Werden die Götter des Luxus dem Olymp untreu? Bei Gucci trat Robert Polet am 1. Juli dieses Jahres die Nachfolge von Domenico De Sole an. Polet hatte 25 Jahre lang im Dienste von Unilever gestanden – zuletzt als internationaler Leiter des Geschäftsbereichs Eiscrème.

Yannick Lakhnati, der während zehn Jahren bei Remgro, einem hauptsächlich in der Geflügelzucht tätigen südafrikanischen Industriekonglomerat, gearbeitet hatte, trat am 1. Januar 2004 den Posten als CEO von Richemont an. Gleichzeitig übertrug Bernard Arnault, der «Kaiser des Luxus» und Patron von LVMH, die Verantwortung für Christian Lacroix an Geoffroy de la Bourdonnaye. Der neue starke Mann der Marke hat sich seine Sporen in der Merchandising-Abteilung von Disney Europe abverdient.

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Die Luxusgüterindustrie stellt zunehmend «gewöhnliche» Manager ein, die sich zuvor in vollkommen anderen Branchen bewährt haben. Lässt sich daraus schliessen, dass sich Prestigeparfums, Traumschuhe oder Märchentaschen auf die gleiche Weise verkaufen wie Tiefkühlprodukte oder Waschmittel? Heisst das, dass ein CEO vom L’Oréal- oder Procter-&-Gamble-Anzug einfach in feinstes Tuch aus dem Hause Dior oder Chanel schlüpfen kann?

Fest steht: Die Vorgänge lösen in der distinguierten Welt des Luxus nicht nur eitel Freude aus. Einige ihrer Führungskräfte weigern sich, darin eine grundlegende Veränderung der Umgangsformen oder gar einen neuen Trend zu erkennen. Bei Vuitton, bei Hermès wie auch bei Richemont schwört man mit erhobenen Fingern, dass alles beim Alten geblieben sei.

Alan Grieve, Leiter Kommunikation bei Richemont, hält beispielsweise fest, dass «die Rekrutierungspolitik nicht geändert wurde». Aber man sehe sich mit einer Internationalisierung des Umfelds konfrontiert. «Wir brauchen die besten Spezialisten, um die Exklusivität der Marken zu wahren, die Erneuerung der Kreationen zu gewährleisten und den finanziellen Anforderungen zu genügen», sagt Grieve. «Wenn wir diese edlen Perlen intern nicht finden, müssen wir unseren Suchradius eben erweitern.»

Gleicher Tenor bei Louis Vuitton Schweiz, deren Direktor Olivier Dupont selbst ein Überläufer ist.

Er war bei KPMG im Bereich Audit und Beratung tätig, bevor er vor elf Jahren den Reizen der Ledermanufaktur erlag. «Damals sah Vuitton in mir einen Mann der Front, mit dem die Chemie stimmte, obwohl ich einer andern Welt entstammte.»

Olivier Dupont mag es nicht, wenn man ihn als Prototyp einer neuen Art von Luxusmanagern bezeichnet. Er räumt jedoch ein, dass sich die Jagd nach Talenten heute über den ganzen Globus erstreckt und auch die Profile immer globaler werden.

Stéphane Marchand, Autor des unterhaltsamen Bestsellers «Les Guerres du Luxe», der die Titanenkämpfe in der Branche bis ins Jahr 2000 schildert, zeigt sich nicht überrascht, dass Führungspositionen immer häufiger nicht aus den eigenen Reihen besetzt werden. Das Urteil des stellvertretenden Chefredaktors der Wirtschaftszeitung «Le Figaro économique» ist klar: «Der Luxus wird alltäglich. Nun diktieren die Börsen das Geschehen. Der Ernennung eines Managers aus der Zivilgesellschaft fehlt vielleicht der Glamour, aber sie erlaubt es den Unternehmen, sich auf den Massenmärkten zu positionieren.»

Einige in der Luxusgüterbranche tätige Headhunter sind deshalb zum Schluss gelangt, es sei nicht riskanter, einen ausgewiesenen Manager aus der Lebensmittelindustrie zu engagieren, als eine Führungskraft aus dem Bereich Luxustabak in die Haute Couture zu versetzen.

Die Luxusgruppe Richemont hat in Mailand kürzlich eine Creative Academy gegründet. In diesem Institut sollen nicht nur Designer ausgebildet werden, es wird ab Januar 2005 auch Lehrgänge für junge Leute aus dem Marketing anbieten.

«Wir brauchen eine neue Managergeneration», erklärte jüngst Senior Executive Director Franco Cologni. «Nach ihrer Ausbildung bei McKinsey, Unilever oder Procter & Gamble wissen sie, wie man ein Waschpulver oder einen Computer verkauft.» Was ihnen jedoch fehle, sei die Luxuskultur.