Während 17 Jahren sass Scott Adams in einem Grossraumbüro. Er liess alles über sich ergehen Kostensenkung, immer neue Teamsitzungen, die Schrullen seiner Chefs, die Ticks seiner Kollegen. Die Stunden, die er in Brainstorming-Sitzungen ohne Sinn verbrachte, summierten sich zu Tagen und Wochen. Dann schulte Adams um, zum Comic-Zeichner. Heraus kamen die Bücher mit Dilbert als Helden, in den sein Autor die ganzen Sorgen, Ängste und Zynismen des modernen Büromenschen hineinprojiziert.
Chef und Unterlinge
Jetzt ist es wieder so weit. Wer über den Wahnsinn der Entlassungswellen oder der Umzüge von Konzernzentralen ins Ausland und die ständigen Fehlentscheidungen mal so richtig ablachen will, greift zum neuen Dilbert. «Wir machen Gewinn, sobald der Komet einschlägt», heisst das neue Werk von Adams (120 Seiten, Redline-Verlag, 23.50 Fr.), mit dem sich kein Angestellter von seinem Chef erwischen lassen sollte.
Aber selbst wenn das passiert schlimme Folgen hätte das nicht mehr. Denn der Alltag in vielen Betrieben ist ohnehin vollständig dilbertisiert. Martin Wehrle etwa, Kommunikationstrainer, ortet permanenten Hass der Mitarbeiter auf ihre Chefs. Sein neues Buch heisst folgerichtig «Der Feind in meinem Büro» (224 Seiten, Econ-Verlag, 35 Fr.). Es legt all die kleinen und grossen Irrtümer zwischen Chef und Unterlingen offen und liefert sogar Vorschläge für Besserung.
Aber das scheint ein eher unwahrscheinlicher Fall zu sein, findet zumindest John Hoover. Sein neues Manifest heisst «Chefs und andere Idioten» (288 Seiten, Redline-Verlag, 31.70 Fr.). Es ist ein Ratgeber für Angestellte, die keinen anderen Job finden aber mit den geballten Defiziten ihrer Vorgesetzten besser umgehen lernen wollen. Wer, wenn nicht Hoover, wüsste besser, wie man das macht? Der Buchautor ist Berater, der sich darauf spezialisiert hat, Idiotie in den Chefetagen aufzuspüren und diese zu managen. Bei IBM, Xerox, Hilton und Delta Airlines war er damit schon erfolgreich, behauptet sein Verlag.
Auch für den, der vom Angestellten zum Chef aufrückt, gibt es Lebenshilfe das Wagnis muss nicht ohne Ratgeber bestritten werden. «Führen ohne Drama», so nennen Roman Braun und seine Autorenkollegen ihr neues Buch (250 Seiten, Linde International-Verlag, 44.80 Fr.). Sie nehmen damit den Lesern schon vorab jede Illusion, dass das Chefsein einfach ist. «Offene Konflikte sind bloss die Spitze des Eisbergs», gibt das Buch seinen Lesern mit auf den Weg, ein sperriger Koloss hindere die Menschen im Betrieb daran, einander zu begegnen. Die Autoren freilich sind nicht faul, liefern sie doch ein geheimnisvolles Rezept, das alles besser machen soll: «Trinergy» nennen sie die von ihnen empfohlene Vorgehensweise. Ob diese mehr bringt als NLP, TQM, CRM, USP oder IPO, ist freilich noch nicht geklärt.
Es geht auch mit einfacheren Techniken, die sofort jeder versteht. Irene Becker, auch Beraterin, gibt ihren Kunden das Motto «Everybody's Darling, everybody's Depp» mit auf den Weg (224 Seiten, Campus-Verlag, 26.80 Fr.). Das heisst übersetzt so viel wie: Sei bloss nicht so nett, dann erreichst du mehr. Sich beliebt machen ist out, eine gesunde Portion Konfliktbereitschaft führt zu einem besseren Arbeitsleben. Ergänzend lesen wir die Ratgeber von Cornelia Topf. Auch sie ist auf dem Liebsein-bringt-nichts-Trip und legt ihre neuen Werke mit diesen Titeln vor: «Körpersprache für freche Frauen» und «Gehaltsverhandlungen für freche Frauen» (beide je 180 Seiten, Redline-Verlag, 31.70 Fr.). Frauen kommen weiter, wenn sie auch mal ihre Zähne zeigen und Männer sollten natürlich wissen, wie die das machen.
Nicht noch den Rest verheizen
Aber es gibt auch noch eine Bürowelt jenseits des ganzen Irrsinns, der bei Dilbert inzwischen mehrere Bände füllt. Gertrud Höhler hat wieder einmal zur Feder gegriffen. «Jenseits der Gier», so heisst ihr neues Werk, mit dem sie ihre selbst geschriebene Bibliothek über Macht, Glück, Sieger und Vertrauen komplettiert (220 Seiten, Econ-Verlag, 38.80 Fr.). Sie rät den Managern, beim Streben nach mehr Rendite nicht den letzten Rest an Menschsein auch noch zu verheizen. Krankenkassen-Chefs, die sich trotz wenig grosser Erfolge die Taschen mit Geld vollstopfen, findet sie wenig vorbildlich. Wir sollten wieder teilen lernen, uns an den Kindern erfreuen und durch Geben statt durch Geld glänzen. Das öffne den Weg zu den Werten jenseits der qualvollen Welt, in der Dilbert leben muss: Verlässlichkeit, Abenteuer, Geborgenheit und Wagnis, sagt Frau Höhler.