Die Tempovorgabe, mit der sich das Unternehmen nun im Markt etablieren will, kommt zweifellos vom Chef. Manfred Knof, vom deutschen Mutterhaus an die Schweizer Front geschickt, bei der Allianz Suisse für profitables Wachstum zu sorgen, macht nicht den Eindruck, als liesse er sich vom Geschehen führen. Ein kurzer Händedruck zur Begrüssung, kein Smalltalk übers Wetter oder über die schöne Aussicht aus seinem Büro, die über die Dächer der Stadt Zürich reicht, vom Grossmünster bis hin zur Skyline des Zürichbergs, sondern sofort in medias res. Wir sind hier, um zu arbeiten.
Wie geht es einem Deutschen, der das aus traditionsreichen, ehemaligen Schweizer Konkurrenten zusammengebaute Unternehmen auf den Wachstumspfad bringen muss? Bremst ihn die gut schweizerische Behäbigkeit? «Behäbigkeit würde ich das nicht nennen», sagt er sofort. «Die Schweiz ist der grösste Finanzdienstleister der Welt, die Schweizer Banken und Versicherer haben Positionen, von denen man als Deutscher nur träumen kann. Nein, nein, die Schweizer verstehen ihr Handwerk schon.» So musste er den Berner Bär also nicht auf Vordermann bringen? «Nein, wir haben die verschiedenen Kulturen relativ rasch zusammengeführt und die Markteinführung gut gemeistert», sagt Knof. Die Allianz Suisse habe sich sofort einen vorderen Platz erobert, in den letzten Jahren eine sehr gute Entwicklung genommen und zeige bereits eine gute Profitabilität.
«Wir haben das schnell gemacht»
Bei allem positiven Denken, es dürfte nicht einfach gewesen sein, gewachsene Berner, Zürcher und Genfer Eigenheiten miteinander zu verbinden, aber vielleicht scheint das nur einem Schweizer unmöglich. «Natürlich», gibt er zu, «war es für manche schwierig, mit ansehen zu müssen, dass nun die entscheidenden Gremien in Zürich zusammengezogen wurden. Auch dürfte es für einige ein schmerzhafter Prozess gewesen sein, dass wir die bisherigen IT-Systeme, es waren insgesamt 15, durch das bewährte System unserer österreichischen Schwestergesellschaft abgelöst und weiter entwickelt haben. Aber das IT-System ist der Herzschrittmacher einer Versicherung; wenn das nicht funktioniert, wirds schwierig.»
Die Integration der verschiedenen Unternehmen zu einer neuen Einheit ist zumindest nach aussen hin in der Tat geräuschlos verlaufen. «Wir haben das alles sehr schnell gemacht», sagt Manfred Knof. «Wir haben uns von Anfang an auf das Vertrauen besonnen, das wir als europäischer Marktführer auch hier geniessen.» Keine Restbestände alter Kulturen? Keine Trauer um die alten Namen? «Nein, der Aussendienst sagt mir, es sei toll, unter dem Namen antreten zu können; das helfe ihnen im Verkauf.»
Die Besten anziehen
Für den Manager Manfred Knof ist die Führung der Allianz Suisse die spannendste Aufgabe seiner bisherigen Karriere. Nach seinem Studium der Jurisprudenz war er als Unternehmensberater tätig, bevor er zum Doktor promovierte und an der New York University den MBA erwarb. Von hier ging es direkt zur Allianz. Wichtige Stationen waren die Leitung der Filialdirektion Berlin-Brandenburg-Süd, die Leitung des Vorstandsbüros des Vorstandsvorsitzenden, einleitende Funktion im Rahmen der Integration der Dresdner Bank in die Allianz-Gruppe und schliesslich die Leitung des Vertriebes Deutschland- Süd im Personal Banking der Dresdner Bank.
Nun ist er in Zürich. Die Zusammenführung ist vollzogen, jetzt geht es darum, Wachstum zu organisieren und die bereits hohe Profitabilität zu halten. «Das braucht», so sagt er, «Veränderungen in unseren Köpfen», denn, so lautet die Herausforderung: «Wie schaffen wir es, schneller und besser zu sein als die andern.» Der Markt wächst nur langsam, die Konkurrenz ist knallhart bei einer solchen Ausgangslage muss man konsequent kundenorientiert denken, kreativ sein, innovativ sein. «Mehr vom Gleichen allein genügt nicht mehr. Immerhin», so sagt er mit einer gewissen Genugtuung, «wachsen wir heute schneller als der Markt.» Wichtig ist für Knof dabei auch die Kultur der Mitarbeiterentwicklung. «Das Personal soll in seiner Entwicklung gefördert werden. Wir wollen attraktiv sein für Schweizer Mitarbeiter, so attraktiv, dass die Besten zu uns kommen wollen.» Dies wird die zentrale Aufgabe des neuen Personalchefs sein, der demnächst seine Arbeit aufnimmt und der ihm direkt rapportieren wird. Ein Aufbruch in einem Unternehmen dieser Grössenordnung gelingt nur, wenn die Führung die Power nicht nur fordert, sondern selber auch mitbringt. Manfred Knof gibt Vollgas. Immer 100%. Manchmal auch mehr. «Ich gebe das Maximum. Ich bin als Chef ja auch Vorbild.»
Der Chef muss stabil sein
Seine Familie lebt derzeit noch in Deutschland, bis Ende Schuljahr, man sieht sich an Wochenenden. «Aber», sagt Manfred Knof, «ich habe noch keinen Kindergeburtstag verpasst.» Seinen Führungsstil bezeichnet er zuvorderst als «Teamplayer.» Er höre zu, gebe viel Freiraum, fördere und fordere, gebe die Möglichkeit, mit Ideen zu kommen, diskutiere offen und transparent. Aber klar, «am Ende des Tages entscheide ich». Und dann muss es schnell und zügig gehen. «Mit mir haben Leute Probleme, die nicht transparent sind, die nicht teilen wollen. Ich lege nicht so sehr Wert auf Hierarchien, sondern auf Netzwerke. Die wichtigen Leute müssen schnell zusammenkommen und Lösungsansätze hervorbringen.»
Wie er so redet, spürt man förmlich seinen Drang, vorwärts zu kommen. Ist er ungeduldig? «Ja», sagt er rundheraus, «da muss ich mich manchmal zusammennehmen.» Wie löst er Konflikte? «Ich spreche sie direkt an, offen, ich vertage sie nicht.» Macht er auch Fehler? «Jeder macht Fehler, jeder darf Fehler machen.»
Wenn er und all seine Konkurrenten schneller wachsen wollen als der Markt, innovativer, beweglicher sein wollen als ihre Mitbewerber, wie hoch muss da der Druck auf die Chefs sein? Und wie viel Druck üben sie auf ihre Mitarbeiter aus? Knof braucht zum ersten Mal zwei Sekunden, um nachzudenken. «Ich gebe den Druck nicht ungefiltert weiter», sagt er, «ich federe viel ab. Das ist wichtig in dieser Rolle, der Chef muss stabil sein. Die Leute sehen den CEO, und wenn der zuckt und wackelt und seine Unsicherheit zeigt, dann fällt das auf ihn zurück.»
Heiss auf den Erfolg
Manche Chefs unterstreichen ihre Sicherheit und ihre Position mit Symbolen oder symbolträchtigen Hobbys. Teure Bilder an den Wänden zum Beispiel Knof hat kein einziges. «Hab noch keine Zeit gehabt, eins auszuwählen». Oder teure Uhren? «Hier eine Schweizer Uhr!», sagt er stolz, einen Punkt machen zu können. Welche Marke? «Weiss ich nicht.» Es ist eine Tag-Heuer, diejenige mit dem Piloten-Image. «Hab ich gar nicht gewusst.» Gibt es eine Leidenschaft neben der Arbeit? Golf? Marathon? Teure Weine? Autos? «Nein, nichts in dieser Art. Meine Familie ist meine Leidenschaft.» Wie war das in den letzten Wochen, hatten Sie gelegentlich Zeit, ein Spiel der WM anzuschauen? «Klar, das eine oder andere Spiel hab ich mir angeschaut.» Welchem Team hat er die Daumen gedrückt? «Der Schweiz und Deutschland natürlich.» Und warum? «Weil mir die Einstellung der beiden jungen Teams gefällt. Die sind heiss auf den Erfolg und wollen gewinnen!» Genauso wie er selber? «Na klar. Nur überdurchschnittliche Ziele und überdurchschnittlicher Einsatz bringen überdurchschnittliche Resultate.»
Zur Person:
Steckbrief
Name: Manfred Knof
Funktion: CEO Allianz Suisse
Alter: 41
Wohnort: Zürich
Familie: Verheiratet, zwei Kinder
Karriere
1991-1993: Seniorberater bei Kienbaum, Düsseldorf
1995-1999: Verschiedene Funktionen bei der Allianz AG
2000-2003: Leiter des Vorstandsbüros der Allianz AG
2003-2004: Funktionen bei der Integration der Dresdner Bank
2004: Leiter Vertrieb D-Süd im Personal Banking der Dresdner
2006: CEO der Allianz, Zürich
Führungsprinzipien
1. Klare Ziele setzen und ihre Einhaltung einfordern.
2. Schnelligkeit in der Entscheidung und in der Umsetzung.
3. Offene und schnelle Kommunikation.
Firma
Allianz Suisse umfasst Versicherung, Vorsorge und Vermögen. Sie ist Teil der internationalen Allianz-Gruppe, die in über 70 Ländern auf allen Kontinenten präsent ist. Die Kundschaft der Allianz Suisse umfasst 800000 Privatpersonen und Unternehmen. Sie verfügt über 69 Generalagenturen mit über 1100 Beraterinnen und Beratern.