Nach aussen gibt er sich gelassen, doch die Diskussion macht ihm schwer zu schaffen. Wird Joseph Deiss am 10. Dezember 2003 als erster Bundesrat seit 1919 nicht im Amt bestätigt? Die Sozialdemokraten blasen wahlkampfbedingt zur hochsommerlichen Kopfjagd auf den CVP-Minister. Im Fall eines erneuten Wahlsieges der SVP will sie dieser einen zweiten Bundesrat nicht mehr partout verwehren. Verliert die CVP ihren zweiten Sitz, müsste wohl der Freiburger über die Klinge springen. Denn als Frau, Vertreterin der Ostschweiz und Vizepräsidentin des Bundesrates ist die politisch leichtgewichtige Parteikollegin Ruth Metzler kaum abwählbar.
Nachdem der druckempfindliche Deiss im Januar vom Aussen- ins Wirtschaftsministerium gewechselt hatte, vollzog er einen erstaunlichen Wandel. New Deiss tritt offensiver auf und legt sich öffentlich mit Kollegen an. Der Wirtschaftsprofessor verfolgt bisher eine überraschend liberale und wettbewerbsfreundliche Linie. Trotz der Krise lehnt er Investitionsprogramme ab; da Tausenden von Arbeitslosen die Aussteuerung droht, bezichtigen ihn die Gewerkschaften gar der «unchristlichen Härte».
Nicht erweichen liess er sich allerdings auch von den regionalpolitischen Forderungen aus CVP-Stammlanden («Weissweinschwemme»). Fraglich ist, ob der pharmanahe Minister seine «einschneidenden» Massnahmen zur Belebung der Wirtschaft etwa bei den Parallelimporten durchsetzt. Ein Kernstück seiner Zehn-Säulen-Politik, die Unternehmenssteuerreform, hängt derzeit völlig in der Luft.
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