Der Bund kontrolliert im Beschaffungswesen erst jetzt scharf, ob ein Unternehmen den Grundsatz der Lohngleichheit zwischen Mann und Frau verletzt», sagt Elisabeth Vogt, Leiterin der Beschaffungskommission beim Bund. Eigentlich ist das Gleichstellungsgesetz bereits zehn Jahre alt und die Gleichstellung seit 25 Jahren in der Verfassung verankert. Doch das Instrument zur Messung der innerbetrieblichen Lohngleichheit, das Logib, sei erst kürzlich entwickelt worden und seit einem Monat zum Downloaden erhältlich, begründet Vogt. Es habe sich in einer Testphase als praktikabel und zuverlässig erwiesen und werde nun regelmässig eingesetzt.

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Die Lohnungleichheit in der Schweiz ist eine Tatsache. Gemäss dem Bundesamt für Statistik beträgt der durchschnittliche Lohnunterschied zwischen Mann und Frau 21%. Im Mittel verdient eine Frau 14472 Fr. pro Jahr weniger. Im OECD-Vergleich werden Frauen nur noch in Grossbritannien stärker diskriminiert.

Erstaunt über Lohngefälle

Dass in vielen Schweizer Betrieben ein eklatantes Lohngefälle herrscht, scheint unterschätzt zu werden. Beim Berner IT-Dienstleister Bedag jedenfalls, bei dem die Geschäftsleitung nicht glaubte, dass die weiblichen Angestellten beim Lohn diskriminiert würden, war man sehr überrascht über die Resultate einer Auswertung.

Sie ergab, dass die Frauen, die bei Bedag 20% der 390 Angestellten ausmachen, im Schnitt 7,3% weniger verdienten als die Männer. «Wir haben die Gehälter darauf sofort angepasst, was bei einigen Frauen zu Lohnsprüngen führte», sagt Geschäftsleitungsmitglied und Leiter Personal und Management, Alfred Tinner. Das selber entwickelte Auswertungs-Softwareprogramm, das auf einem Verfahren des Genfer Professors Yves Flückiger basierte, wurde zum Selbsttest Logib weiterentwickelt, der nun vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann kostenlos zur Verfügung gestellt wird.

Auslöser, um die betriebliche Lohngleichheit unter die Lupe zu nehmen, war für das Berner Unternehmen zum einen die Lohngleichheitsanforderungen der staatlichen Auftraggeber. Zum anderen hatten in einer jährlichen Mitarbeiterumfrage die weiblichen Angestellten angegeben, dass sie das Gefühl hätten, weniger zu verdienen als die Männer.

Von Bundesgericht anerkannt

Personalchef Tinner erklärt: «Wir wollten die Behauptung der Frauen nicht einfach stehen lassen, sondern mit einer mathematischen Methode nachweisen.»

Nun finde bei Bedag eine jährliche Lohngleichheitskontrolle zusammen mit der Saläranpassung statt. Zur Basisauswertung dient das Excel-Programm Logib, für welches Bedag als Pilotfirma gedient hat.

Die Auswertungsmethode basiert auf einer Regressionsanalyse, welche der Genfer Professor für eine Lohndiskriminierungsklage entwickelt hat. Das Bundesgericht hat seinen Nachweis der Diskriminierung akzeptiert. Der Klägerin wurden 210000 Fr. Lohn nachbezahlt.

Bisher nur Selbstdeklaration

Die Geschäftsleiterin der Beschaffungskommission, Vogt, hat keine Zweifel an der Methode:«Ob in einem Betrieb effektiv lohndiskriminierend entlöhnt wird, lässt sich zuverlässig mittels dem neu entwickelten Instrument ermitteln.»

Zentraler Bestandteil der Analyse sei die so genannte Regressionsanalyse, eine erprobte und wissenschaftlich anerkannte Vorgehensweise, welche den Einfluss verschiedener Faktoren auf den Lohn messen könne. Es geht darum zu bestimmen, welche Lohnunterschiede durch objektive Qualifikationsmerkmale (Humankapitalfaktoren) oder durch Unterschiede bezüglich beruflicher Stellung und Anforderungsniveau (arbeitsplatzbezogene Faktoren) erklärt werden können und welcher Anteil ungeklärt bleibt also auf das Geschlecht zurückzuführen ist.

In den letzten fünf Jahren hat der Bund bei Ausschreibungen auf die Selbstdeklaration der Unternehmen gesetzt.

Kein Sparen auf Kosten der Frau

Ziel der Anforderungen für Bundesaufträge sei die Sicherung sozialer Errungenschaften, die Wahrung des Arbeitsfriedens sowie die Verhinderung unerwünschter sozialpolitischer Auswirkungen. Wettbewerbsverzerrungen unter den Anbieterinnen und Anbietern sollen verhindert werden. Arbeitgebende, welche die geltenden Arbeitsschutzbestimmungen, Arbeitsbedingungen und die Lohngleichheit für Mann und Frau respektieren, sollen gegenüber denjenigen, die dies nicht tun, nicht benachteiligt werden.

Vogt betont, daraus ergebe sich auch, dass es sich dabei nicht um ein Eignungs- oder Zuschlagskriterium in einem konkreten Beschaffungsverfahren handle, sondern um eine allgemeine Voraussetzung, damit eine Firma Zugang zum öffentlichen Beschaffungsmarkt habe.

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Per Gesetz gleiche Löhne durchsetzen

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau wurde 1981 in der Bundesverfassung verankert.

Das Diskriminierungsverbot in der Arbeitswelt wurde 1996 im Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann festgelegt.

Beschaffungswesen 1

Der Bund schreibt jährlich Aufträge aus im Wert von 10 Mrd Fr. Das gesamte Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand in der Schweiz beträgt 30 Mrd Fr.

Beschaffungswesen 2

Der Bund vergibt seine Aufträge für Leistungen in der Schweiz nur an Unternehmen, welche die Einhaltung des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (Art. 8 Abs. 1 lit. c) gewährleisten. Dazu gehören die Arbeitsbedingungen, die Arbeitsschutzbestimmungen (Arbeitsgesetz, Unfallversicherungsgesetz) sowie die Lohngleichheit zwischen Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz).

Kontrollen

Der Bund kann Kontrollen durchführen und diese insbesondere dem Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EGB) oder den kantonalen oder kommunalen Gleichstellungsbüros übertragen (Art. 6 Abs. 4 der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen).

Selbstkontrolle

Unternehmen, welche an Bundesaufträgen interessiert sind, müssen die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern gewährleisten. Zur Überprüfung der Lohngleichheit stellt der Bund Logib (Lohngleichheitsinstrument Bund) zur Verfügung. Damit können Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden ihre Lohnpolitik überprüfen. Spezielles Fachwissen ist für die Anwendung nicht erforderlich. Das Testinstrument Logib basiert auf der gleichen Methode, welche das EBG zusammen mit der Beschaffungskommission entwickeln liess.

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