Rupert Murdoch führt sein Unternehmen mit dem Telefon, und oft beginnt er das Gespräch mit «Sorry, falls ich störe», wenn er einen seiner Chefredaktoren anruft, den er mehrere Zeitzonen entfernt gerade aus dem Schlaf gerissen hat.

In seinem Reich geht die Sonne nicht unter: Ausser in Afrika und der Antarktis ist Murdoch auf jedem Kontinent tätig, und seine News Corporation kontrolliert alle Produktionsstufen, um ihre Ware an den Kunden zu bringen. Der Mann besitzt ein Hollywood-Studio (20th Century Fox), die heisseste Internetplattform (MySpace), Buchverlage (HarperCollins), Anteile an verschiedenen Satellitennetzwerken (BskyB), zwei Dutzend Fernsehkanäle (Fox) und rund 175 Zeitungen («The Sun», «The Times», «New York Post»).

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Falls sich die Dinge so weiterentwickeln wie in den letzten Tagen, sind es bald 176. Für fünf Milliarden Dollar will Murdoch Dow Jones kaufen, das Mutterhaus des «Wall Street Journal», der heute wohl angesehensten Zeitung der Welt. Es wäre die Krönung eines Eroberungsfeldzuges, der in der australischen Provinz begann. Der junge Rupert hatte von seinem Vater eine kleine Zeitung geerbt, und mit den Gewinnen aus der Peripherie griff er etablierte Titel an, zuerst in Australien, dann in England, schliesslich in den USA. Überall bewies er ein Gespür für unterschätzte und sich ergänzende Geschäfte, regelmässig warfen ihm Rivalen oder Geschäftspartner Wortbruch und Verrat vor. Ihn kümmerte dies ebenso wenig wie die Angriffe des Medienestablishments. Die schonungslose Aggressivität seiner Boulevardblätter und sein Surfen im konservativen Kielwasser von Margaret Thatcher machten ihn lange zum «Stinktier an der Teeparty» (O-Ton Murdoch). Im Gegensatz zu den meisten Verlegern mischte er sich hemmungslos in redaktionelle Fragen ein, er betrachtete dies als wirtschaftliche Notwendigkeit: «Ich bin stolz auf das Beste und trage die Verantwortung für das Schlechteste», sagt er.

Sein ganzes Medienimperium hat sich nach seiner Vorgabe für den Einmarsch im Irak ausgesprochen. Und seine Abneigung gegenüber der EU kann man regelmässig in britischen Produkten lesen. Trotzdem ist Murdochs Offerte für das konservative «Wall Street Journal» nicht politisch motiviert. Er sieht auch hier vor allem einträgliche Synergien und Wachstumspotenzial.
Das Journal mit Chefredaktor Marcus Brauchli – einem Mann mit Schweizer Wurzeln – würde nicht nur das Know-how für sein geplantes Wirtschaftsfernsehen liefern, es passt auch hervorragend zu seiner Strategie, das Internet als Vertriebskanal zu forcieren: Keine andere Zeitung verdient online so viel wie das Finanzblatt. Murdoch möchte das «WSJ» zum globalen Hub für Wirtschaftsinformationen in jeder Form machen.

Die Bancrofts

Murdochs Gegenspieler in der Schlacht um das «Wall Street Journal» sind die Bancrofts. Die Nachkommen einer der ersten Familien, die Boston besiedelten, halten sich schon lange vom operativen Geschäft fern und verstehen ihr Engagement als eine Art «öffentlichen Auftrag», um die Unabhängigkeit des journalistischen Flaggschiffs zu sichern. Schliesslich wurde der Verlag 1882 von drei Journalisten gegründet. Charles Dow und Edward Jones sind mit ihrem Namen in der Börsenwelt verewigt. Charles Bergstresser ist längst vergessen.

Das Angebot von Murdoch hat die Unzufriedenheit der jungen Bancrofts, die bisher wenig von ihrem Erbe hatten, neu angefacht. Die Familie traf sich Anfang Mai zu einer Aussprache, und angesichts der schwierigen Ausgangslage für einen zukünftigen Alleingang von Dow Jones kamen die Puristen der Familie in einen Erklärungsnotstand. Die Bancrofts haben sich inzwischen mit Murdoch getroffen, doch bevor sie mit ihm über Geld reden, wollen sie von ihm ein prinzipielles Zugeständnis. Sie arbeiten an Ideen für ein vom Eigentümer nicht kontrolliertes Aufsichtsgremium.

Feinde und Freunde

Murdoch hat sich im Verlauf seiner Karriere manchen Feind geschaffen. Als sein erbittertster Gegner gilt Ted Turner, der Gründer von CNN, der ihn einmal als «Medien-Nazi» bezeichnete. Weit oben auf der schwarzen Liste stand er lange auch bei Bill Clinton, weil seine «New York Post» diesen während der Lewinsky-Affäre nur noch als «horndog-in-chief» bezeichnete, als geilen Chefhund. Inzwischen aber hat man sich etwas angefreundet. Rupert unterstützt Clintons Klimainitiative und hat sogar einen Fundraiser für dessen Gattin Hillary organisiert. Sehr nahe steht er seit langem Tony Blair, Ronald Reagan war ein Freund, George W. Bush hingegen will er nur ein einziges Mal getroffen haben: «Bei einem Empfang stand ich in der Schlange und schüttelte seine Hand.»

Die Nachfolge

Mit 75 Jahren ist Murdoch noch voll im Saft. Wenn er könnte, würde er «ewig weitermachen». Da er nicht kann, werden seine sechs Kinder aus drei Ehen seine Anteile erben. Unklar ist, wen aus der Familie Rupert als seinen Nachfolger an der Firmenspitze sieht. Sohn Lachlan galt als Kronfavorit; er hat es im Schatten des Vaters nicht mehr ausgehalten und ist nur noch im Verwaltungsrat. Einzig sein jüngerer Bruder James Murdoch arbeitet für News Corporation. – er leitet das britische Satellitenfernsehen BskyB.