Rivella, what is that?» wird sich in den vergangenen Monaten so mancher Amerikaner gefragt haben, der eine Filiale der Supermarktkette Publix in Florida betreten hat. Für viele US-Konsumenten blieb das Rätsel ungelöst. Zu viele für Rivella. Der Testlauf des Rothrister Getränkeherstellers im Coca-Cola-Land erfüllte nicht einmal die Mindesterwartungen und wird Ende Jahr abgebrochen. Rivella will künftig vor allem im grenznahen Ausland investieren. In Süddeutschland, Frankreich und Luxemburg kann das Getränk auf eine Fangemeinde zählen.
Mit den Tücken und speziellen Bedingungen in Auslandmärkten haben auch andere Schweizer Lebensmittelmarken Bekanntschaft gemacht und sich unterschiedlich erfolgreich behauptet:
- Von den in Thayngen SH pro Jahr hergestellten 3000 t der Streuwürze Aromat wird heute immerhin die Hälfte exportiert. Hauptmärkte sind Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und die Benelux-Länder. Kleinere Volumen gehen in die USA und nach Kanada. Auch an «exotischeren» Orten wie den Kanarischen Inseln oder Südafrika können sich Insider mit Aromat eindecken. Dennoch ist des Schweizers liebste Streuwürze im Ausland ein Nischenprodukt geblieben. Wertung: Im Ausland präsent, aber bedeutungslos.
- Das hier zu Lande bestens bekannte Ragusa-Gesicht ist jenseits der Grenzen bislang kaum auf Echo gestossen. Der Schweizer Schoko-Riegel mit Haselnüssen wurde schon vor Jahrzehnten im europäischen Ausland positioniert, ist bis heute aber nur an Kiosken in Dänemark und Schweden zu kaufen. In Deutschland, Frankreich und Österreich gibt es Ragusa im Fachhandel und in Lebensmittelgeschäften. «Die Auslandexpansion ist sehr teuer und deshalb schwierig», sagt Volker Kremser, Exportleiter des Schweizer Herstellers Chocolat Camille Bloch, zu der Ragusa gehört. Zum Exportanteil von 25% der ganzen Gruppe trägt Ragusa immerhin knapp ein Drittel bei. Wertung: Priorität auf dem Schweizer Markt.
- Deutlich erfolgreicher im Ausland ist die Ovomaltine oder Ovaltine, wie das Schweizer Aufputschgetränk in England genannt wird. Die «Ovo» hat ihren Siegeszug bereits in 100 Ländern vollzogen und wächst zurzeit in Asien im zweistelligen Prozentbereich. Thailand, wo die Ovomaltine einen Marktanteil von 70% hält, die Philippinen, Frankreich und Grossbritannien sind neben der Schweiz die wichtigsten Absatz-Märkte. 85% aller Konsumenten trinken ihre Ovo im Ausland. Und es dürften noch mehr werden. Gemäss Sprecher Florian Maag soll in China und Vietnam weiter ausgebaut werden. Wertung: Im In- und Ausland top.
- Ein Export-Knüller ist auch die Toblerone, die mit ihrer Form, für welche das Matterhorn Pate gestanden haben soll, die Schweizer Clichés Berge und Schokolade Gewinn bringend kombiniert. Neun von zehn in Bern hergestellten Toblerone-Produkte überqueren vor dem Verzehr die Landesgrenzen. In 120 Ländern wird die Toblerone verkauft und von Konsumenten weltweit als das Symbol für Schweizer Schokolade wahrgenommen. Wertung: Ausländer lieben das Schokolade-Matterhorn.
- Zum absoluten Liebkind der ausländischen Konsumenten hat sich in den vergangenen Jahren Ricola entwickelt. Sogar in den USA und Asien erhält man auf die Frage «Wer hats erfunden?» heute nicht selten ein euphorisches «Riiiicola» zur Antwort. Die bahnbrechende Werbekampagne des Schweizer Kräuterbonbon-Herstellers ist um die Welt gegangen und hat die Exportquote des letztjährigen Umsatzes von 244 Mio Fr. auf 85% gesteigert. In Frankreich, Deutschland, Hongkong oder Singapur ist Ricola Marktleader mit Anteilen zwischen 15 und 26%. Weitere Expansionsschritte plant Ricola vor allem in Asien. Wertung: Weltruhm für die Schweiz im Lutschformat.
Im Gegensatz zu Ovomaltine und Toblerone, die von den Weltkonzernen Associated Britisch Foods (ABF) bzw. Kraft geschluckt wurden, hat Ricola den Weltmarkt als eigenständiges Familienunternehmen erobert. Dies wird von Marketing-Experten wie Professor Rolf Zimmermann besonders hoch eingeschätzt. Ansonsten sieht der ehemalige Präsident von Swiss Marketing eher schwarz für Schweizer Marken. In seinem Buch «New Business Style» ruft er die Unternehmen zu mehr Fantasie in der Bewerbung ihrer Marken auf. Zu ihnen gehört Rivella nicht. Trotz der verlorenen Schlacht in den USA bleibt das Getränk im Inland unumstritten. Das bestätigt auch die jüngste Markenstudie «Brand Asset Valuator» von Advico Young & Rubicam. Auf der Rangliste der stärksten Marken in der Schweiz behauptet sich Rivella problemlos in den Top 20.