Das gebe einen kurzen Artikel, lachen die wenigen Vertrauten von Christoph Mörgeli, nach dessen Netzwerk befragt: Das Networking widerstrebe ihm zutiefst, der Einzelkämpfer sei gerade mal bei den Singstudenten und der Totentanzvereinigung mit dabei.

In der Tat macht der umstrittenste Politiker des Landes alles falsch – wenn es ihm denn darum ginge, im Bundeshaus seine Interessen zu vertreten und seine Karriere zu fördern. Er schont nicht einmal Parteifreunde, wenn sie von der reinen Lehre abweichen. Er pflegt während der Sessionen keine Kontakte, sondern fährt abends heim zu seiner Familie. Er gibt sich nicht für Partikularanliegen her. Und er scheut in seinen Kolumnen kein Tabu.

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Mörgeli ist ein soziologisches Phänomen: Er hat kein Netz, aber Macht. Nur wer Macht hat, kann wochenlang die Debatte in der Schweizer Öffentlichkeit bestimmen. Und nur wer Macht hat, kann mit einem Angriff auf die Ikone des Freisinns, Alt-Bundesrat Kaspar Villiger, der SVP Zürich die Wahl ihres Regierungsrats angeblich verpfuschen und mit einem Seitenhieb gegen das Idol der Berner SVP, Bundespräsident Samuel Schmid, einen Streit in der eigenen Fraktion auslösen – und aus allen Turbulenzen lächelnd herauskommen. Worauf gründet diese Macht?

Auf Intelligenz und Eloquenz, Mut und Witz, sagen seine Gesinnungsgenossen. Der verhinderte Journalist ist ein funkensprühender Satiriker und wurde als Kolumnist übrigens nicht erst von Roger Köppel entdeckt: Ueli Haldimann, heute Chefredaktor des Schweizer Fernsehens, bot dem Neonationalrat vor fünf Jahren im «Metropol» erstmals ein Podium. Als das Gratisblatt wieder aus dem Strassenbild verschwand, wechselte Christoph Mörgeli nach seinem Sparringpartner Peter Bodenmann ebenfalls zur «Weltwoche». Inzwischen schreibt der gefragte Provokateur auch für die «Aargauer Zeitung» und die «Berner Zeitung», und ein heftiger Angriff auf Kaspar Villiger erschien gar im «Tages-Anzeiger».

Mit scharfer Zunge setzt sich Mörgeli auch in der eigenen Partei durch. So in der Fraktion vor allem gegen die von Ständerat Hans Lauri angeführten Berner, die sich an seinem Stil stossen. Dem Gesinnungsethiker Lauri hält der Verantwortungsethiker Mörgeli vor, er hätte als Finanzdirektor Stil beweisen und etwa das Debakel bei der Lehrerpensionskasse verhindern müssen. Seine Meinung kann er in der Parteiführung einbringen. National eroberte er gleich nach seiner Wahl ins Parlament einen Sitz im leitenden Ausschuss, gegen seine Berner Kontrahentin Ursula Haller. Und kantonal wacht er als Präsident der Programmkommission über die Doktrin.

Doch bei aller Brillanz: Macht hat Christoph Mörgeli vor allem deshalb, weil er als Sprachrohr des Mächtigen gilt – als «Blochers Denkorgan», wie es das Magazin «Facts» ausdrückte.

Seine Förderer

Wäre es nach Christoph Mörgeli gegangen, sässe Christoph Blocher nicht im Bundesrat. Mit 16 kämpfte der Gymnasiast Mörgeli 1977 gegen die Wahl des Unternehmers Blocher zum Präsidenten der SVP Zürich, weil dieser ihm «viel zu nahe bei den freisinnigen Schönschwätzern und Wichtigtuern» angesiedelt erschien.

Blocher aber entdeckte einen geistesverwandten Kopf. Er wurde Götti von Mörgelis Sohn. Er sorgte dafür, dass Mörgeli – auf der Liste gleich hinter ihm platziert – 1999 Nationalrat wurde. Er setzte durch, dass er in den leitenden Ausschuss der nationalen Partei kam. Und er zieht den Vordenker bei, wenn er etwa mit SVP-Vizepräsident Toni Brunner und Nationalrat Toni Bortoluzzi die Parteistrategie bespricht. Was aber ist Mörgelis Beitrag?

Er telefoniert regelmässig mit dem Bundesrat, «aber nicht täglich», wie er betont. Und er recherchiert auch für ihn, unterstreicht jedoch: «Blocher schreibt seine Reden selbst.» Unbestritten aber ist er Erfinder der «Dopplet oder nüüt»-Strategie: Ohne sein Ultimatum nach den Wahlen 2003 sässe Blocher nicht im Bundesrat.

Seine Partner

«Unsere Gegner gebärden sich, als stünden wir vor der Machtübernahme», lacht Christoph Mörgeli. «So stellen sie sich als Guerillakämpfer im Dschungel dar.» Zu den Lieblingsgegnern gehört Arbeitgeberdirektor Peter Hasler, der die Wirtschaft von der SVP wegpredigt. Viele Unternehmer wenden sich aber inzwischen mit ihren Anliegen an Mörgeli – «auch Mitglieder anderer Parteien, die wohl schon lange uns wählen». Namen nennt er keine. Bankprofessor Hans Geiger hat sich aber im Kampf gegen Schengen als SVP-Mitglied geoutet, und auch Bankier Konrad Hummler (noch FDP) dürfte zu den Gesprächspartnern gehören. Mörgeli sucht aber in der Wirtschaft keine Freunde (wie die FDP), sondern kritische Partner. Und er weiss: «Von der Macht sind wir weit entfernt.»

Seine Karriere

Der Staatskritiker Mörgeli bezieht seinen Lohn vom Staat, als Leiter des Medizinhistorischen Instituts der Uni Zürich holt er aber mehr Fremdmittel herein, als er selber kostet. Das Museum will er weiter betreuen – mit Herzblut und mangels Alternative. Der Schüler des rechten Geschichtsprofessors Peter Stadler bekam seine Titularprofessur nur bei den Medizinhistorikern um Huldrych Koelbing. Und für eine akademische Karriere müsste er ins Ausland gehen: «Dort bekäme ich Heimweh.»