des Marktes «nur» traf und nicht übertraf? Helvea-Analyst Barry Ehrlich zeigte sich von den Bruttomargen «auf den ersten Blick enttäuscht». Aber die jungen kleinen Wachstumsbereiche legten deutlich zu, und die Prognose für das neue Geschäftsjahr erscheint «leicht erreichbar». Bei der Zürcher Kantonalbank bestätigt Analyst Serge Rotzer die positive Einstufung. Logitech «konnte den hohen Rhythmus aufrecht erhalten» und lieferte ein «sattes Resultat mit hoher Ergebnisqualität».
Logitech nutzte das vergangene Jahr, um das eigene Produkteportfolio erfolgreich zu verbreitern. Anfang März übertraf Logitech die Marke von 25 Mio verkauften Webkameras. Darüber hinaus benötigen Anwender, die mit den neuen Internet-Telefondiensten wie Skype oder Yahoo Anrufe rund um die Welt zum Nulltarif vornehmen, Kopfhörer und Lautsprecher. Solches Zubehör entwickelt sich aus den ursprünglichen Nischen heraus zu Produkten für den Massenmarkt. Zudem sind diese Produkte mit Preisen unter der psychologisch wichtigen 100-Dollar- bzw. 100-Euro-Grenze weniger von der Zurückhaltung bei Privatkonsumenten betroffen als die kostspielige Computer-Basisausrüs-tung.
Mittelfristig ist bei Logitech ein Gewinnwachstum im Bereich zwischen 12% und 15% möglich. Das gegenwärtige makroökonomische Umfeld macht grössere Sprünge nach oben genauso unwahrscheinlich wie massive Einbrüche nach unten. Diese für Technologiewerte vergleichsweise hohe Stabilität widerspiegelt sich im Logitech-Aktienkurs, der jetzt lediglich 15% unter dem Allzeithöchst aus dem Frühjahr 2002 liegt. Noch besser sieht die Entwicklung für Anleger aus, die in Dollar rechnen und den an der US-Technologiebörse Nasdaq kotierten Logitech-ADR halten. Dieser erreichte - auch aufgrund der schwachen US-Valuta Anfang dieses Jahres - neue Höchstkurse. Allerdings hatte Logitech nach seinem letzten Höchststand vor drei Jahren innert einem Quartal 70% eingebüsst, und einige Anleger haben die brüske Umsatz- und Gewinnwarnung im Juli 2003 ebenfalls noch nicht vergessen. Der Kurs war damals innert Stunden um ein Drittel gefallen.
Bewertung ist angemessen
Logitech ist demnach nicht immun gegen Hiobsbotschaften, aber inzwischen wissen Investoren, dass das 1. Quartal eines Geschäftsjahres nur unzuverlässige Anhaltspunkte auf das Gesamtjahresergebnis gibt. Gegenwärtig wird die Logitech-Aktie mit dem 18fachen der erwarteten Gewinne für das junge Geschäftsjahr angemessen bewertet. Das ist deutlich weniger als Dell (Kurs-Gewinn-Verhältnis: 30), aber mehr als die Computerkonzerne IBM (KGV: 15) oder etwa Hewlett-Packard (KGV: 18).
Die von der Bank Vontobel herangezogene Bewertung auf der Basis abdiskontierter zukünftiger Gewinne ergibt einen fairen Wert der aktie von 76 Fr., also 8% über den aktuellen Kursen. Und auch das bei Technologiewerten oft herangezogene Verhältnis von Aktienbewertung zu erwartetem Gewinnwachstum liegt bei 1,2. Werte unter 1 signalisieren Unterbewertung, Werte bis 1,4 sind Ausdruck für faire Kurse. Aggressive Zukäufe drängen sich momentan nicht auf.
Logitech (in Mio Dollar)
2003 2004 2005E 2006E
Umsatz 1268 1483 1676 1850
Ebitda 177 206 224 248
Ebit 146 176 189 212
Reingewinn 132 149 163 182
Gewinn pro Aktie
(in Fr.) 3.23 3.68 3.76 4.08
KGV 22 21 18 17
E = geschätzt; KGV = Kurs-Gewinn-Verhältnis
Quelle: Lombard odier darier hentsch
Tipp: Die Aktie ist nach dem Kursanstieg der letzten neun Monate um 50% nicht mehr billig. Hinter dem Anstieg stehen strategische und operative Fortschritte sowie optimistische Wachstumsaussichten. Es existieren Kursziele zwischen 76 Fr. und 110 Fr. Die Spanne widerspiegelt die Unsicherheit darüber, inwieweit Logitech immun ist gegen Hiobsbotschaften aus dem Technologiesektor.