Das ging Knall auf Fall. Waldemar Nuvall musste den Hut nehmen, weil ihm sexuelle Belästigungen zur Last gelegt worden sind. Andreas Hacker, verantwortlich für McDonald's in Zentraleuropa, holte umgehend den 45-jährigen Martin Knoll, der bei verschiedenen Konzernen und zuletzt bei McDonald's als CEOfür Österreich und Marketing-Vizedirektor für Zentraleuropa Karriere gemacht hatte, als CEO für die Schweiz. «Es ging alles sehr rasch», bestätigt Knoll. Am 5. Mai wurde er von Hacker gefragt, ob er den Posten des Mister McDonald's Schweiz übernehmen wolle. «Am 6. Mai war ich bereits in der Schweiz. Viel Bedenkzeit blieb da nicht.»

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Seine Wurzeln hat die berufliche Entwicklung von Knoll zwar im Marketing, bei McDonald's hat er sich aber als entscheidungsfreudige Führungskraft hervorgetan. Seine ersten Sporen hat er nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Wien bei Nielsen abverdient. Dieses Institut gilt als Hochburg der Forschung, wenn es um die Pulsnahme im Detailhandel geht. Bis zu seiner Berufung nach Crissier war Knoll verantwortlich fürs gesamte McDonald's-Marketing in Zentraleuropa und -asien. Unterstellt waren ihm 1000 Restaurants in 18 Ländern, die einen Umsatz von mehr als 1 Mrd Dollar machen. Wobei Knoll vor allem dafür sorgen musste, dass der Hamburger in Italien, Slowenien, Kroatien, Polen, Ungarn und Tschechien zu einem Hit wurde.

Der Wechsel in die Schweiz bedingte grosse Flexibilität, aber auch ein gutes Einvernehmen mit der Ehefrau. Sie hat sich eine eigenständige Position in Mödling bei Wien hier lebten die Knolls seit 1986 aufgebaut und ist bereit, diese aufzugeben. Michaela Knoll hat sich als Innendesignerin profiliert und berät Kunden bei Einrichtungen. «Sie bietet ihren Kunden Gesamtlösungen nach dem Generalunternehmer-Prinzip an», erklärt Knoll, «bei ihr finden sie Muster von Vorhängen, Polsterbezügen und Teppichen.» Die Tatsache, dass Michaela Knoll bereit ist, ins Welschland zu ziehen, obwohl sie sich in der Wiener Schickeria einen guten Ruf geschaffen hat, zeigt, dass die Knolls ein harmonisches Gespann sind.

Die Affäre Nuvall abgehakt

Das Gespräch mit dem neuen Chef von McDonald's Schweiz ist erfrischend. Er wirkt trotz Zeitnot nicht verkrampft und bleibt gelassen, wenn er auf die Anwürfe gegen seinen Vorgänger angesprochen wird. «Sehen Sie, das ist für mich passé, damit habe ich nun wirklich nichts zu tun. Und das Reden darüber bringt uns auch nicht weiter weder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch mich», sagt er. Als Waldemar Nuvall die ihm zur Last geworfenen sexuellen Belästigungen beging, war er weit weg von Crissier und sieht deshalb keinen Grund, sich irgendeine Verantwortung aufzuladen.

Dennoch: Er muss sich mit den Folgen der Affäre befassen. Wie geht Knoll damit um? «Ich weiss, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter froh darüber sind, dass wir dieses Wegstück von McDonald's so rasch wie möglich hinter uns bringen. Es gibt nur eines: Wir müssen vorwärts schauen. Unsere Marke ist gut positioniert.» Knoll räumt ein, dass nach den Vorkommnissen rund um seinen Vorgänger ein Einbruch im Konsumverhalten festgestellt wurde. Er meint jedoch, ein Zusammenhang könne so einfach nicht hergestellt werden. «Ich habe für das Jahr 2003 ein Nullwachstum vorausgesagt, und das ist für ein Gastronomieunternehmen im aktuellen negativen Wirtschaftsklima durchaus eine Erfolgsmeldung. Im Frühling war McDonald's konfrontiert mit den Folgen des Irak-Kriegs, einer spürbaren Anti-Amerika-Haltung, einer negativen Konsumneigung und einer generell rezessiven Wirtschaft. Was genau die Ursache für den Rückgang war, wird man wohl nie genau wissen.»

Zu seinem Werdegang sagt Knoll, dass er ursprünglich Chirurg werden wollte. «Aber eine Überschlagsrechnung ergab, dass es schwierig sein würde, dieses Studium zu finanzieren, denn ich musste für mich selber aufkommen.» Daher hat er sich für die Ökonomie entschieden und diesen Schritt nie bereut. «Gleich bei meiner ersten Stelle als Marketing-Berater bei Nielsen war ich zuständig für Firmen wie Knorr, Henkel, Schlumberger, Gösser, Johnson & Johnson oder Martini & Rossi. Mich faszinierte an dieser Aufgabe, dass ich es mit so vielen verschiedenen Charakteren und Firmenkulturen zu tun hatte und dass ich sofort lernen konnte, ein Unternehmen als Aussenstehender zu betrachten.»

Bei seiner nächsten Station, der international tätigen Werbeagentur Ogilvy & Mather, war Knoll als Account Director unter anderem zuständig für Ford, General Foods, Unilever und Shell.Wenn der heutige McDonald's-Chef für die Schweiz über den neuen Werbeauftritt seines Unternehmens spricht, spürt man, wie sehr sein Herz für das Marketing schlägt: Er nimmt sofort seinen Füllfederhalter hervor und zeichnet auf, wie der neue Slogan beschaffen ist. «I'am lovin' it», schreibt Knoll mit grossen, klaren Lettern aufs Papier. Die neue McDonald's-Werbung sei noch «lifestyliger», sagt er und seine Idee von Lifestyle ist in diesem Zusammenhang, dass McDonald's in der Schweiz zum beliebtesten Restaurant werden soll. «Zusammen mit unseren Franchisenehmern und motivierten Mitarbeitenden werden wir die Marke erneuern, jünger und authentischer machen.»

Dafür, so Knoll, brauche es im Wesentlichen vier Dinge: Exzellente Produkte, legendären Service, zeitgemässes Restaurantdesign sowie Fun und Entertainment. Hat er sich je überlegt, das Logo zu eliminieren? «Um Gottes willen nein», sagt Knoll. Was war denn am bisherigen Werbeauftritt falsch? «Nix, aber wir haben eine Devise. Sie lautet: Never be satisfied. Daran habe auch ich mich immer gehalten.»

Tour durch die Restaurants

Nun lebt er also im Waadtland, vorerst noch alleine, weil der Nachzug seiner Familie etwas Zeit braucht. Eine entsprechende Bleibe hat Knoll zwar gefunden. Deren Einrichtung wird aber wohl zum ersten Schweizer Auftrag für seine Frau. Bei der Suche nach einer Schule, an der die beiden Kinder, Lukas und Clara, zweisprachig erzogen werden, ist er noch nicht fündig geworden. Viel Zeit, um sich diesbezüglich umzusehen, hatte er allerdings noch nicht. Er will sich seriös in seine neue Aufgabe einarbeiten und besucht jede Woche ein paar McDonald's-Restaurants.

In der Schweiz gibt es deren 140 mit insgesamt über 7000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Zusammen mit den Franchisenehmern, welche eines oder mehrere Restaurants für McDonald's führen, ist Knoll verantwortlich für einen Umsatz von rund einer halben Mrd Fr. 2002 waren es genau 525 Mio Fr. Dass ihn noch nicht alle kennen, sieht er nicht als Nachteil an. «Ich komme quasi inkognito und tue das, was ich immer getan habe: Ich beurteile ein Restaurant von McDonald's nicht als CEO, sondern als Gast. Das ist mir ein ganz zentrales Anliegen.»

Drei, vier Burger pro Woche

Könnte er selber Hamburger grillen? «Aber sicher», lacht Knoll. Vor seinem Einstieg als Manager bei McDonald's im Jahr 1993 hatte er vor, sich selbstständig zu machen und Franchisenehmer zu werden. «Da geht man durch eine harte Schule. Ich habe nicht nur das ganze Repertoire der Speisekarte durchexerziert, sondern auch geputzt, Hamburger gegrillt und Gäste bedient. Um diese Erfahrung bin ich heute sehr froh. Diese Zeit hat mich für die Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sensibilisiert», sagt er. Drei- bis viermal pro Woche vertilgt er einen Hamburger, für deren Qualität und Frische er seine Hand ins Feuer legt. Den Begriff «Junk Food» findet er völlig daneben. «Wir würden in jedem Lebensmitteltest Bestnoten bekommen für die Qualität unserer Produkte.»

Steckbrief

Name: Martin Knoll

Funktion: CEO McDonald's Schweiz

Alter: 45

Wohnort: WaadtlandFamilie: Verheiratet, zwei Kinder

Transportmittel: Auto

Karriere

1986 - 1988 Marketing-Consultantbei A.C. Nielsen Austria

1988 - 1989 Account Director bei Ogilvy & Mather Austria

1989 - 1992 Marketing und Product Manager, Masterfoods Austria

Seit 1993 McDonald's Österreich und Zentraleuropa

Firma

McDonald's Schweiz: Der Konzern hat in der Schweiz derzeit rund 140 Restaurants und über 7000 Beschäftigte. Der Umsatz erreichte 2002 525 Mio Fr. Von den Restaurants wird ein grosser Teil von Franchisenehmern geführt, die als selbstständige Unternehmer agieren. Die Rohprodukte stammen zu über 85% aus der Schweiz. Derzeit wird die Marke McDonald's mit einer globalen Kampagne und «Revitalisierungs-Massnahmen» neu positioniert. Weltweit hat der Konzern im vergangenen Jahr knapp 42 Mrd Dollar umgesetzt, er zählt in 119 Ländern 1,5 Mio Beschäftigte.