Gleich zweimal geriet Thomas W. Bechtler (56) in diesen Wochen in die Schlagzeilen, und das in eher unangenehmer Angelegenheit. Die traditionsreiche Industriegruppe Zellweger Luwa, der er als Präsident vorsteht und die er zusammen mit Bruder Rudolf kontrolliert, wird nach 130 Jahren zerlegt und verkauft; zurück bleibt eine reine Finanzholding. Abgesehen vom Wäschehersteller Schiesser, den er behalten will, hat Bechtler damit seine einst hoch gesteckten industriellen Ambitionen begraben. Als Verwaltungsrat der Credit Suisse Group und der Swiss Re musste er vor kurzem um seine Bestätigung bangen, nachdem ihm Dominique Biedermann von der Anlagestiftung Ethos Ämterkumulation vorgeworfen hatte. Tatsächlich hält der Jurist eines der dichtesten Beziehungsnetze der Schweizer Wirtschaft, das ihm zu prestigereichen Mandaten verholfen hat. Er selbst betont, nicht operativ tätig zu sein und immer genügend Zeit für seine Ämter gehabt zu haben.
Die Herkunft ist ein Grund für das hohe gesellschaftliche Ansehen, das Thomas Bechtler geniesst. Die Begründer der familiären Unternehmen, Hans C. und Walter A., zählten zur Wirtschaftselite der Schweiz. Thomas’ Vater, Walter Bechtler, war Verwaltungsrat der Bank Leu, Onkel Hans sass in gleicher Funktion im Bankverein. Als Walter bei der Leuenbank altershalber zurücktrat, rückte der Filius nach. Es war der erste Schritt ins Netzwerk der Credit Suisse Group, die, historisch vernetzt mit der Swiss Re, nach wie vor als wichtigstes Gravitationszentrum der Schweizer Wirtschaft gilt. Nachdem Rainer E. Gut die Bank Leu der Credit Suisse einverleibt hatte, bot er Bechtler einen Sitz im Verwaltungsrat der Bank an. Seither ist die CS Hausbank von Bechtlers Business.
Bei der CS gehört Bechtler zusammen mit Vizepräsident Hans-Ulrich Doerig zu den dienstältesten Mitgliedern. Kennen gelernt haben sie sich schon viel früher: Die Familie von Doerigs Ehefrau, Barbara Doerig-Blum, und die Bechtlers sind seit jeher befreundet. Bechtler verschaffte seinem Freund Hans-Ueli auch einen Sitz im Verwaltungsrat seiner Hesta-Gruppe, wo er allerdings vor zwei Jahren zurücktrat.
Anfang der neunziger Jahre holte der damalige Swiss-Re-Chef Arnold Saxer Bechtler in den Verwaltungsrat des Rückversicherers, wo bald darauf Ulrich Bremi den Vorsitz übernahm, der Stratege der FDP, die Bechtler unterstützt. Mit Bremi veranstaltete er früher regelmässig Diskussionsrunden zu aktuellen Themen. Bei der Swiss Re traf er auf zwei Freunde aus dem Militär. Zum einen Swiss-Re-Präsident Peter Forstmoser, mit dem Oberleutnant Bechtler Dienst leistete und den er später zum Präsidenten seiner Hesta-Gruppe kürte. Zum anderen Walter Kielholz, den Ex-Chef der Swiss Re und heutigen CS-Präsidenten, der ein Dienstkollege von Thomas’ Bruder Rudolf war.
Unternehmen Kunst
Thomas W. Bechtler hat die in den Bechtler-Familien traditionellen künstlerischen Interessen in hohem Masse geerbt. Er frönt der Sammelleidenschaft und der Förderung zeitgenössischer Künstler wie Pipilotti Rist, Peter Fischli und David Weiss oder Jenny Holzer.
Als Präsident des Zürcher Kunsthauses (1987–2002) verstand es Bechtler trefflich, seine Beziehungen in die Wirtschaft spielen zu lassen. Einmal suchte er Sponsoren für eine geplante Segantini-Ausstellung und sprach bei Rainer E. Gut vor. Es war der Beginn der engen Zusammenarbeit zwischen der Credit Suisse und dem Museum. Für seine Nachfolge konnte er Walter Kielholz gewinnen, der das Mandat nach langer Bedenkzeit übernahm. Zum engen Kreis um Bechtler gehört auch Anne Keller Dubach. Die heutige Swiss-Re-Managerin bearbeitete früher als Verantwortliche fürs Kultursponsoring der CS Bechtlers Geldgesuche fürs Kunsthaus. Auch mit Bice Curiger, Kuratorin von Weltruf, verbindet ihn einiges: Bechtler liess sich von Curiger für den Aufbau der Fotosammlung der Zellweger Luwa beraten. Zudem engagierte er sie für das Kunsthaus. Und Curiger ist Gotte einer seiner Töchter.
Familienunternehmen
Die Sprösslinge von Industriellenfamilien sind gerne unter ihresgleichen. Jacob Schmidheiny etwa engagierte Thomas Bechtler zum Erfahrungsaustausch für seinen Conzzeta-Verwaltungsrat; Rudolf Hauser holte Bechtler in die von der Familie dominierte Bucher Industries. Im Kontrollgremium des Baustoffherstellers Sika, wo Bechtler das Vizepräsidium innehat, traf er auf Hans Peter Ming, den er für seine Nachfolge als Präsident der Entwicklungshilfeorganisation Swisscontact aufbaute. Bei der nunmehr zerschlagenen Zellweger Luwa gehörte CEO Konrad Peter zu den langjährigen Weggefährten Bechtlers, ebenso der frühere ABB-Manager Eberhard von Koerber sowie Rechtsanwalt Peter Isler der Kanzlei Niederer, Kraft und Frey, wo auch Peter Forstmoser Partner ist.
Unternehmen Familie
«Meine Familie ist ein KMU», lacht Bechtler. Die sieben Kinder im Alter zwischen 5 und 27 Jahren stammen aus drei Ehen: drei aus Bechtlers erster Ehe und zwei aus seiner zweiten Ehe mit Cristina, die ihrerseits zwei Kinder mitbrachte. Nur die jüngsten beiden Kinder wohnen noch ständig daheim. Cristina Bechtler ist Gründerin und Geschäftsführerin der Firma Ink Tree, eines Verlags für zeitgenössische Kunst, der an Bechtlers Schaltzentrale in Küsnacht domiziliert ist.