An Weihnachten nahm Urs Oberholzer seine ZKB-Manager ins Gebet. Die Unterstützung feindlicher Firmenübernahmen durch lukrative Optionskonstrukte sei eine Gratwanderung, referierte der 63-Jährige, auf dem Spiel stehe nämlich die Reputation der Bank. Als ihr wertvollstes Kapital sei diese wie ein Stalaktit, ein über Jahrzehnte zum strahlenden Gebilde geformter Tropfstein. «Mit einem einzigen Schlag kann man so einen zertrümmern.»

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Nur vier Monate später, am 20. April, fiel der ZKB-Stalaktit zu Boden und zersplitterte unter lautem Getöse. Zugeschlagen hatte in den Augen Oberholzers der langjährige Handelschef, Hans Fischer. Dessen Spezialisten ermöglichten durch die Herausgabe von Optionen, dass russische und österreichische Investoren unbemerkt ein 32-Prozent-Aktienpaket des Industriekonzerns Sulzer schnüren konnten. Fischer musste gehen.

Die grossen Zeitungen schrieben von Bauernopfer und davon, dass Handelschef Fischer die Zeche für seinen Vorgesetzten Hans Vögeli bezahlen müsse. Oberholzer dementierte lange.

Was als Befreiungsschlag gedacht war, entpuppte sich als Krisenbeschleuniger. An einer ausserordentlichen Sitzung am Sonntag beschloss der Bankrat die vorzeitige Trennung von Konzernchef Hans Vögeli. Mit ihm tritt jener Erfolgsmanager ab, der die einst verschlafene Hypothekar- und Sparheftli-Bank in eine führende schweizerische Universalbank verwandelt hat. Vögeli sei ein «extrem guter Bankchef gewesen», lobt Ulrich Grete, Ex-Generaldirektor der UBS und Präsident des AHV-Fonds. Ab Anfang Juni ist jetzt der junge Martin Scholl, ein ehemaliger ZKB-Lehrling, fürs operative Geschäft verantwortlich.

Die Chancen, dass die ZKB nach dem Köpferollen die Krise hinter sich lassen kann, stehen nicht schlecht. Nicht nur schickt die Bankleitung ihren respektierten CEO in Pension, mit Martin Hofmann entlässt sie einen weiteren Spitzenmanager des Handelsbereichs. Ausserdem hat schon vor Jahresfrist das Optionenteam unter Simon Biner zur Deutschen Bank gewechselt, das zuvor die ZKB zum aggressiven Mitspieler in dieser derzeit umstrittenen Disziplin gemacht hatte.

Mit seiner personellen Strafaktion hat Präsident Oberholzer zwar spät, aber umso resoluter aufgeräumt. Dass der nicht ins operative Geschäft involvierte Präsident seine Kontrollfunktion wahrnehmen könne, ist laut Finanzexperte Grete ein «Ausdruck von organisatorischer Stärke».

In solchen Momenten seien wahre Freunde mit unternehmerischer Erfahrung wichtig. So wie der Zürcher Personalberater Eugen Schmid. Der habe sich in den letzten Wochen rund um die Uhr um ihn gekümmert, sagt der ZKB-Präsident: mit Ratschlägen, Aufmunterungen oder einfach als Zuhörer.

SVP-Chef offeriert Hilfe

Da die ZKB dem Kanton gehört, sind ihre obersten Vertreter politische Figuren. Und wie die meisten Polit-Führungsgremien wird auch das vollamtliche Dreierpräsidium der Bank nach Proporz bestückt: Präsident Urs Oberholzer gehört zur SVP, Vizepräsidentin Liselotte Illi zur SP, und der Dritte im Bunde, Martin Zollinger, ist von der FDP. Solange die Gewinne sprudeln, ist das Verhältnis zur Politik ungetrübt. Doch die hinterlistigen Angriffe auf Sulzer & Co. erhitzten die Gemüter der Zürcher Kantonsräte und zwangen ZKB-Präsident Urs Oberholzer, dem Parlament Red und Antwort zu stehen.

Dass der Gang von der Zürcher Bankenmeile über die Limmat ins Ratshaus nicht zum Spiessrutenlauf wurde, dafür sorgte Parteifreund Hansjörg Frei, der wie Oberholzer lange in der Versicherungsbranche tätig war. Der kantonale SVP-Präsident bot dem Bankchef seine Hilfe zur Bewältigung der Krise an. Oberholzer geniesse in seiner Partei hohes Ansehen, begründet Frei, und er habe in der schwierigen Situation besonnen reagiert. Die Strategie der ZKB stimme, nun habe Oberholzer die richtigen Schlüsse zu ziehen. «Mehr muss er nicht tun», sagt Frei.

Zögling von General Ulrico Hess

Dass Urs Oberholzer auf dem Stuhl des Präsidenten der grössten Kantonalbank gelandet ist, hat auch mit seiner militärischen Karriere zu tun. Zumindest die Bekanntschaft mit dem operativen ZKB-Chef Hans Vögeli machte Oberholzer nämlich im Tenue grün. Die beiden waren einst als Offiziere in derselben Kompanie. Über ihnen thronte der weit über die Armee hinaus gefürchtete und geachtete Ulrico Hess, der vor Jahresfrist verstarb. Hess, ein Raubein mit Charme, der es bis zum Korpskommandanten brachte, zog Oberholzer die Hierarchieleiter hoch.

Hess machte den ZKB-Präsidenten, zu seinem Stellvertreter im Zürcher
Infanterieregiment 27. Aus der Soldatenkameradschaft zwischen dem General und seinem Oberst wurde mit der Zeit eine tiefe Freundschaft. Am Ende zählte Oberholzer zum engsten Freundeskreis von Hess.

Galopp mit Hattrick

Ein Galopp auf seinem Hengst Hattrick helfe, Ballast von seinen Schultern abzuschütteln, sagt Oberholzer, nebenamtlich Präsident des Schweizerischen Verbandes für Pferdesport. Urs Theiler, Initiant und Mitinhaber des bekannten Zürcher Reitanlasses CSI, ist übrigens ein guter Freund Oberholzers und ein Unternehmer, auf dessen Rat er sich verlässt. Gerne drückt Oberholzer auch aufs Gaspedal seines anthrazitfarbenen Audi RS4 – ein Bolide, den er «als junger Mann nicht hätte fahren dürfen».