Mohan tritt eilig aus seinem dunklen Laden in Kathmandus Touristenviertel Thamel. «Willst du einen Rucksack kaufen? Ich biete dir einen guten Preis.» 3000 Rupien oder umgerechnet 30 Franken will der junge Mann für das blaue Mammut-Modell. Die Qualität scheint gut zu sein, das Design ist ansprechend und am Ende läuft der Kunde mit dem Rucksack aus dem Geschäft, für den er 15 Franken bezahlte. Ein Schnäppchen. Zuhause hätte man glatt das Zehnfache bezahlt.
Doch wo Mammut draufsteht, ist nicht immer Mammut drin. Denn auch die Schweizer Traditionsmarke wird inzwischen immer öfter gefälscht. Das liegt an ihrer Popularität. Verkauften die Händler in Nepal bislang vor allem gefälschte Produkte von North Face, Arcteryx oder Jack Wolfskin, stürzen sie sich nun zunehmend auch auf Mammut. «Die Fälscher folgen Trends und Opportunitäten. Sie versuchen vom Markenwert einer Marke zu profitieren», sagt Claude Sutter, der bei Mammut für den Schutz geistigen Eigentums verantwortlich ist.
Originalherstellern gehen Milliardenumsätze verloren
Produktepiraterie ist längst ein globaler Markt. Gemäss Schätzungen von Experten entfallen fünf bis zehn Prozent des weltweiten Handelsvolumens auf Kopien. Dadurch gehen den Originalherstellern Milliardenumsätze verloren - und Regierungen Steuer- und Zolleinnahmen. Sportartikel sind heute besonders beliebte Objekte von Kopisten. Und die Fälschungen werden immer raffinierter. «Ursprünglich waren es vor allem sehr billige Kopien. In den letzten Jahren ist aber eine Professionalisierung zu beobachten», weiss Sutter. Inzwischen würden konkrete Modelle von Mammut detailgetreu nachgemacht.
Schuld an der Entwicklung ist ironischerweise der Mammuts eigener Erfolg. Spätestens seit Karl-Theodor zu Guttenberg als deutscher Verteidigungsminister wiederholt eine schwarze Mammut-Jacke zu offiziellen Anlässen trug, ist der Name der ehemaligen Seilfabrik aus dem Aargau auch einer breiten internationalen Bevölkerung bekannt. War die Marke einst nur eingefleischten Berggängern bekannt, die wortkarg auch bei tiefstem Winter steile Wände heraufkraxeln, gilt sie inzwischen auch als Lifestyle-Accessoire. Der Umsatz des Unternehmens hat sich denn in den letzten zehn Jahren auch auf 247 Millionen Franken verdoppelt.
Drahtzieher ist das organisierte Verbrechen
Das hat auch unangenehme Folgen. «Man muss es als ein unrühmliches Zeichen des Erfolges interpretieren, wenn man als Marke nachgemacht wird. Man ist begehrt», resümiert Mammut-Kopienjäger Sutter. Und die Fälscher sind gut organisiert. Das Gewerbe liegt fest in der Hand des organisierten Verbrechens. Denn es locken hohe Gewinnmargen und tiefes Risiko. So ermöglicht es das Internet, die Spuren zu Absendern zu verwischen. Und nationale Gesetzeslücken machen Strafen unwahrscheinlich. «Der Verkauf von Fälschungen ist für Kriminelle attraktiv», meint Sutter.
Die Bekämpfung der Kopisten ist ungleich schwieriger. Mammut versucht es mit einer Kombination aus Schutz und Verteidigung der Markenrechte, technischen Massnahmen zur Erhöhung der Fälschungssicherheit und einer engen Zusammenarbeit mit Polizei und Zollbehörden. Auch die Aufklärung der Kunden sei wichtig, so Sutter.
Grosse Fänge gibt es kaum mehr
Bei Mammut macht man sich aber nichts vor. Am Ende ist es ein Kampf gegen Windmühlen, solange die Täter nicht in ihrem Land härter angegangen werden. «Durch den zunehmenden Direkt-Vertrieb über das Internet werden die Versand-Mengen immer kleiner», sagt Sutter. Bei Beschlagnahmungen durch Zoll oder Polizei würden meist nur einzelne Stücke sichergestellt. Als vor einem Jahr 93 Jacken auf einen Schlag entdeckt wurden, war es die grösste Beschlagnahmung von Mammut-Produkten aller Zeiten. Der Warenwert: Bescheidene 23'000 Franken.
Wie viele seiner Produkte jährlich generell gefälscht werden, kann und will das Unternehmen nicht sagen. Bei Mammut weiss man aber, dass die meisten Kopien aus China stammen – der Hochburg der Kopisten. «Abgesetzt werden die Fälschungen auf Strassenmärkten aber vor allem auch über das Internet. Auf Auktionsplattformen wie Ebay, Alibaba oder Taobao findet man sie genauso wie bei speziellen Internetshops, wo nur Fälschungen angeboten werden», so Sutter.
Manchmal auch machen Kopisten Fehler
Trotz Professionalisierung: Nicht immer arbeiten die Chinesen sehr genau. In einer Daunenjacke im Laden in Kathmandu prangt auf der Brust der Schriftzug «Mammut», im Inneren aber nähten die fleissigen Arbeiter versehentlich die Etikette der amerikanischen Marke Marmot ein. Mohan kümmert das nicht. In seinem Laden in Kathmandu wird er auch diese Jacke absetzen. «Ich biete dir einen guten Preis», wird er dann sagen und den Rabatt etwas höher ausfallen lassen.