Die Swatch-Produktphilosophie zielt seit 1983 grundsätzlich auf die gleichermassen modische wie bezahlbare Swiss-made-Armbanduhr ab, verkörpert also «eine Uhr fürs Volk», wie 1867 etwa das Modell La Proletaire des Schweizer Fabrikanten Georg-Friedrich Roskopf. Im Gegensatz zu dieser Taschenuhr mit Stiftankerwerk besitzt die Swatch, von der mittlerweile mehr als 333 Mio Exemplare in verschiedensten Versionen entstanden, jedoch ein weitestgehend klassenloses Image.
Keine Raritäten, aber begehrt
Den kleinen, aber feinen Unterschied pflegten indessen auch die Swatch-Verantwortlichen. Dabei dachten sie niemals an breite Bevölkerungsschichten, sondern eher an einen kleinen Kreis von Sammlern und Liebhabern, welche echtes Understatement mit einem gewissen Flair würzen wollten. In diesem Sinne gelangte im November 1985 die limitierte Limelight, deren Zifferblatt echte Diamanten, Rubine und Saphire zierten, auf den Markt.
Den Platinmarkt aufgewühlt
Dann kam der Oktober 1993, als sich die Swatch auf dem Höhepunkt einer beispiellosen Sammler-Hype selbst in die kleine, überschaubare Kategorie echter Luxusprodukte katapultierte. Erste Vermutungen waren bereits während der Uhrenmessen im Frühjahr besagten Jahres hinter vorgehaltener Hand kolportiert worden. Es hatte sich in Basel herumgesprochen, dass Edelmetallhändler im Auftrag des schweizerischen Uhrenkonzerns grössere Mengen Platin zusammenkauften.
Um den Preis an den internationalen Börsen nicht sprunghaft in die Höhe schnellen zu lassen, war dabei durchaus Vorsicht geboten. So gesehen war das Unterfangen, knapp 13000 Platin-Armbanduhren gleichzeitig auf den Markt bringen zu wollen, alles andere als ein Kinderspiel. Anderseits wussten Nicolas G. Hayek und seine Mannen, wie sich ein derartiger Kraftakt bewältigen lässt. Sie orderten da und dort jeweils kleinere Mengen des edlen Metalls und konzentrierten diese beim Gehäusefabrikanten.
Im Laufe des Sommers 1993 nahmen die Gerüchte konkrete Gestalt an. Anfang Oktober debütierte die erste und bislang einzige Platin-Swatch. Ihr Erwerb gestaltete sich indessen schwierig. Trotz eines Preises von rund 2000 Fr. gab es weitaus mehr Interessenten als Uhren. In der Schweiz blieb selbst Frau Hayek nichts anderes übrig, als geduldig vor den Toren einer Filiale des damaligen Bankvereins auszuharren, um tags darauf im Tresor ein Exemplar der Trésor Magique ergattern zu können.
In anderen Ländern brauchte es bester Kontakte zu den auserwählten Konzessionären. Das Verblüffendste an der Platin-Swatch war ihr Gewicht. Entgegen anfänglichen Vermutungen wurde am wertvollen Gehäusematerial keineswegs gespart. Mit dem Kauf dieser Armbanduhr erwarben Frau oder Mann neben einem Automatikwerk und aufwendiger Verpackung auch rund 40 g Platin mit einem Reinheitsgehalt von 950/ 1000.
Das chronometrische Innenleben glänzte durch den Acrylglas-Boden sichtbar. Es tickte konventionell mit stündlich 21600 Halbschwingungen, hiess ETA 2840 und hatte am 24. September 1991 in Venedig sein Debüt gegeben. Weitere Merkmale des Automatik-Uhrwerks: 23 funktionale Steine, davon 17 für das eigentliche Gehwerk und 6 für den Selbstaufzug in beiden Drehrichtungen des Kugellagerrotors. Gangautonomie etwa 46 Stunden.
Komplexe Fortsetzung
Platin war 2001 nicht im Spiel. Und ein Selbstaufzug ebenfalls nicht. Dafür betrat Swatch erstmals die Welt der uhrmacherischen Komplikationen. Mit der Diaphane One ehrte die Swatch Group keinen Geringeren als Abraham-Louis Breguet, der exakt 200 Jahre zuvor seine revolutionäre Drehganguhr namens Tourbillon zum Patent angemeldet hatte. Das Unternehmen, welches die Nachfolge des Abraham-Louis Breguet angetreten hat, gehört seit 1999 zur Swatch Group. Daher lag es nicht fern, die geniale Erfindung auch für die Swatch zu nutzen. Jene 2222 Armbanduhren, welche unter dem Namen Diaphane One von sich reden machten, trugen dem Begriff Tourbillon indessen nur begrenzt Rechnung.
Aktuell ein goldenes Beiwerk
2007 überrascht die weltweite Nummer eins für moderne, farbenfrohe und erschwingliche Plastikuhren mit einem weiteren Luxusprodukt. Lediglich 100 Exemplare gibt es von der Diaphane One Turning Gold, deren 25-steiniges Drehgang-Handaufzugswerk von beiden Seiten sichtbar ist. Untergebracht wird es in einem rauchgraufarbenen Gehäuse aus leicht opakem Plastik, welches an die traditionellen Swatch-Modelle erinnert. Den exklusiven Charakter unterstreichen stahlblaue Zeiger sowie die Lünette, der Höhenring und die Krone aus 18-karätigem Rotgold.
Die in den goldenen Höhenring gravierte Seriennummer macht jedes dieser Karussell-Tourbillons zum Unikat. Luxus hat allerdings auch bei der Swatch seinen Preis. Der liegt bei 7700 Fr. Beeilen allerdings lohnt sich nicht mehr: Im November 2006 lanciert, ist die Diaphane One Turning Gold inzwischen bereits ausverkauft.