Vor zwei Jahren liess die UBS -Führung die Bombe platzen: Als Lehre aus der Finanzkrise will die grösste Schweizer Bank das riskante Anleihegeschäft massiv zurückfahren. Seit der überraschenden Ankündigung werden die Ergebnisse des Geldhauses immer wieder mit denen der Deutschen Bank verglichen, die am Bondmarkt weiter ein grosses Rad dreht.
Von zwei komplett unterschiedlichen Strategien ist die Rede, von verschiedenen Wetten auf die Marktentwicklung. Doch ein genauer Blick in die UBS-Bilanz zeigt, dass die Zürcher Bank keinesfalls dem Anleihegeschäft adieu gesagt hat, wie es einige Investoren zunächst vermutet hatten. Sie hat nur ihren «Bond-Supermarkt» verkleinert und ist stattdessen stärker als Makler oder Vermittler aktiv. «Wir sind nicht aus dem festverzinslichen Geschäft ausgestiegen, wir haben es neu erfunden», sagt Chris Murphy, Co-Chef des Devisen- und Anleihegeschäfts.
Makler-Rolle ist deutlich weniger kapitalintensiv
Der Applaus der Regulierer hierfür ist der UBS sicher. Denn die Makler-Rolle ist deutlich weniger kapitalintensiv, da das Geldhaus keine Anleihen auf den eigenen Büchern halten muss. Wie im Aktienhandel bereits üblich, will die UBS nun zunehmend Anleihen zwischen Käufern und Verkäufern vermitteln, ohne sie selbst zu halten.
Das alte sogenannte «Principal»-Modell sah so aus: Wollte ein Kunde, etwa ein Fondsmanager, einen Firmenbond kaufen, rief er beim «Supermarkt» UBS an und bekam ein Angebot. Um den Preis vergleichen zu können, musste der Fondsmanager mehrere Banken kontaktieren. Am Ende verkaufte dem Kunden ein Institut dann die Anleihe. Den Handel auf eigene Rechnung, also ohne Kundenbezug, haben die Geldhäuser nach eigener Darstellung schon vor längerer Zeit eingestellt.
Das neue «Agency»-Modell
Im neuen «Agency»-Modell stellt die UBS eine Plattform zur Verfügung, über die ein Kunde aus Angeboten verschiedener, meist kleinerer Banken auswählen kann. So handelt das Institut beispielsweise selbst mit keinen schwedischen Anleihen mehr, bietet den Kunden aber die Möglichkeit, mit schwedischen Banken ins Geschäft zu kommen. Die UBS muss so weniger Anleihen in den Regalen, sprich auf den eigenen Büchern, halten und spart teures Eigenkapital zur Hinterlegung.
Allerdings seien die Margen in dem Geschäft niedriger, räumt UBS-Manager Murphy ein. Zudem bestehe die Gefahr, dass das Modell im klassischen Handel zu Einbussen führe. «Man muss sicherstellen, dass das eigene Unternehmen nicht dagegen ankämpft.» Er habe die vergangenen drei Jahre damit zugebracht, den neuen Ansatz bei der UBS zu verankern, sagt Murphy. Auch bei den Kunden müsse er noch viel Überzeugungsarbeit leisten. «Die Menschen sind Gewohnheitstiere», sagt der Banker. «Das passiert nicht über Nacht, aber die Kunden beginnen zu sehen, dass wir ihnen einen Mehrwert bieten. Stück für Stück wird sich der Markt in unsere Richtung bewegen.»
Immer mehr Makler
Experten gehen davon aus, dass die schärferen Kapitalvorgaben im Investmentbanking und die Flaute im klassischen Bondhandel die Makler-Rolle für immer mehr Banken attraktiv machen. Gegenwärtig läuft lediglich rund zehn Prozent des Anleihe-Handels über solche «Agency»-Modelle, schätzt Frederic Ponzo von der Beratungsfirma GreySpark. Bis 2018 werde der Anteil voraussichtlich auf rund drei Viertel des Gesamtvolumens steigen.
Die frühen Umsteiger könnten im Vorteil sein. Die Unternehmensberatung McKinsey geht in einer Studie davon aus, dass der Markt nur wenigen Anbieter Platz biete. Banken, die die Kunden bereits jetzt an sich binden könnten, dürften als Gewinner vom Feld gehen. Neben UBS habe auch der Schweizer Rivale Credit Suisse bereits die Grundlagen gelegt für ein «Agency»-Geschäft, erklären die Berater. Die Eidgenossenschaft macht ihren Instituten höhere Kapitalvorgaben als andere Länder. Kein grosses Geldhaus ist beim Abbau der Risikopositionen den Experten von Goldman Sachs zufolge aber soweit gegangen wie die UBS: Seit Ende 2011 hätten sich die Risiken der Investmentbank halbiert.
«Hervorragenden Ausgangslage, um Marktanteile zu gewinnen»
«Wir denken, dass wir uns in einer hervorragenden Ausgangslage befinden, um Marktanteile zu gewinnen», sagt UBS-Manager Murphy. Allerdings hat die Bank - im Vergleich zum Bond-Marktführer Deutsche Bank oder zu den US-Konkurrenten JP Morgan, Goldman Sachs und der Bank of America - weniger zu verlieren. Denn die Schweizer gehören nicht zu den führenden Handelshäusern am Anleihemarkt. So räumt auch Murphy ein, dass sich die Bank aus Bereichen wie dem Handel mit Hypotheken, notleidenden Krediten oder Rohstoffen zurückgezogen habe, weil die kritische Masse fehlte.
Die Niedrigzinsen machen allen Investmentbanken im Anleihegeschäft schon länger zu schaffen. Die Erträge im Geschäft mit festverzinslichen Anlagen sind nach Angaben der Datenanalysefirma Coalition seit 2012 um fast ein Viertel geschrumpft. Dennoch dürfte das traditionelle Supermarkt-Modell im Bondhandel nicht ganz verschwinden.
Wetten auf die Marktentwicklung laufen weiter
Die verbliebenen Verkäufer - wie die Deutsche Bank - dürften sich nur vermehrt auf Delikatessen und weniger auf Standardprodukte fokussieren, meinen Experten. Je weniger häufig eine Anleihe gehandelt wird, desto weniger eignet sie sich für eine Plattform. Und anders als bei Aktien wird ein beträchtlicher Teil der zehntausenden Anleihen weltweit nicht täglich gehandelt. Dies gilt insbesondere für hochkomplexe Produkte. In dem Bereich ist die Deutsche Bank besonders stark. Entsprechend gering dürfte der Druck für die Vorstände in den Frankfurter Doppeltürmen sein, kurzfristig umzuschwenken. Im Gegenteil: Die unterschiedlichen Wetten auf die Marktentwicklung laufen weiter.
(reuters/ccr)