BILANZ: Leidet AGCO sehr in der Krise?
Martin Richenhagen: Bei uns sieht es besser aus als in anderen Branchen. Wir erwarten bei AGCO einen Umsatzrückgang von 20 Prozent, wobei die Hälfte davon auf Wechselkursveränderungen zurückgeht. Im Volumen verlieren wir also nur zehn Prozent.
Wie sieht es längerfristig aus?
Da bin ich optimistisch. Treiber ist das Wachstum der Weltbevölkerung: Pro Minute kommen 156 Menschen hinzu, im Jahr 82 Millionen. Zweitens wollen die Milliardenvölker Indien und China immer mehr Fleisch essen, also braucht es Futter für die Tiere. Drittens gibt es einen Trend zu biologischen Kraftstoffen. Und der Flächenmangel führt dazu, dass
die Landwirtschaft intensiver und professioneller betrieben werden muss. Das heisst, dass der Grad an Mechanisierung zunimmt.
Ihre Marke Fendt gilt als Mercedes der Traktoren.
Fendt ist unser First Mover. Da bringen wir neue Technik, und wenn die Konkurrenten anfangen, am Markt nachzuziehen, dann übertragen wir diese Neuheiten auf unsere anderen Marken.
Welche Erfahrungen machen Sie auf dem Schweizer Markt?
Der Markt ist interessant, weil der Schweizer Landwirt sehr anspruchsvoll ist. Schweizer, Westeuropäer generell gehen mit den Maschinen besser um als etwa Bauern in Südamerika.
Männer lieben Traktoren …
In Kanada haben wir einen Händler, der wirbt für unsere Schlepper mit dem Spruch: «Big toys for big boys». Bei vielen kommt tatsächlich der Spieltrieb durch. Man sieht das auch bei den sogenannten Lifestyle-Farmern, die es auch in der Schweiz gibt.
Die finden ackern chic?
Das sind Anwälte, Zahnärzte, Journalisten, die haben vielleicht zehn bis zwanzig Hektar Fläche und mähen mit ihrem Fendt die Wiesen. Das kann man auch an Messen gut beobachten: Da klettern jede Menge Leute auf die Traktoren oder fahren eine Runde übers Gelände, die mit Landwirtschaft nichts zu tun haben.
Gibt es prominente Treckerfans?
Klar, Politiker, Künstler und Musiker, aber ich darf keine Namen nennen. Ich kann aber sagen, dass schon Bundeskanzlerin Merkel auf einem unserer Traktoren gesessen hat, Frankreichs Präsident Sarkozy auch. Putin sass auf einem unserer Mähdrescher, und mit der britischen Prinzessin Anne bin ich mal einen Massey-Ferguson-Traktor gefahren.
Sie waren früher Lehrer. Hat Sie der Traktor-Virus gepackt?
Und ob! Ich hab zwei restaurierte Oldtimer, ein Fendt Dieselross von 1952 und einen Linde-Traktor von 1960. Mit denen fahre ich gern am Wochenende rum. Ich habe einen kleinen Hof mit meiner Familie, wir reiten auch, und da gibt es ja immer mal etwas zu mähen oder das Dressur-Viereck zu glätten.