Jetzt ist es wissenschaftlich erwiesen: «Marken vernebeln das Gehirn», brachte es das Magazin «Spiegel» leicht überspitzt auf den Punkt. Oder etwas sachlicher dargestellt: Emotionale Marken aktivieren beim Kunden bestimmte Gehirnregionen, darunter das Belohnungszentrum, und sorgen so für Glücksgefühle. Das zeigte eine Untersuchung der Hochschule St.  Gallen letzten Herbst. Daher greift der Käufer lieber zur teuren Markenkleidung als zum billigen No-Name-Verschnitt, gönnt sich lieber einen edlen Nobelticker als eine technisch ebenbürtige Anonym-Uhr.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Aus für ABB & Co. Welche Schweizer Brands aber erzeugen beim Kunden den grössten Rausch? Welches sind die besten, sprich wertvollsten Marken? Dies beantwortet das Markenberatungsunternehmen Interbrand, mit 36 Büros in 25 Ländern weltweit vertreten. Spezialisiert auf die Kreation, das Management und die Bewertung von Marken, erhebt die Agentur jährlich die 100 wertvollsten globalen Marken – seit 2005 exklusiv für BILANZ auch die wertvollsten Marken der Schweiz.

Auch heuer wieder. Wobei es gegenüber den Vorjahren eine wichtige Änderung in der Erhebungssystematik gab: Reine Business-to-Business-Marken wurden nicht mehr berücksichtigt. Firmen wie ABB, Swiss Re oder Ciba, die kein oder kaum ein Endkundengeschäft haben und den Verbraucher mit dem Branding auch nicht direkt ansprechen, finden sich daher nicht mehr im Ranking. «So stellen wir die Vergleichbarkeit mit den anderen weltweiten Marken-Rankings von Interbrand her», begründet Nik Stucky die neuen Bewertungskriterien. Er ist als Global Practice Leader Brand Valuation verantwortlich für alle Marken-Rankings bei Interbrand.

Auch die Pharmagiganten Novartis und Roche fehlen im Ranking 2009. Grund: Die Pharmaindustrie setzt – anders als andere Industrien – in der Markenstrategie auf die Produkt- und nicht auf die Unternehmensmarke: Voltaren ist beim Kunden bekannter als die Tatsache, dass es von Novartis kommt. «Pharma-Unternehmensmarken sind zu wenig präsent in der breiten Öffentlichkeit, um ins Ranking aufgenommen zu werden», erklärt Stefan Rüssli, Brand Valuation Director Central and Eastern Europe bei Interbrand. «Hinzu kommen die unterschiedlichen regulatorischen Bedingungen für die Kommunikation: Sie machen einen fairen Vergleich zwischen national und international tätigen Pharmaunternehmen ebenso unmöglich wie zwischen den Herstellern von OTC-Arzneimitteln und verschreibungspflichtigen Medikamenten.» Der Lifthersteller Schindler wird hingegen weiterhin klassiert. Denn er brandet die Produkte konsequent; die Marke hinterlässt daher in der breiten Masse einen nachhaltigen Eindruck. Ein Blick auf das weltweite Marken-Ranking (siehe Tabelle auf Seite 50) zeigt übrigens zahlreiche B2B-Marken. International ist es für die meisten Hersteller also durchaus üblich, direkt mit den Endkunden zu kommunizieren. Das gilt für IBM und General Electric ebenso wie einst für Intel mit ihrer legendären «Intel Inside»-Kampagne.

Verlierer UBS. Um im Ranking aufgeführt zu werden, muss der Markenwert mindestens 100 Millionen Franken betragen. Darunter liegen Strellson, Denner, Kambly und Parisienne; sie sind nun nicht mehr dabei. Die Winterthur-Versicherung wird nicht mehr geführt, weil die Marke in der französischen Axa aufgegangen ist.

In weiten Teilen sieht das Ranking 2009 anders aus als das letzte von 2007. Zwar ist der erste Platz unverändert: Nescafé bleibt die wertvollste Schweizer Marke und konnte ihren Wert sogar weiter steigern. Doch dann geht es los: Der mit Abstand grösste Verlierer ist die UBS. Gar von einem «historischen Fall» spricht Stucky angesichts der Tatsache, dass die Bank 4,9 Milliarden oder fast 40 Prozent ihres Markenwerts verloren hat. Keine andere Bank in Kontinentaleuropa hat derart unter der Finanzkrise gelitten und derart an Kundenvertrauen eingebüsst. Dass sie Platz zwei dennoch halten konnte, liegt daran, dass Novartis und Roche nicht mehr im Ranking geführt werden. «Sie hätten sonst die UBS nach hinten durchgereicht», sagt Rüssli.

Ordentlich zugelegt hat dagegen die CS. Das überrascht nur auf den ersten Blick. Denn beim letzten Marken-Ranking hatte die CS eben erst mit ihrer One-Bank-Strategie begonnen; die Untermarken First Boston und CS Asset Management waren gerade am Verschwinden. Heute ist die Bank komplett integriert unter der Dachmarke Credit Suisse, die dadurch deutlich mehr Business verantwortet als noch 2007. Entsprechend höher ist ihr Markenwert, trotz Milliardenabschreibern im Investment Banking und damit einhergehendem Vertrauensverlust. Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass mit Ausnahme der UBS alle Banken an Markenwert zulegen konnten. Und das nicht nur, weil sie nach dem UBS-Debakel vom Neukundengeldzustrom profitieren konnten. Hauptgrund ist vielmehr eine Verbesserung der Erhebungssystematik. «Im Banking ist ein grösserer Teil der Erträge als bisher angenommen markenabhängig», sagt Stucky. «Das gilt besonders für das Handelsgeschäft.» Besonders starke Auswirkungen zeigen sich bei Vontobel und Raiffeisen.

EINMAL MEHR ZEIGT SICH, DASS STARKE MARKEN BESSER
DURCH KRISEN KOMMEN ALS SCHWACHE.

Zweiter grosser Gewinner sind die Uhrenfirmen. Heute liegen mehr und genauere Analystenschätzungen zu den markenabhängigen Erträgen vor als 2007 – so etwa bei Patek Philippe, IWC oder Breitling. Diese zeigen, dass im Luxussegment die Markenkraft noch wichtiger ist als bisher angenommen – einer der Gründe, warum Chopard neu in die Liste aufgenommen wurde. Das mittlere Segment hingegen (Tissot, Rado) zeigt sich kaum verändert, hier stagnieren die Werte.

Krisenresistent. Unter dem Strich verzeichnen viele Marken ein Wachstum ihres Wertes. «Von Krise ist wenig zu spüren», fasst Stucky zusammen. Und dies, obwohl die Zahlen bis zum Jahresende 2008 erfasst wurden, sich die Auswirkungen der Rezession also bereits in den Ergebnissen und Vorhersagen der untersuchten Firmen niederschlugen. Doch einmal mehr zeigt sich, dass starke Marken besser durch eine Krise kommen als schwache.

Das Gehirn lässt sich einfach gerne vernebeln. In schwierigen Zeiten erst recht.