Lonza-Chef Sergio Marchionne wollte seine Polymersparte schon vor fünf Jahren verkaufen: Zusammen mit dem Energiegeschäft hätte dies dem Konzern eine Milliarde Franken in die Kasse spülen sollen. Um das Stromgeschäft rissen sich die Interessenten, doch das zyklische Geschäft mit Zwischenprodukten für Kunststoffe, Farben usw. wollte keine andere Chemiefirma kaufen. Nach diversen Führungswechseln nahm CEO Stefan Borgas im Januar 2005 einen neuen Anlauf: Offenbar fand aber auch die US-Investmentbank Goldman Sachs keinen Interessenten – und nun wird die Sparte unter dem Namen Polynt an die italienische Börse gebracht. Man habe alle möglichen Optionen geprüft und sich nun für ein Initial Public Offering (IPO, Börsengang) in Italien entschieden, weil dort der Schwerpunkt der operativen Tätigkeit sei, erläutert Lonza-Sprecherin Margot Connor.
Vor fünf Jahren lag die Betriebsgewinnmarge bei über elf Prozent, nun bei bloss noch sechs Prozent. Kein Wunder, will Lonza den Geschäftsbereich loswerden. Doch zu welchem Preis andere Anleger das lokale, zyklische und wachstumsschwache Geschäft übernehmen sollen, ist offen. Mehr als 500 Millionen Franken dürfte die Firma nicht wert sein. Lonza hat das Geld nötig, schliesslich will sie weiterhin aggressiv ins Biopharmageschäft investieren. Allerdings wird ihr Börsengang in Italien schwierig zu verkaufen sein. «Kein sehr attraktives Geschäft, aber letztlich ist ja alles eine Frage des Preises», erläutert ein Analyst den Versuch von Lonza. Während Ems weiterhin mit gut 18 Prozent an Lonza beteiligt ist, hat das Fondshaus Templeton seinen Anteil reduziert und Kasse gemacht.
Ganz anders stehen die Vorzeichen beim «importierten IPO»: Die Mailänder Bioxell wählte die Schweizer Börse als Platz für ihre Publikumsöffnung. Bioxell gilt als kleine Perle, und erst im März erhöhten die prominenten Investoren wie BB Biotech oder TVM Capital ihren Anteil an der früheren Roche-Tochter. «Wir haben die gut zehn Millionen Euro nicht gesucht, aber TVM wollte sich beteiligen, und wir können uns mit dieser zusätzlichen Finanzierung noch besser auf den Börsengang vorbereiten», sagt Bioxell-Finanzchef Alex Martin gegenüber BILANZ.
Er selber kam von Novartis zur bloss 60-köpfigen Bioxell. Die meisten anderen aus dem Management haben früher für Roche Italien gearbeitet. Bioxell spüre immer noch «die Schweizer DNA». Gründe für das IPO an der SWX gebe es viele, erläutert Martin. Unter anderem sei die Schweiz ein Centre of Excellence auf dem Gebiet Biotech, und die SWX komme mit ihren flexiblen Kotierungsvorschriften den Wünschen der Firmen sehr weit entgegen. Das Geld aus dem IPO wird primär für die teure Forschung der Phase III verwendet. Rund 20 000 Dollar pro Patient kosten die Tests in dieser entscheidenden Phase, bevor das erste Medikament in den Verkauf kommen kann. Dafür braucht es zwischen 1000 und 1500 Patienten. So sind 20 oder 30 Millionen Dollar relativ rasch vertestet. Aber das Gebiet von entzündungshemmenden Hormonen scheint lukrativ, alle Altaktionäre bleiben mindestens sechs Monate über den Börsengang hinaus bei ihren Beteiligungen.
Die Zeichnungsfrist für das IPO der Bioxell endete nach Redaktionsschluss. Beim italienisch-schweizerischen «IPO-Duell» dürfte die kleine Bioxell für Überraschungen gut sein, die Schweizer Lonza überlässt den Italienern dagegen eine Braut, die vorher niemand haben wollte. SW