Lula da Silva, Präsident Brasiliens, ist stets für Überraschungen gut. Dass er nach anderthalb Jahren Haft wegen Geldwäscherei und passiver Korruption überhaupt nochmals als Präsidentschaftskandidat antreten durfte, war schon bemerkenswert. Nach seinem Wahlsieg macht er dort weiter, wo er 2010 am Ende seiner zweiten Amtszeit aufhörte: mit dem Überstrapazieren der Staatskasse, viel klassenkämpferischer Rhetorik und einem unbändigen Drang auf die Weltbühne. 

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Das offenbarte er auch am G20-Gipfel in Rio de Janeiro und forderte eine Sondersteuer von 2 Prozent auf die Vermögen der 3000 Milliardäre dieser Welt. Mit den angeblich 250 Milliarden Dollar, die so jedes Jahr anfallen, soll die Armut im Süden angegangen werden. Bislang haben Frankreich, Kolumbien, Spanien und die Afrikanische Union applaudiert, zweifellos werden auch Wagenknechts Bündnis in Deutschland und die SP in der Schweiz Lulas Plan begeistert applaudieren.

Lula da Silva mit Noch-Präsident Joe Biden am G20-Gipfel in Brasilien.

Lula da Silva mit Noch-Präsident Joe Biden am G20-Gipfel in Brasilien.

Quelle: Keystone

Die Regierungen von Deutschland, Indien oder den USA halten sich zurück oder winken ab. Aus gutem Grund, denn auch dieser Vorschlag Lulas ist viel heisse Luft. Die Milliardäre dieser Welt sitzen in China (814 Milliardäre), in den USA (800) und in Indien (271). Es ist schlicht schwer vorstellbar, dass diese Länder Hand bieten sollten für eine Sondersteuer auf ihre Superreichen, die obendrein viel politischen Einfluss geniessen. Abgesehen davon sind in diversen Ländern die Steuersätze stark progressiv ausgelegt, das gilt für alle Staaten Europas, auch für die Schweiz. 

Abgesehen davon: Lula könnte bereits heute einen Beitrag zur Senkung der Armut im eigenen Land leisten. Indem er seinen Staatshaushalt endlich zügelt und eine Schuldenbremse nach Schweizer Art einführt. Stattdessen giesst er Millionen und Milliarden in die Wirtschaft, die bereits heute auf Hochtouren dreht. Die Folgen seiner Spendierlaune sind steigende Defizite, eine anziehende Inflation (gegen 5 Prozent) und ein schwächelnder Real, der Importe verteuert. Die Folgen sind am Zinsniveau für Industriekredite abzulesen, die aktuell bei über 11 Prozent liegen. 

Lulas Rezeptur und deren Folgen sind also genau das, was das Wachstum abwürgt und die Armut in São Paulo, Rio oder Salvador ansteigen lässt. Statt also in die ideologische Mottenkiste des Altlinken zu greifen und eine Supersteuer für Superreiche zu promoten, könnte er die eigene Volkswirtschaft auf einen soliden Wachstumskurs zurückführen, ohne Schuldenaufbau, Inflation und prohibitive Zinsen. Das aber verlangt Realitätssinn und taugt nicht für die grosse Bühne.