Es muss ein Hammer für Meyer-Burger-Chef Franz Richter sein. Heute Morgen hat der grösste Kunde – D. E. Shaw Renewable Investments (Desri) – den Rahmenvertrag mit dem Schweizer Panelhersteller «mit sofortiger Wirkung» gekündigt. Hinter diesen Zeilen offenbart sich ein Nackenschlag für Richter und seine Mannschaft. Desri, ein Solar- und Windparkbetreiber in den USA, ist ein enger Partner. Das Werk in Goodyear, Arizona, wurde eigens gebaut, um die Orders der Amerikaner fristgerecht abzuwickeln. Auch haben diese sich finanziell am Aufbau beteiligt. Eben war man dabei, eine zweite Produktionslinie hochzufahren. Und jetzt der Totalrückzug des grössten Kunden.

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Desri war also so etwas wie die Versicherung, die eine Produktionsauslastung und einen Basisumsatz garantierte. Und das zeitweilig noch zu Preisen, die über den Marktpreisen in den USA lagen. Zudem hat sich Meyer Burger in den letzten Monaten von Deutschland weg und voll auf die USA ausgerichtet und in Arizona und in Colorado zwei Werke vorgesehen. Eines, jenes in Arizona, hat man in einer ersten Phase bereits gebaut, nun ist man dort an der zweiten Linie für Solarmodule dran. Im Endausbau sollte es im Betrieb mit 500 Personen rund um die Uhr rattern. Derweilen ist das zweite Werk in Colorado nie über den Planungsstand hinausgekommen, weil dessen Rentabilität nach steigenden Baukosten in weite Ferne rückte. Im September zog Meyer Burger die Notbremse. Colorado, goodbye.

Vor dem Scherbenhaufen

Nun steht Meyer-Burger-Präsident Richter vor einem Scherbenhaufen. Denn die Rettung der schwer angeschlagenen Tech-Firma wäre nur machbar, wenn alle Beteiligten – Anleihengläubiger, Kunden, Behörden, Grossaktionäre – bei dieser Operation am offenen Herzen mitgemacht hätten. Nun kann nur noch eine Rettungsaktion der Gläubiger und des Grossinvestors helfen, weitere 100 Millionen zu organisieren, die es in den nächsten Monaten dringend braucht. Doch die Investoren werden nach dem Ausstieg des Grosskunden noch weniger Lust verspüren, die Schatulle ein weiteres Mal zu öffnen. Ankeraktionär Pjotr Kondraschew hat über die letzten Jahre immer wieder Millionen in die Firma gesteckt, mit höchst zweifelhaftem Erfolg. Meyer Burger hat in den vergangenen 13 Jahren nichts als Verluste akkumuliert, insgesamt 1,5 Milliarden Franken. Gleichzeitig tendierte der Aktienkurs gegen null. Heute nahm die Firma die Titel zeitweilig von der Börse. Die Lage ist also dramatisch. Die Verlierer sind neben den Mitarbeitenden auch die Aktionäre und Aktionärinnen, darunter viele Kleinanlegende in der Schweiz – ihnen bleibt ein Totalabschreiber. Eine Verliererin ist auch Europa, das es nicht fertigbringt, eine rentable Solarproduktion gegen die chinesische Konkurrenz aufzubauen. Die Solarfirma hat 2021 im Geschäftsbericht diese Losung ausgegeben: «Meyer Burger steht heute für die Renaissance der Solarindustrie in Europa.» Man sei dabei auf gutem Weg.

Heute Mittag schreibt die Firma in einer Ad-hoc-Meldung, man analysiere die neue Lage. Und: «Das Unternehmen geht derzeit davon aus, dass unabhängig von der Gültigkeit einer solchen Kündigung die Bemühungen um eine finanzielle Restrukturierung, die weit fortgeschritten sind, wahrscheinlich beeinträchtigt werden.»