Die Reise führt hinaus aufs Land. Hätten auf dem Wegweiser nicht ganz klar die beiden Buchstaben BZ gestanden, glaubte man sich verirrt zu haben in einem beschaulichen Gartenhausquartier - putzige Häuschen, gemütliches Stubenlicht hinter Gardinen. Wo gibts hier eine Bank?

Am Ende des Strässchens thront auf einem Hügel am Waldrand der Backsteinbau der BZ Bank. Allein stehend und eigenwillig wie ihr Gründer. Weite Räume, wenig Pulte, vornehme Leere.

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Martin Ebners Reich vor einem Jahr mit Häme aus den Schlagzeilen entlassen, nun wieder mit Erfolgsmeldungen im Geschäft - soll von einer frischen Kraft geführt werden. Der 60-jährige Onkel mit der berühmten Fliege und seinem unbändigen Willen, die Finanzwelt auf neue Ideen einzuschwören, gibt nach einem Stolpern und einem wieder Aufstehen den Stab weiter an die nächste Generation. Sein Neffe Manuel Ebner, 43-jährig, wird neuer CEO. Eine Erbfolge, von langer Hand vorbereitet? Manuel Ebner lächelt.

Übernahme war eher Zufall

Wir sind im grossen, irgendwie leeren Besprechungszimmer, in der Ecke ein Cheminée, darin liegt ein verkohltes Stück Holz. Manuel Ebner, dunkelblau gekleidet, goldene Manschettenknöpfe, sportliche Uhr, spricht leise, schnell, freundlich. «Ich habe den Onkel immer bewundert», sagt er und erinnert sich, dass damals, als der seine Bank gründete, er selber gerade sein Studium abgeschlossen hatte. Aber übers Geschäft oder gar über seine Karriere habe man sich nie abgesprochen. «Dass es nun so gut zueinander passt, ist eher ein Zufall.»

Manuel Ebner kommt aus der Fremde. Aufgewachsen ist er in Peru, wohin sein Vater Martins Bruder ausgewandert war, um sich dort im Getreidehandel zu betätigen. Später siedelte die Familie nach Mexico City über, wo Manuel zusammen mit seinen beiden Brüdern die Schweizer Schule besuchte. Er spielte Handball in der mexikanischen Nationalmannschaft, studierte in den USA Engineering und Economics und wurde US-Staatsbürger, damit er sich mit der amerikanischen Flugzeugindustrie auseinander setzen durfte.

So nennt Manuel Ebner heute drei Sprachen seine Muttersprache, nämlich Deutsch, Spanisch und Englisch. Er besitzt drei Pässe, den Schweizer, weil sein Vater Schweizer ist, den peruanischen, weil er dort geboren ist, und den amerikanischen, weil er in den USA studiert und gearbeitet hat. Manuel Ebner ist Weltbürger, kaum Wurzeln, überall zu Hause. Den peruanischen Pass hat er mittlerweile abgegeben: «Wenn einer gut angezogen mit dem peruanischen Pass am Zoll erscheint, fasst man ihn besonders scharf ins Auge.»

Engagements in der DDR

Gross, schlank sieht man ihn durch den Zoll gehen, wie er nach seinem Studium und seinem MBA in Stanford zuerst nach Australien, später, 1990, nach Europa reist, in die Heimat seiner Väter. Hier heuert er bei Boston Consulting in München an und richtet seinen Fokus auf die Bankbranche. Warum Banken? «That's where the money is», sagt er und erinnert damit an die beiden Bankräuber Butch Cassidy und Sundance Kid, die das gesagt haben sollen, als man sie fragte, warum sie Banken ausraubten.

Haus gebaut, Baum gepflanzt, Kind gezeugt

Also will Ebner hier in Europa an die «grosse Kohle» kommen? Ebner lacht. «In den 90er-Jahren passierten in Europa die grossen Umwälzungen, die EU begann sich zu öffnen, die Berliner Mauer fiel, es entstanden interessante Möglichkeiten. Meine ersten Engagements spielten sich noch in der damaligen DDR ab. Und ich dachte, es sei gut, wenn Europa und die Schweiz in meinem CV repräsentiert wären. Und: Für meine Töchter ist es ein guter Platz zum Aufwachsen.»

Später wechselte Ebner zur Boston Consulting Group in Zürich, wurde Partner, später bei McKinsey, beriet weiterhin Banken bei deren Vertriebssystemen oder ihren Risikomanagements. Dann liess er sich hier nieder, baute sich ein Haus in Herrliberg, pflanzte Bäume, und seine Frau engagierte sich im Dorf und gründete ein Familienzentrum. Also hat die Familie Wurzeln geschlagen? «Ja», sagt Ebner. Und nun will er Onkels Bank übernehmen. Was bedeutet ihm Geld?

«Geld», sagt Manuel Ebner, «ist Mittel zum Zweck. Ein angenehmes Leben führen, sich ein paar Freiheiten nehmen, Skiferien, Golf spielen, keine Sorgen haben, obs Ende Monat noch reicht, wie damals, als ich noch studierte.» Ist Geld nicht das grosse Stimulans, der Wunsch, es im Leben zu etwas zu bringen? «Money isn't everything», wehrt er ab, «but try to buy something without it. Im Ernst, ich leiste mir ein paar Toys, ein altes Cabriolet, eine Ducati-Rennmaschine, ansonsten lebe ich bescheiden. Ich bin hier nicht angetreten, um mir ein grosses Vermögen aufzubauen.» Kein Vermögen, keine Macht? «Ach Macht», lacht er, «steht nicht im Vordergrund. Ich bin lange Berater gewesen. Und nun werde ich CEO eines kleinen Familienunternehmens.»

Sein Wunsch nach einem Wechsel vom Berater zur operativ tätigen Verantwortung hat ihn bewogen, von McKinsey aus die Fühler auszustrecken. Sein Hintergrund: Privatbanken Wealth Management und Asset Management. Verschiedene Projekte für Privatbanken hat er im In- und Ausland betreut, Vertriebsstrategie im Wealth Management, Produktstrategie und Kundensegmentierung im Private Banking. Sein Ziel: Operativ tätig sein. Er führte Gespräche mit verschiedenen Bankinstituten. Dann, bei einem Familientreffen, erzählte er seinem Onkel davon. «Warum machst du das nicht für uns?» hat der gefragt, und bei näherem Hinsehen haben die beiden erkannt, dass das alles wunderbar zusammenpasst: Manuels Hintergrund und Ziel sowie des Onkels Wunsch, sich aus der vordersten Front zurückzuziehen und die Verantwortung einem Jüngeren zu übergeben, der mit neuen Ideen und neuer Kraft ans Ruder will.

Nun ist also Manuel Ebner Bankdirektor. Was seine Töchter dazu sagen? «Naja, sie fragen, ob ich trotzdem weiterhin mit ihnen ins Konzert komme, ins Punk-, Rock-, Latin- oder Jazzkonzert, und meine Frau fragt, ob ich sonntags weiterhin mit ihr Salsa tanzen komme, mit offenem Hemd und einem türkisfarbenen Halskettchen, oder ob sich das für einen Bankdirektor nicht gehöre.» Und was antworten Sie? «Ich denke, man muss die Vorurteile gegen Bankdirektoren hier zu Lande ein wenig abbauen.»

«Der beste Chef istdas Vorbild»

So bekommen die BZ-Banker einen neuen Direktor, der die Süsse des Zuckerrohrs als Kind geschmeckt und die Musik der Karibik schon seit Jugendtagen kennt. Einer, der mit seiner «Ducati» gern einmal ein paar Pässe fährt. Wie wird er seine Banker führen? Mit der Autorität des Neffen oder dem Machismo des Mexikaners? Und wieder lächelt er, amüsiert und freundlich. «Der beste Chef ist das Vorbild», sagt er. «Ich komme aus der Beratung, wo nur die Vorbilder überleben und zum Partner gewählt werden. Onkel Martin ist in diesem Hause auch ein Vorbild, er hat die Schweizer Finanzlandschaft revolutioniert und geprägt. Viele Finanzbetriebe sind durch ihn effizienter geworden und heute erfolgreich auf dem Weltmarkt. Versicherungen und Banken stehen heute anders da als vor 20 Jahren, und da hat Martin Ebner viel dazu beigetragen. Wir werden das weiter so halten. Wir werden eine kleine Bank sein mit grosser Wirkung.»

Wir bedanken uns für das Gespräch und treten den Rückweg an, vorbei an leeren Wänden und nüchternen Hallen. «Das nächste Mal», sagt Manuel Ebner, «werden Sie hier ein wenig Kunst hängen sehen. Lateinamerikanische Kunst.»



Steckbrief: 37 Prozent Eigenkapitalrendite

Name: Manuel Ebner

Funktion: CEO BZ Bank AG

Geboren: 4.3.1963

Wohnort: Herrliberg ZH

Familie: Verheiratet, drei Töchter (13, 15, 17)

Karriere

- 1991 Partner Boston Consulting, Zürich

- 1999 CEO Artificial Life Schweiz

- 2000 CEO Obtree, Basel: CEO, Content Management Software

- 2001 Principal, McKinsey, Zürich

- 2006 CEO BZ Bank, Wilen bei Wollerau SZFirma



BZ Bank wurde im Mai 1985 gegründet. Sie ist eine unabhängige Schweizer Privatbank, deren Aktienkapital von Mitarbeitern und nahestehenden Personen kontrolliert wird. Sie beschäftigt rund 20 Personen und verwaltet etwa 3,5 Mrd Fr. Depotgelder, hat ein Eigenkapital von 58,2 Mio Fr. und eine entsprechende Rendite von 37%. Ihre Dienstleistungen umfassen unter anderem den Handel in Beteiligungspapieren, die Beratung im Bereich Aktienanlagen und Beteiligungsnahmen, die Emission von Stillhalteroptionen. Sie ist Mitglied der SWX Swiss Exchange und der virt-x.