Nachdem sein Abschied von der Schweizer Börse SWX nicht ohne Nebengeräusche über die Bühne gegangen ist, kann Reto Francioni (50) als neuer CEO der Deutschen Börse mit einem Traumstart rechnen. Er war der Wunschkandidat des einflussreichen Hedge-Fund-Managers Christopher Hohn, der als treibende Kraft hinter dem Sturz von Francionis Vorgänger Werner Seifert und dem nun ebenfalls abtretenden Präsidenten der Deutschen Börse, Rolf-E. Breuer, stand. Hohn sei es denn auch gewesen, der alle Hebel in Bewegung gesetzt habe, um Francioni an die Spitze der Deutschen Börse zu hieven, ist aus Frankfurter Börsenkreisen zu erfahren. Der bis anhin relativ unbekannte Hohn soll nach eigenen Angaben über seinen Hedge-Fund TCI und seinen amerikanischen Fonds Atticus rund fünf Prozent der Stimmrechte bei der Frankfurter Börsengesellschaft halten. Genug, um aus eigener Kraft eine ausserordentliche Generalversammlung verlangen zu können, falls etwas nicht nach Wunsch läuft. Der 38-jährige Hohn verwaltet heute gegen drei Milliarden Dollar. Ein Teil seiner Gewinne lässt er Kindern in der Dritten Welt zugute kommen – TCI steht für «The Children’s Investment Fund Management».

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Auch der Wechsel im Präsidium der Deutschen Bank ist für Francioni ein Glücksfall, selbst wenn mit Rolf-E. Breuer gewissermassen sein Pate Ende Jahr ausscheidet. Breuer soll es gewesen sein, an den sich Francioni immer wenden konnte, wenn es mit seinem langjährigen Chef und Landsmann Werner Seifert Probleme gab. Mit Breuers Nachfolger Kurt Viermetz bekommt Francioni allerdings einen Sparringpartner zur Seite gestellt, der nicht zuletzt dank Hohns Einfluss ins Präsidium gewählt wurde. Viermetz war von 1990 bis 1998 Vice Chairman der amerikanischen Grossbank JP Morgan, er verfügt über mehr Börsenerfahrung als viele deutsche Investment-Banker. Schliesslich war Viermetz von 1996 bis 2003 Vorsitzender des internationalen Ausschusses der New York Stock Exchange (NYSE). Viermetz und Francioni sollen sich dem Vernehmen nach ausgezeichnet verstehen, der Schweizer soll auch der unbestrittene Wunschkandidat des neuen Präsidenten gewesen sein. Zudem gilt das Verhältnis zwischen Viermetz und Hohn als ausgezeichnet, pflegte Ersterer doch schon seit Jahren seine Beziehungen zu denjenigen Londoner Hedge-Funds, die zu den Aktionären des Immobilienkonzerns Hypo Real Estate gehören, deren Präsidium seit September 2003 von Viermetz besetzt wird.

Reto Francioni ist darauf angewiesen, mit diesen beiden Börsenprofis zusammenzuarbeiten, verfügt er doch im Aufsichtsrat über wenig alte Kontakte, nachdem im Juli auch hier eine Erneuerung stattgefunden hat und vier neue Mitglieder ernannt worden sind, zu denen auch CDU-Finanzexperte Friedrich Merz gehört.

Die Nachfolgerin

In der Zwischenzeit ist es durchgesickert, dass Reto Francioni seine Nachfolgerin im Präsidium der Schweizer Börse ohne den Segen des Gesamtverwaltungsrates durchpauken wollte. Denn Antoinette Hunziker-Ebneter gilt als enge Vertraute Francionis. Die ehemalige Börsenchefin und heutige Handelschefin der Bank Julius Bär wäre als Präsidentin der Schweizer Börse geradezu dafür prädestiniert, die neuen Entwicklungen etwa bei der weltgrössten Derivatebörse Eurex einzuleiten. Die Eurex gehört je hälftig der Deutschen Börse und der SWX.

Wollen die Schweizer die Pläne eines Eurex-Börsenganges nicht gefährden, täten sie gut daran, Francionis Wunschkandidatin keine Steine in den Weg zu legen. Denn zwar sind die Deutschen auf die Schweizer Zustimmung angewiesen, doch sind sie dank einem neunmal höheren Handelsvolumen weit stärker am Erfolg des Goldesels Eurex beteiligt als die Schweizer. Allerdings ist aus dem Umfeld des Verwaltungsrates der Schweizer Börse zu hören, dass man sich nach anfänglichen Verstimmungen allmählich mit der Idee anfreunde, die ehemalige SWX-Chefin in den Sessel des Verwaltungsratspräsidiums zu heben.

Ausgedünnter Heimwehclub

Heimweh wird Reto Francioni in Frankfurt wohl etwas stärker empfinden als in den früheren Jahren seiner Tätigkeit für die Deutsche Börse. Denn der Schweizer Heimwehclub (SHC) in Frankfurt, zu dem Francioni nebst einigen prominenten Exilschweizern gehört, wurde stark ausgedünnt. Sicher nicht mehr dabei sein wird Francionis Vorgänger Werner Seifert, der den Kontakt zu seinem langjährigen Vize schon seit längerem meidet. Auch der ehemalige Topmanager der UBS Deutschland, Peter Faes, gehört nicht mehr dazu, nachdem er vor längerem in Zürich die Leitung der Dresdner Bank Schweiz übernommen hat. Zählen kann Francioni noch auf Christian Schmidt, seit zwölf Jahren Leiter des Frankfurter Zoos, und auf Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, ebenfalls seit Jahren Mitglied.

Schweizer Kontakte

Mit Jörg Fischer, seinem Vorgänger an der Spitze der Schweizer Börse, teilt Reto Francioni eine grosse Leidenschaft: das Fischen. Kennen gelernt haben sich die beiden gegensätzlichen Börsenprofis, als Francioni Ende der achtziger Jahre noch die Association Tripartite Bourse leitete. Gute und langjährige Kontakte hat der Jurist auch mit dem Aktienrechtler und Swiss-Re-Präsidenten Peter Forstmoser sowie zum Risikokapitalisten Peter Friedli.