Es sind mehr als 1000 Rezepturen, die im Archiv des Kleb- und Dichtstoffproduzenten Merz+Benteli lagern. Darunter die Formeln für Cementit, Merbenit und Gomastit. Letztere beide Dichtstoffe spraybarer oder elastischer Konsistenz finden Anwendung vor allem auf dem Bau, in der Fahrzeug- und Schiffbauindustrie, im Innen- und Lüftungsbau. Heute machen die Dichtstoffe den Löwenanteil am mit 24 Mio Fr. angegebenen Firmenumsatz aus.

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Bei Otto und Verena Normalverbraucher allerdings ist ein anderes Produkt aus dem Hause Merz+Benteli weit bekannter: Cementit. Der transparente Klebstoff steht in der Geschichte des Unternehmens, das mit Marc Thüler von einem direkten Nachkommen eines der beiden Gründerväter geführt wird, an prominenter Stelle. In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts erfunden, läutete der vollsynthetische Kleber aus dem Bernbiet bei seinem Erzeuger den Aufschwung und in Helvetiens Haushalten eine neue Ära ein. Fortan nämlich wurde zwischen Genf und Chur, Basel und Chiasso nicht mehr flächensudernd ge-kleistert, sondern punktpräzise geklebt.

Der Zufall half mit

Wie so oft bei nützlichen Erfindungen stand auch beim Cementit der Zufall Pate. Als Zulieferer der Schweizer Uhrenindustrie tätig, suchten die beiden Firmengründer Walter Merz und Albert Benteli vor 90 Jahren nach einem neuartigen Klebstoff, der es ihnen ermöglichen sollte, Phosphor in Pulverform dauerhaft auf Zeigern und Zifferblättern zu fixieren, auf dass die Uhren ihren Trägern auch nächtens und in wenig erhellenden Momenten zuverlässig die Zeit anzeigten. «Aus einer Mischung aus Kunstharz und Zellulose entstand so nach und nach der Cementit», verrät Marc Thüler.

Der Zweite Weltkrieg und die damit einhergehenden Krisenjahre in der Uhrenindustrie sorgten dafür, dass das zufällige Nebenprodukt sich bald zu einem wichtigen Standbein des Familienunternehmens mauserte. Denn was Industrie und Manufakturen teuer war, das konnte den Haushalten landauf, landab doch nur recht sein; die miteinander verschwägerten Merz und Benteli lancierten vor diesem gedanklichen Hintergrund alsbald auch den Cementit für den Privatgebrauch. Mit durchschlagendem Erfolg, ermöglichte es der neuartige, weil vollsynthetische und wasserfeste Klebstoff seinen Anwendern doch, manch ein verloren geglaubtes Stück Alltag wieder nutzbar zu machen: seis die zerdepperte Sauciere aus dem Familienporzellan, seis der abgebrochene Absatz des Tanzschuhs, seis auch nur ein Stück weisses Papier.

Ausser gebrochenen Herzen fügte und fügt der Kleber aus der roten Tube so ziemlich alles zusammen, was zusammen gehört. Auch den gelben Deckel mit der silbernen Applizierspitze notabene das weiss, wer seinen Cementit ein paar Wochen unbenutzt in der Büroschublade oder der Werkzeugkiste liegen hatte, nur zu gut. Marc Thüler kennt das Problem, winkt aber ab: «Unser Fehler ist das nicht, vielmehr drücken die meisten Leute viel zu fest auf die Tube, wenn sie etwas flicken wollen, danach drehen sie den Deckel einfach wieder zu, obwohl noch immer Kleber nachfliesst, der dann eintrocknet.» Ein, zwei Tropfen würden meist sowieso ausreichen, um eine dauerhafte Wirkung zu erzielen. Weniger ist auch hier oftmals mehr.

Flexibilität und Kundennähe

Das Unternehmen, das an seinem Sitz in Niederwangen 70 Personen beschäftigt und über 60% seines Umsatzes im Ausland erwirtschaftet, sieht sich als eigentlichen Nischenplayer. Die Konkurrenzsituation auf dem Markt sei, so Marc Thüler, «brutal». Und gegen die internationalen Grossproduzenten vor allem im Bereich der Dichtstoffe anzukommen, ein schwieriges Unterfangen.

Merz+Benteli baut daher ganz bewusst auf die Aspekte Flexibilität und Service. «Wir sind stets im Stande, die Rezepturen unserer Produkte rasch und zuverlässig den Wünschen unserer Abnehmer anzupassen», betont Marketingleiter Paul Riedl, womit auch die beträchtliche Sammlung an Formeln erklärt wäre. Die typischen Strukturen eines KMU und die kurzen Entscheidungswege würden zudem dazu beitragen, dass die Nähe zum Kunden auch effektiv gepflegt werden könne. Permanent wird denn im hausinternen Labor geforscht, entwickelt und getestet; «man muss der Konkurrenz immer einen Schritt voraus sein», bemerkt Firmenchef Marc Thüler dazu, «das gilt sowohl für die Materie als auch für den Bereich der Dienstleistung.»

Schon die Firmengründer hätten es mit ihrer Innovation und der Entwicklung von Cementit und dem darauf aufbauenden Sortiment gezeigt: «Das Glück», ist Marc Thüler überzeugt, «gehört dem Tüchtigen.»



Firmen-Profil

Name: Merz+Benteli AG, Freiburgstrasse 624, 3172 Niederwangen/Bern. 031 980 48 48.

Gründung: 1918 durch Walter Merz und Albert Benteli.

Geschäftsleitung: Marc Thüler, Geschäftsführer und Delegierter des Verwaltungsrates.

Umsatz: 24 Mio Fr.

Beschäftigte: 70.

Produkte: Kleb- und Dichtstoffe wie Cementit, Gomastit, Merbenit.

Internet: www.merz-benteli.ch