Ein Spinner, das ist Christian Schulthess (50) nicht. Ein Abenteurer hingegen schon. Von den Flügen etwa fürs Rote Kreuz entlang des Mekong schwärmt der ehemalige Balair/CTA-Pilot und Swissair-Kapitän noch heute. Tempi passati. «Bei der Balair wurde es ruhig, bei der Swissair noch ruhiger», seufzt er. Der Abenteurer in ihm langweilte sich. 1996 machte Christian Schulthess ernst: Er hängte seinen Job als Swissair-Kapitän an den Nagel. Der Pilot hatte eine, gelinde gesagt, ungewöhnliche Idee im Kopf: Er wollte eine eigene Luftschiff-Gesellschaft aufziehen, die touristische Nutzung von Zeppelinen in der Schweiz wieder aufleben lassen.

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Der gebürtige Zürcher gründete das Unternehmen Skycruise Switzerland mit Sitz in Lindau ZH. Arrivierte Unternehmen schüttelten zu den Plänen des Piloten den Kopf. «Wenn ich den potenziellen Investoren die Startgrösse der Flotte bekannt gab ein Stück sank ihr Interesse auf null.» Ein betagter Zeppelin-Enthusiast und ein Flug über New York sorgten dann doch für die notwendigen Mittel zum mehreren Mio Dollar teuren Luftschiff.

Ein Gläschen Champagnerin luftiger Höhe

Im Sommer letzten Jahres hob «der weltweit luxuriöseste Zeppelin» zum ersten Mal in der Schweiz ab. Seine ersten Rundfahrten absolvierte der 61m lange Riese über der Expo-Region Neuenburg. Mehr als 1000 Passagiere drückten sich an den grossen Scheiben die Nasen platt, lehnten sich entspannt in den zwölf grossen Ledersesseln zurück oder schlürften, je nach Arrangement, ein Gläschen Champagner aus der Bordküche.

Das Konzept funktioniere, sagt Schulthess. Trotz der happigen Preise. Die günstigste Fahrt, sie dauert 40 Minuten, kostet 380 Fr. pro Person. Das Exklusivarrangement, die grosse Champagner-Abendfahrt, schlägt mit 1060 Fr. pro Person zu Buche. Das Angebot wird von Firmen genutzt und Leuten mit grossem Portemonnaie. «Noch sind nicht alle Flüge ausgebucht», räumt Schulthess ein. Das liege vor allem am mangelnden Bekanntheitsgrad des Angebots, glaubt der Firmengründer. «Doch wir arbeiten daran.» Skycruise Switzerland rechnet für die aktuelle Saison mit rund 5000 Fahrgästen.

Für schwarze Zahlen reicht dies nicht, zumal noch Anfangsinvestitionen in beträchtlicher Höhe abzutragen sind. Überhaupt: Nur mit den Passagiereinnahmen kann das Unternehmen nicht überleben. Es beschäftigt mittlerweile rund 25 Mitarbeiter aus Grossbritannien, Australien, der Schweiz und den USA. «Was fehlt, ist ein Kunde, der auf unserer Zeppelinfläche wirbt», so der Unternehmer. Für die letzte Saison verpflichtete sich Interdiscount. Das brachte Skycruise einen siebenstelligen Betrag ein. Indiesem Sommer hingegen kreiste das Luftschiff über der Zentralschweiz, auch über unbewohntem Gebiet. Letzteres erschwert die Akquisition von Werbekunden. Der Unternehmer hofft nun auf die nächste Saison. Immerhin hätten sich bereits erste Interessenten gemeldet.

Ob der Zeppelin auch in der nächsten Saison ab März 2004 über der Zentralschweiz fliegt, ist unklar. Die definitive Betriebsbewilligung steht noch aus und hängt vom Goodwill der Bevölkerung ab. Fühlt sich eine Mehrheit vom Lärm nicht belästigt, will der Kanton Nidwalden - der Zeppelin hat seinen Heimatflughafen in Buochs - seinen Segen geben.

Bald auch in Deutschland

Falls Skycruise keine definitive Bewilligung erhält, will Schulthess seinen Zeppelin in Deutschland fliegen lassen. Dort wird ohnehin bald das zweite Luftschiff abheben. Schulthess hat sich kürzlich ein weiteres beschafft. «Ziel ist, das Konzept der Passagier-Luftfahrt auch im Nachbarland umzusetzen», kommentiert er. Die Konkurrenz kann er an einer Hand abzählen: Nur die Deutsche Zeppelin Reederei in Friedrichshafen bietet regelmässige Rundfahrten an.

Ein Geschäft mit Zukunft? «Auf jeden Fall», ist Schulthess überzeugt. Einen Himmel voller Zeppeline wünscht er sich trotzdem nicht. In diesem Fall wäre ihm wohl der Zorn der Bürger sicher. «In Texas, wo Zeppeline als Werbeträger gang und gäbe sind, wurden schon Luftschiffe beschossen», weiss er. In Nidwalden, wo sich die Bevölkerung bei einer Ombudsstelle melden kann, stören sich bereits 40% der Anrufer an seinem Luftschiff.