Jetzt ist es definitiv: Michael Kors Holdings – das Dach über den Marken Michael Kors und Jimmy Choo – übernimmt für 2,12 Milliarden Dollar das italienische Luxus-Modehaus Versace. Gleichzeitig nennt sich die Holding-Gesellschaft neu Capri Holdings.
Die Investoren der New Yorker Holding goutieren den Deal nicht: Die Aktien von Michael Kors haben bereits am Montag, als Gerüchte über die Versace-Übernahme die Runde machten, über 8 Prozent nachgegeben. Und auch heute liegen die Werte im Minus.
Überdrehte Mode, überzahlter Deal
Tatsächlich sind Zweifel über den Sinn des Deals angebracht. Erstens, weil Capri sehr viel bezahlt. Die gut 2 Milliarden Dollar entsprechen dem 2,5-fachen des letztjährigen Umsatzes von Versace. Und, was noch schwerer wiegt: Sie entsprechen dem 22-fachen des operativen Gewinns (vor Abschreibungen, Steuern und Zinsen).
Im Klartext: Der Deal ist eine hochriskante Wette. Eine Wette darauf, dass Versace wieder dorthin geführt werden kann, wo es Ende der 1980er-Jahre und Anfang der 1990er-Jahre einmal war: auf dem Gipfel der Begehrlichkeit. Sicher: Der grelle Stil von Gianni Versace und seiner Schwester Donatella, die das Label auch nach der Übernahme kreativ leiten wird, feiert gerade ein Revival. Ob aber tief geschlitzte Glitzer-Kleidchen und auffällig bedruckte Seiden-Hemden die gut betuchten Fashionistas nachhaltig beeindrucken werden, sei einmal dahin gestellt. Luxusmarken, die seit Jahrzehnten erfolgreich sind, pflegen – siehe Chanel, siehe Hermes, siehe Louis Vuitton – einen zurückhaltenderen Stil.
Potenzial für mehr Marge – sofern Versace angesagt bleibt
Andererseits schlummert bei Versace durchaus Potenzial. Unter anderem hat Versace das Thema E-Commerce bislang vernachlässigt. Zudem ist die Marke in vergleichsweise wenige Läden – es sind weltweit bloss 200 – vertreten. Und Versaces Geschäft mit Schuhen und Accessoires ist mit einem Anteil von 35 Prozent am Umsatz ungewöhnlich tief.
Dieses Potenzial will Capri nun heben. Dafür allerdings muss das Unternehmen zunächst investieren. Insbesondere das Geschäft mit Accessoires verspricht dabei mehr Umsatz und vor allem mehr Marge. Denn nicht mit den Laufsteg-Looks machen die grossen Labels Geld, sondern mit Dingen wie Gürteln, Handtaschen und Tüchern.
Wetteifern mit Europa
Nachdem Capri den Nimbus der Hauptmarke Michael Kors durch Omnipräsenz in Warenhäusern und Outlet-Malls beschädigt hat, musste das Unternehmen die Marke preislich deutlich unter dem Luxus-Segment positionieren. Mit Versace soll nun wieder ein Label der oberen (Preis-) Klasse zum Konzern kommen – und Capri ein kleines bisschen näher an die grossen europäischen Luxus-Konglomerate heranführen. Näher zu Kering, näher zu LVMH. Die Amerikaner allerdings haben noch einen weiten Weg vor sich.