Die Schweizer Baubranche ist wieder im Aufwind. Dies belegen die aktuellen Zahlen des Bundesamts für Statistik. Es hat 2004 einen markanten Anstieg der Bauinvestitionen sowie der öffentlichen Unterhaltsarbeiten um 5,6% auf 47,1 Mrd Fr. registriert. Grund zum Optimismus haben vor allem die Architekten, denn insbesondere der Hochbau, und in diesem Sektor der private Wohnungsbau, scheint wieder zu florieren. Nicht weniger als 29,6 Mrd Fr. haben die privaten Auftraggeber 2004 ausgegeben, 7,5% mehr als 2003.
Tatsächlich sind die Auftragsbücher vieler Büros so voll wie selten in den vergangenen Jahren. Doch bleibt auch bei steigenden Investitionen der Markt umkämpft, und für die rund 79000 Erwerbstätigen in der Planungsbranche dürfte der Konkurrenzkampf eher härter werden.
Zu schaffen mache den Planungsbüros insbesondere der Preisdruck, liest man im neuen Handbuch für Architekten und Ingenieure «Bauen in der Schweiz». Die Branchenvertreter machen in erster Linie das Vergabesystem der öffentlichen Hand dafür verantwortlich. Für den Auftragszuschlag sei heute hauptsächlich der Preis massgebend, da die übrigen Entscheidungskriterien wie Termin, Ästhetik, Wirtschaftlichkeit, Betriebskosten oder Umweltverträglichkeit nur schwer durch Nichtexperten einschätzbar seien, so die Autoren von «Bauen in der Schweiz».
Aufgrund dieses Befundes müsste man annehmen, Architekten und Ingenieure starteten demnächst eine Kommunikationsoffensive, um genau diese Kriterien, die letztlich für die Qualität eines Baus mitentscheidend sind, ihren Kunden zu erklären. Doch Fehlanzeige: Er spüre in Sachen Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit eine gewisse Zurückhaltung vor allem unter den Architekten , erklärt ebenso zurückhaltend Kurt Rietmann vom Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein SIA. Rietmann, der unter anderem für die Mitgliedschaften zuständig ist, führt dies auf Berührungsängste gegenüber allem zurück, dem der Geruch der Werbung anhaftet. «Architekten haben die Haltung, dass ihre Leistung für sich zu sprechen habe», erklärt Rietmann die zweifellos hehre Einstellung der Zunft.
Doppeltes Missverständnis
Allein, der Zurückhaltung liegt mitunter ein doppeltes Missverständnis zu Grunde. Zum einen halte sich in der Branche hartnäckig das Gerücht, es gäbe so etwas wie ein Werbeverbot, das einst vom SIA erlassen worden sei. Ein solches Verbot sei schlichtweg inexistent, macht Rietmann klar. Zum andern scheint den Experten fürs Bauen der Unterschied zwischen Kommunikation und Werbung nicht immer geläufig zu sein.
Seine Leistungen so darzustellen, dass auch ein Laie sie versteht, ist genauso wenig Werbung wie eine verständliche Gebrauchsanweisung. Für die Stars der Architektenszene ist dies längst klar und man darf zumindest erwägen, dass es mit ein Grund ist, dass sie überhaupt zu Stars geworden sind: Verständliche Kommunikation ist unerlässliches Mittel zum Zweck. «Ein Norman Foster führt nicht nur technische Details aus, wenn er über seine Bauten spricht, sondern erzählt Geschichten über die Bedürfnisse, die Bauten zu erfüllen haben», verdeutlicht einer, der sich auf die Kommunikationsprobleme von Architekten und Ingenieuren spezialisiert hat und zu den wenigen in der Schweiz gehört, die speziell Kommunikationslösungen für Planer anbieten: Rolf Traxler.
Die Büros der Grossen wie Herzog und de Meuron beschäftigen längst eigene Kommunikationsprofis. Doch manche Büros in der Schweiz, die in den letzten Jahren gewachsen sind, haben es versäumt, ihre Selbstdarstellung so aufzuarbeiten, dass ein klares Profil sichtbar wird. Ein solches, so urteilt Traxler, sei indes in Zukunft entscheidend für die richtige Positionierung auf dem Markt und letztlich für das Überleben eines Planungsunternehmens.
Neben den erwähnten Berührungsängsten verhinderte vor allem in Zeiten der eher mageren Aufträge auch Angst vor hohen Kosten den Schritt zur professionellen Kommunikation. Die Folge war, dass bei jeder Bewerbung und Neuakquisition die Präsentationsunterlagen neu zusammengestellt werden mussten. Dabei änderte sich das äussere Erscheinungsbild jedes Mal. Zudem erhöhte der wiederholte Aufwand langfristig auch die internen Kosten. Es stellte sich indirekt also genau das ein, was man vermeiden wollte.
Der unternehmerische Hintergrund fehlt
Handlungsbedarf, so glaubt nicht nur Traxler, sondern auch der SIA, besteht aber nicht allein bei grösseren Büros. Noch immer gehört Architektur zu den beliebten Studienfächern. Doch an keiner Schule wird den Bauprofis vermittelt, wie sie sich als Unternehmer zu verhalten haben. Marketing und Kommunikationsstrategien haben neben Statik und Materialkunde keinen Platz. «Doch die Auftraggeber wollen und müssen sich heute kaum mehr mit den technischen und architektonischen Belangen auseinander setzen, vielmehr interessiert sie, welche Dienstleistung sie von einem Architekten erhalten und wie dieser fähig ist, auf den Auftraggeber einzugehen», so Traxler.
Nach wie vor ist auch der Wettbewerb gerade für Newcomer eine Alternative zur Anstellung in einem grossen Büro. Gerade in diesem Umfeld habe es sich aber gezeigt, dass eine verständliche Darstellung des Projekts überzeugender sein könne als detaillierte Pläne und technische Erläuterungen, so Charles von Büren, Kommunikationsbeauftragter des SIA. Kommunikation hat in dieser Hinsicht mit Werbung nichts, mit einer für das Bestehen am Markt notwendigen Selbsterkenntnis aber sehr viel zu tun.